Hintergrund: Russlands Kriegsschiffe in Karibik als Antwort auf USA?

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  • Juni 13, 2024
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Die kubanische Regierung bestätigte am Donnerstag, dass eine russische Marineeinheit bestehend aus drei Schiffen und einem Atom-U-Boot zwischen dem 12. und 17. Juni den Hafen von Havanna besucht. Das kubanische Außenministerium berichtete in einer Erklärung, dass der „Besuch den historischen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Kuba und der Russischen Föderation entspricht und strikt im Einklang mit den von Havanna unterzeichneten internationalen Vorschriften steht“. Ein Experte schloss jedoch nicht aus, dass der Besuch auch eine Reaktion auf das mögliche Auftauchen von US-Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen in Europa und Asien und auf das Aufkündigen des INF-Vertrags sein könnte.

Ein Beitrag von Berlin 24/7-Redakteurin Sabiene Jahn

Screenshot Berlin 24/7 – Video/ eigenes Video der „Nordflotte“, Besatzung der Fregatte Admiral Gorschkow/ https://thebarentsobserver.com/en/security/2024/05/now-russian-frigate-aims-guns-against-nato-aircraft 

In der Notiz geht es nicht um Militärübungen, im Gegensatz zu kürzlich veröffentlichten Informationen aus US-Quellen  (https://edition.cnn.com/2024/06/06/americas/cuba-russian-ships-submarine-visit-intl-latam/index.html), die darauf hindeuteten, dass russische Schiffe in die Karibik führen, um an Manövern teilzunehmen, und dass sie in Häfen in Kuba und Venezuela anhalten könnten. „Keines der Schiffe trägt Atomwaffen, daher stellt ihr Zwischenstopp in unserem Land keine Bedrohung für die Region dar“, stellte das kubanische Außenministerium klar und wies auch darauf hin, dass „Besuche von Marineeinheiten aus anderen Ländern eine historische Praxis“ seien zwischen den Nationen, mit denen das Land „freundschaftliche und kooperative Beziehungen“ unterhält.

Die Nachrichtenagentur AP meldet, „dass US-Beamte, die mit Reportern unter der Bedingung der Anonymität sprachen, um Einzelheiten preiszugeben, die nicht öffentlich bekannt gegeben wurden, sagten, die Übung sei „sicherlich“ Teil einer umfassenderen russischen Reaktion auf die US-Unterstützung für die Ukraine, aber auch ein Versuch Putins, zu zeigen, dass seine Marine nach dem Verlust mehrerer Schiffe durch ukrainische Angriffe immer noch zu einer globalen Machtprojektion fähig ist“, da ukrainische Militärbeamte bereits im März meinten, Russland habe in den letzten zwei Kriegsjahren ein Drittel seiner Schwarzmeerflotte durch ukrainische Angriffe verloren.  „Dies ist eine Machtdemonstration Russlands, während die Spannungen wegen der westlichen Militärunterstützung für die Ukraine zunehmen,“ erläuterten die US-Beamten am Mittwoch, so die Nachrichtenagentur AP (https://apnews.com/article/russia-ships-caribbean-ukraine-b43c5b448f5803e2c8c1466e4ad7516d). 

An der Übung, die vom US-Militär offenbar überwacht wird, werden eine „Handvoll“ russischer Schiffe und Hilfsschiffe teilnehmen, sagten die beiden amerikanischen Beamten. Auch wenn es ist nicht das erste Mal sei, dass Russland seine Schiffe in die Karibik schickt, „diese Übung findet jedoch statt, während der russische Präsident Wladimir Putin angedeutet hat, dass Moskau als Reaktion auf die Entscheidung von Präsident Joe Biden, der Ukraine zu gestatten, mit von den USA gelieferten Waffen innerhalb Russlands Angriffe zum Schutz von Charkow, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, durchzuführen, auch anderswo auf der Welt „asymmetrische Schritte“ unternehmen könnte. 

BALTOPS 24 – Große Marine- und Luftübung im Baltikum nahe Russland

Bei den Schiffen der russischen Marineeinheit handelt es sich laut kubanischen und russischen Aussenministerium zufolge um die Fregatte Gorschkow, das Atom-U-Boot Kasan, den Flottenöltanker Paschin und den Rettungsschlepper Nikolai Tschiker. Die russische Fregatte Admiral Gorschkow, das Leitschiff der neuesten Fregattengeneration der russischen Marine, führte im Januar 2023 eine Übung durch, um den Abschuss von Zirkon-Hyperschallraketen im Atlantik mithilfe einer Computersimulation zu trainieren. Im Februar 2023 nahm es an gemeinsamen Übungen mit Südafrika und China teil und im vergangenen März schloss es sich den gemeinsamen Übungen der Marinen Chinas, Irans und Russlands im Golf von Oman an.

Die russischen Seeleute werden dem Kommandanten der kubanischen Marine und dem Gouverneur von Havanna Höflichkeitsbesuche abstatten und historische und kulturelle Stätten besuchen. „Bei der Ankunft im Hafen von Havanna werden von einem der Schiffe 21 Salutschüsse als Zeichen der Begrüßung abgefeuert, die von einer Artilleriebatterie der Revolutionären Streitkräfte aus der Fortaleza de San Carlos de la Cabaña beantwortet werden“, so das kubanische Verteidigungsministerium. Während des Kalten Krieges war Kuba ein wichtiger Verbündeter der UdSSR. Seitdem hat Moskau sich weiterhin gegen verschiedene Arten von Beschränkungen, Embargos und Blockaden ausgesprochen und Havanna auf verschiedenen internationalen Plattformen unterstützt. Von 2013 bis 2020 hatte Kuba jedes Jahr russische Schiffe zu Gast, sodass der bevorstehende Besuch eine gute Tradition wieder aufleben lassen wird. 

Wie AP auch informiert, hätte Russland die USA nicht über die bevorstehende Übung informiert. Dem steht allerdings entgegen, das die von AP erwähnten US-Beamten bestätigten, der Kongress sei am Mittwoch über die bevorstehenden russischen Übungen informiert worden, „was Länder häufig tun, um Fehleinschätzungen zu vermeiden,“ und, „dass Militärs auf der ganzen Welt das Recht haben, in internationalen Gewässern Übungen durchzuführen und dies auch regelmäßig tun,“ so die US-Beamten. Am Freitag beginnen beispielsweise etwa 20 NATO-Länder, darunter die USA, mit BALTOPS 24, eine großen Marine- und Luftübung im Baltikum nahe Russland. Die US-Beamten sagten jedoch auch, sie gehen davon aus, dass die russischen Schiffe den Sommer über in der Region bleiben werden und wahrscheinlich nach Abschluss dieser Übung ähnliche Folgeübungen in der Karibik durchführen werden.

Screenshot Berlin 24/7 – eigenes Video der „Nordflotte“, Fregatte Admiral Gorschkow/ https://thebarentsobserver.com/en/security/2024/05/now-russian-frigate-aims-guns-against-nato-aircraft

Diese Woche hat die Admiral Gorschkow im Atlantischen Ozean Schießübungen mit dem Artilleriesystem AK-192M und dem Flugabwehrraketen-Artilleriesystem Pallasch gegen ein simuliertes Drohnenziel in der Luft durchgeführt. Die Kasan, ein nuklear angetriebenes Mehrzweck-U-Boot der vierten Generation, das im Jahr 2009 auf Kiel gelegt und 2021 an die Marine übergeben wurde, gehört zum Projekt 885M (Code Jassen-M) und ist in der Lage, Einsätze in allen Gebieten des Weltozeans durchzuführen. Die U-Boote des Projekts sind als Bestandteil der Schlagkraft der russischen Marine so konzipiert, dass sie in jeder Entfernung von den Stützpunkten einsetzbar sind.

Die taktischen und technischen Merkmale der Kasan sind geheim, aber das U-Boot ist in erster Linie für die Zerstörung feindlicher Überwasserschiffe, Transportfahrzeuge, U-Boote und Bodenziele ausgelegt. Das U-Boot ist mit Abschussvorrichtungen für die Marschflugkörper Kalibr (Reichweite bis zu 1.500 Kilometer) und Onyx (bis zu 300 Kilometer) ausgestattet. Das U-Boot kann bis zu 30 Torpedos mit einem Kaliber von 533 Millimeter an Bord mitführen. Zur Unterstützung der Admiral Gorschkow und des Atom-U-Boots Kasan wurde auch der mittlere Seetanker Akademik Pashin eingesetzt. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Kriegsschiffe zu eskortieren. Das Tankschiff ist für die Aufnahme, die Lagerung, den Transport und den Umschlag aller Arten von Flüssigladungen ausgelegt, darunter Dieselkraftstoff, Schiffsheizöl, Flugparaffin, Motoröl und Wasser. Außerdem gehört zum Geschwader der russischen Marineschiffe die Nikolai Tschiker, ein Seenotrettungsschlepper des Projekts R-5757 (Foti Krylow-Klasse), der im Jahr 1989 auf der finnischen Rauma-Werft gebaut wurde.

BarentObserver: „Es ist das erste Mal, dass Video veröffentlicht wurde“

In einem Video auf den Informationskanälen der russischen Streitkräfte, zielt die Admiral Gorschkow auf NATO-Patrouillen- und Aufklärungsflugzeuge. Das Video zeige offenbar, wie die P-8 tief über das Schiff fliegt und wie es sich anschließend im Visier der Fregatte befindet. „Das russische Kriegsschiff ist mit einem “ V, ” gekennzeichnet, einem der Symbole, die Moskau im Krieg gegen die Ukraine verwendet hat,“ teilt der Barents-Observer (https://thebarentsobserver.com/en/security/2024/05/now-russian-frigate-aims-guns-against-nato-aircraft) mit. Nach Kenntnis des Barents-Observer ist dies das erste Mal, dass ein Video veröffentlicht wird, in dem Kriegsschiffe der Nordflotte gezeigt werden, wie sie ihre Waffen gegen ausländische Flugzeuge richten. „Im Training würden die Marschflugkörpersysteme Poliment-Redut sowie das Artilleriesystem A192M und der kombinierte Raketenartilleriekomplex Palash eingesetzt.“ „Während der Übung wurden keine tatsächlichen Schüsse abgegeben“, so das Online-Magazin, was ebenso darüber informiert, dass das Schiff „Admiral Gorschkow“ auch das Hyperschall-Zirkon-Raketensystem tragen würde.

Die russische Fregatte machte sich am 17. Mai von Severomorsk auf den Weg zur Kola-Halbinsel. Nach Angaben der „Nordflotte“ (https://vk.com/rednsz?w=wall-101918803_40886) hielt die Admiral Gorschkow Kurs auf den Atlantik. Unterwegs würde es durch “ausgewiesene Gebiete in der Barentssee segeln”, wie der russische VK-Kanal „Nordflotte“ selbst informiert. 

John Kirby: „Keine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit“

Maksim Fjodorow, leitender Assistent des Schiffskommandanten, sagte in einem Kommentar, dass drei feindliche Flugzeuge aus verschiedenen Richtungen und Höhen auf das Schiff zukamen. Das Training verlief erfolgreich und die Waffensysteme funktionierten hervorragend, betont er.

Washington beobachtet die Situation im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Auftauchen russischer Kriegsschiffe in der westlichen Hemisphäre. Wie John Kirby, der Koordinator für strategische Kommunikation des Weißen Hauses für den Nationalen Sicherheitsrat, feststellte, erwartet Washington jedoch „keine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit als Ergebnis dieser Übungen“.  Die Nachrichtenagentur AP hat die Meinung von Militäroffizieren veröffentlicht, die glauben, dass Russland auf diese Weise inmitten der zunehmenden Spannungen über die militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine seine Stärke demonstriert. Nach Ansicht der Analysten des Analyseprojekts Watfor ist der Besuch der Admiral Gorschkow und der Kasan auf Kuba als Reaktion auf das bevorstehende Auftauchen US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Europa und Asien zu werten, das teilweise bereits eingetreten ist, wenn auch auf Rotationsbasis. Dies betrifft in erster Linie die dänische Insel Bornholm und die Philippinen.

In diesem Fall könnte die Entsendung von „Zirkonträgern“ an die Küste eines potenziellen Feindes als Vergeltungsmaßnahme in Betracht gezogen werden. Ein solches Szenario könnte die Vereinigten Staaten jedoch dazu zwingen, mehr Ressourcen in die Entwicklung ihrer Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme zu investieren und die Bedrohung durch Unterwasser-Marschflugkörperträger hochzuspielen. Nichtsdestotrotz könne jeder das Spiel der „nicht nuklearen Abschreckung“ mitspielen, so die Analysten. „Insgesamt ist der Besuch einer Gruppe von Schiffen der russischen Marine in Kuba unter vielen Gesichtspunkten sinnvoll. Kuba liegt in der Nähe unseres potenziellen Gegners, sodass die Position Havannas für uns im Falle einer weiteren Eskalation der Konfrontation mit den Vereinigten Staaten sehr wichtig ist“, erklärte Admiral Wladimir Walujew, ehemaliger Kommandeur der Baltischen Flotte der russischen Marine, gegenüber der Zeitung Wsgljad.

Admiral Walujew: „Expedition haben rein technische Funktionen“

Ihm zufolge dienen solche Besuche in erster Linie dazu, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern zu stärken.  „Russland unterhält seit langem Beziehungen zu Kuba, die aufrechterhalten werden sollten“, betonte Walujew. Die Tatsache, dass Havanna die Abwesenheit von Atomwaffen an Bord der russischen Schiffe betont, unterstreicht den diplomatischen Charakter des bevorstehenden Ereignisses, erklärte der Admiral. Eine solche Ankündigung entspreche den internationalen Regeln für die Ankündigung solcher Besuche, „um die Nachbarn Kubas nicht unnötig zu verunsichern“. Er fügte hinzu: „Das bedeutet, dass es keine Aggression gegenüber den USA geben wird, weder von Kuba noch von Russland. Ich habe einmal Schweden und Finnland besucht, und sie haben auch darauf geachtet, dass sich keine Atomwaffen an Bord der Schiffe befanden.“

Ankündigung zu Aufkündigung des INF-Vertrages im Herbst 2018 durch Donald Trump

Die beiden anderen Schiffe der bevorstehenden Expedition haben rein technische Funktionen. Wie Walujew erläuterte, wird der Tanker es der Fregatte Gorschkow ermöglichen, ihre Treibstoffreserven rechtzeitig wieder aufzufüllen. „Die Anwesenheit des Schleppers ist ein Sicherheitsnetz für alle Fälle“, fügte der Admiral hinzu. 

Ein kurzer Rückblick: 2019 trat die Kündigung des im Dezember 1987 von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow unterzeichneten INF-Vertrages durch die USA und Russland in Kraft: Seit dem 1. August 2019 dürfen die USA und Russland völlig legal landgestützte atomar und konventionell bestückte Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern und deren Abschussvorrichtungen herstellen, erproben und Truppen in einem bestimmten Raum verteilen oder  umziehen. Und zwar in fast unbegrenzter Stückzahl und – vorausgesetzt, die ‚Gastländer‘ sind damit einverstanden – nahezu überall auf diesem Planeten. „Damit „wurde der entscheidende Teil des politischen Erbe Gorbatschows mutwillig an die Wand gefahren“, wie der „Ostexperte“ kommentierte. Der Abzug und die Verschrottung einer gesamten Waffenkategorie von insgesamt 2.692 atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen (846 der USA und 1.846 der Sowjetunion) und ihrer Infrastruktur hatte über drei Jahrzehnte lang einen Atomkrieg in Europa verhindert. 

Diese Entwicklung hatte sich seit Längerem und durchaus nicht im Geheimen angebahnt. Schon vor über sieben Jahren, am 1. September 2017, schrieb beispielsweise die Süddeutsche: „Im Kongress wurden bereits die ersten gesetzgeberischen Schritte eingeleitet, dass die USA 2019 den INF-Vertrag aufkündigen könnten – dann würde drohen, dass die USA neue Raketen bauen und auch in Europa stationieren.“ ( https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-und-russland-riskante-rolle-rueckwaerts-1.3648217 ) Die einzige Fehlprognose bestand nur darin, die Ankündigung der Aufkündigung durch Präsident Donald Trump geschah bereits im Herbst 2018.

Der Analyst Dr. Leo Ensel schrieb in seinem Artikel dazu: Um zu verstehen, wie fahrlässig, um nicht zu sagen, kriminell, dabei vorgegangen wurde, lohnt es sich, den Blick auf ein Detail zu lenken, das in der gesamten Diskussion um die Kündigung des INF-Vertrages nur ein einziges Mal thematisiert wurde und zwar bezeichnenderweise von dem noch lebenden „Vater“ des Vertragswerks. In einem Beitrag für die russische Zeitung Wedomosti ( https://www.vedomosti.ru/opinion/articles/2019/02/12/793983-yadernoi-gonke sowie https://www.themoscowtimes.com/2019/02/14/mikhail-gorbachev-a-nuclear-arms-race-will-produce-no-winners-op-ed-a64491) vom 12. Februar 2019 in englischer Sprache, zitierte Michail Gorbatschow aus dem Vertragstext: „Jede Partei hat bei der Ausübung ihrer nationalen Souveränität das Recht, dann von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn sie entscheidet, dass durch außergewöhnliche Ereignisse (‚extraordinary events‘) im Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Vertrags ihre höchsten Interessen (‚supreme interests‘) gefährdet werden. Sie unterrichtet den anderen Vertragspartner sechs Monate vor dem Beschluss über den Rückzug von diesem Vertrag. Diese Mitteilung soll eine Darstellung der außergewöhnlichen Ereignisse enthalten, die die anmeldende Vertragspartei als ihre höchsten Interessen gefährdend betrachtet.“

Abwehranlagen in Rumänien theoretisch auch für offensive Marschflugkörper nutzbar

Ein Land, das den Vertrag kündigen will, kann diesen Schritt demnach nur unternehmen, wenn gravierendste Gründe dafür vorliegen und es ist verpflichtet, diese der Weltgemeinschaft darzulegen. Folgerichtig fragte Gorbatschow weiter, „Wo aber ist diese Bedrohung der ‚höchsten Interessen‘ für die Sicherheit der USA – eines Landes, dessen Militärausgaben mindestens dreimal so hoch sind wie die aller möglichen Rivalen? Haben die USA der Weltgemeinschaft, der Öffentlichkeit und dem UN-Sicherheitsrat eine Darstellung dieser Bedrohungen mitgeteilt? Nein, das haben sie nicht. Stattdessen haben sie Beschwerden gegen Russland wegen angeblicher Verstöße erhoben und diese Vorwürfe in Form eines Ultimatums präsentiert.“ So gesehen, „wäre die Kündigung des INF-Vertrages durch die USA, die ihrerseits den Ausstieg Russlands provozierte, schlicht vertragswidrig gewesen, so Analyst Ensel.

Die „Bundesakademie für Sicherheitspolitik“, die dem Bundesverteidigungsministerium untersteht, führt Dr. Christian Wipperfürth in seiner Analyse aus: „Sowohl die US-Vorwürfe an Russland als auch die Gegenvorwürfe aus Moskau lassen sich ohne Kenntnis und Zugang zu der Geheimhaltung unterliegenden Informationen schwer verifizieren oder falsifizieren. Dies ist nur den Vertragspartnern selbst möglich.“ Es fehlten „letzte Gewissheiten“, ob Russland den Vertrag verletze. Die „Deep Cuts Commission“, die sich aus renommierten amerikanischen, deutschen und russischen Sicherheitsexperten zusammensetzt, stellt fest: Washington habe ernsthafte Vorwürfe an die russische Adresse, umgekehrt sei dies auch der Fall. Die „Commission“ bemängelt u.a., der Westen zeige keine Bereitschaft auf die russischen Anschuldigungen einzugehen. Zusammengefasst lautet die US-Botschaft an Russland und die NATO-Verbündeten: „Glaubt uns, dass die Raketenabwehranlagen in Rumänien nicht offensiv genutzt werden können, dem INF-Vertrag also nicht widersprechen.“ Der deutsche Experte Ulrich Kühn weist hingegen darauf hin, dass Anlagen der Abwehranlagen theoretisch auch für offensive Marschflugkörper benutzt werden könnten. „Dazu bedarf es, das hat auch die amerikanische Regierung inzwischen zugegeben, lediglich einer Änderung in der Software. Und ob die Software lediglich eine defensive Nutzung erlaubt ist nur Washington bekannt.

Größte US-Militärbasis Europas liegt in Rumänien – Planungen begannen vor zehn Jahren 

Vor mehr als zehn Jahren begannen die Planungen für ein US-Raketensystem in mehreren Staaten Europas. „2016 wurde in Rumänien ein neues US-Raketensystem installiert und ein weiteres ähnliches System wird derzeit in Polen gebaut“, berichtete „Global Research bereits am 29. November 2018 ( https://www.globalresearch.ca/video-die-atomaren-lugen-von-jens-stoltenberg/5661464), „Das gleiche Raketensystem ist auf vier Kriegsschiffen installiert, die von der US-Marine im spanischen Hafen Rota vom Schwarzen Meer und der Ostsee in die Nähe von Russland fahren. Die landgestützten Anlagen sind, wie die Schiffe, mit Lockheed Martin Mk41 Senkrechtstartern ausgestattet, die – wie vom Hersteller selbst angegeben – in der Lage sind, „Raketen für alle Missionen zu starten: Entweder SM-3s zur Verteidigung gegen ballistische Raketen oder Langstrecken-Tomahawks. zur Bekämpfung landgestützter Ziele“. Letztere können auch mit einem Atomsprengkopf beladen werden.“ Das österreichische Magazin „Militär aktuell“ informierte am 18. März 2024, ( https://militaeraktuell.at/nato-errichtet-neue-militaerbasis-in-rumaenien/ ), „In der Nähe der Hafenstadt Constanța am Schwarzen Meer entsteht ab sofort die größte NATO-Militärbasis Europas. Der Stützpunkt soll auf einer Fläche von 3.000 Hektar wie eine Kleinstadt aufgebaut sein und im Endausbau mehr als 10.000 US-Soldaten beherbergen. Die Baukosten werden auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzt.“

Die Errichtung der NATO-Basis sei, so das Magazin weiter, „als direkte Antwort auf Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zu verstehen. Zur genauen Rolle des neuen Standorts wollte man sich noch nicht im Detail äußern, in jedem Fall sollen gleich mehrere Start- und Landebahnen auch den umfangreichen Einsatz von Luftstreitkräften ermöglichen.“ Damit wird die neue Basis in Rumänien – nur 100 Kilomater von der Ukraine entfernt – den Standort Ramstein als wichtigste US-Basis in Europa ablösen“, der dann flächenmäßig etwa 50 Prozent größer als der in Rheinland-Pfalz gelegene ist. Damit werde die „strategische Flexibilität“ der US-Streitkräfte erhöht, sagte Esper im Pentagon vor Journalisten.  

Dorin Popescu, ein rumänischer Militär- und politischer Analyst, sähe das Projekt als wichtigen Schritt, um den wachsenden Drohungen Russlands gegen den Westen zu begegnen:  „Der Stützpunkt Mihail Kogălniceanu wird die wichtigste permanente Nato-Militärstruktur in unmittelbarer Nähe des Konflikts in der Ukraine werden. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Konflikt in diesem Jahr, 2025 oder 2026 beendet sein wird. Es wird wahrscheinlich ein langfristiger Krieg sein.”  Nicolae Crețu, der Kommandant der Basis, bestätigte gegenüber Euronews Romania den Umfang des neuen Projekts. „Wir errichten hier alles, was für den Betrieb und die Auftragserfüllung einer Basis dieser Größe erforderlich ist: Wartungshallen, Treibstofflager, Munitionsdepots, Lager für Ausrüstung und luftfahrttechnisches Material, Simulatoren, Verpflegungseinrichtungen, Unterkünfte und vieles mehr.”

Russische Schiffe müssen überall auf der Welt nationale Interessen gewährleisten

„Der Besuch in Kuba ist ein Versuch zu zeigen, dass wir in der Lage sind, den US-Amerikanern an ihren Grenzen Probleme zu bereiten“, meinte Alexander Chramtschichin, stellvertretender Direktor des Instituts für politische und militärische Analysen (https://vz.ru/society/2024/6/10/1272110.html). Er schloss nicht aus, dass der Besuch auch eine Antwort Russlands auf die NATO-Übung BALTOPS 24 ist, und hob hervor: „Die Kubaner haben beschlossen, nur für alle Fälle zu erklären, dass die russischen Schiffe ohne Atomwaffen kommen, denn die Schiffe werden wieder nach Hause fahren und Kuba wird in der Nähe von den USA bleiben.“ 

Gleichzeitig ist Kuba definitiv nicht an einer Wiederholung der Kubakrise von 1962 interessiert – dem Höhepunkt der nuklearen Konfrontation zwischen der UdSSR und den USA, so der Militärexperte Andrei Koschkin. „Die Kubaner wollen, dass die US-Amerikaner, gelinde gesagt, nicht schockiert sind, wie es im Jahr 1962 geschah, als die USA plötzlich R-12-Raketen mit Atomsprengköpfen auf den Startplätzen sahen“, erklärte er.  Obwohl die UdSSR damals angesichts der US-amerikanischen Raketendrohung, die von der Türkei ausging, mehr als ernsthafte Gründe für solche Aktionen hatte. (https://monde-diplomatique.de/artikel/!5906734/)

Der Experte fügte hinzu, dass der bevorstehende Besuch in Kuba auch in das Konzept der in den Doktrinendokumenten dargelegten außenpolitischen Linie Russlands passe. Dies ist ein Beweis für die Fähigkeit des Landes, die Sicherheit des Staates und seiner Bürger überall auf der Welt zu gewährleisten. Koschkin schloss: „Der Besuch der russischen Schiffe in Kuba hat keinen aggressiven Charakter. Russische Schiffe müssen überall auf der Welt nationale Interessen verteidigen. Die Vereinigten Staaten verlegen militärisches Personal und Ausrüstung an unsere Grenzen, während wir lediglich Übungen durchführen und uns darauf vorbereiten, die nationale Sicherheit dort zu gewährleisten, wo wir es für notwendig erachten.“

Quellen wurden im Text berücksichtigt. 

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.  

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