Ein Gastkommentar von Heu Che Lei
Es ist noch nie untersucht worden, warum vor allem westliche Politiker so gerne Doppelmoral predigen. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich dem Gefühl hingeben, dass Doppelmoral nur halb so viele Gewissensbisse verursacht. Dass die Doppelmoralisten, die wir derzeit ertragen müssen, wenn es um den AfD-Politiker Maximilian Krah geht, überhaupt von Gewissensbissen geplagt werden, darf bezweifelt werden. Zu dreist wird übelriechender, moralinsaurer Sermon versprüht, dem etwas ganz Wesentliches fehlt: Substanz. Die wäre vorhanden, wenn sich zweifelsfrei nachweisen ließe, dass sich Maximilian Krah wissentlich und willentlich der Dienste eines mutmaßlichen chinesischen Spions versichert hätte und sich das auch noch hätte bezahlen lassen.
Doch nichts davon können die selbsternannten Retter von Moral und Demokratie bislang vorweisen. Nur Verdächtigungen gegen Krahs verhafteten Mitarbeiter und logische Zirkelschlüsse, die Krah und seine Partei virtuell mitverhaften sollen, die allerdings für jeden einigermaßen logisch denkenden Menschen körperliche Schmerzen verursachen.
Das beginnt mit der Tatsache, dass Krahs Mitarbeiter sich unmittelbar nach seiner Ankunft in Deutschland dessen Inlandsgeheimdienst angedient hatte. Offiziell teilt uns der Verfassungsschutz mit, dass er von einer Zusammenarbeit wegen des Verdachts der Doppelagententätigkeit absah. Dass der Verfassungsschutz einen solchen Menschen dann aber zehn Jahre lang unbeobachtet durch die deutsche Demokratie schlendern ließ, ist kaum zu glauben oder aber so kolossal fahrlässig, dass sich der mutmaßliche chinesische Spion die Zelle mit ein paar Mitarbeitern des Verfassungsschutzes teilen sollte, die das Land und seine Verfassung eben nicht schützten, indem sie einen mutmaßlichen chinesischen Spion nicht nur unbehelligt, sondern auch noch die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben ließen.
Die Logik von Geheimdiensten lehrt, dass Krahs Mitarbeiter entweder permanent unter Beobachtung stand oder aber an der Leine des Verfassungsschutzes operierte. Denn nicht nur der chinesische Geheimdienst kennt den Begriff des Perspektivkaders.
Eines der berühmtesten Beispiele für diese Strategie und Taktik ist Günter Guillaume, der für den DDR-Auslandsnachrichtendienst HVA geduldig und zielstrebig über Jahre daran arbeitete, in wichtige politische Positionen der BRD zu gelangen.
Dass Guillaume ausgerechnet im Bonner Kanzleramt, an der Seite einer politischen Ikone der Nachkriegs-Bundesrepublik landete, war trotz wenig wirklich brisanter Informationen, die von ihm nach Ostberlin flossen, dennoch ein Glücksfall für die DDR und zugleich eine schwere Niederlage.
Denn bis heute konnte der Verdacht nicht ausgeräumt werden, dass Willy Brandt vom Inlandsgeheimdienst der BRD aus dem Weg geräumt wurde, indem man Guillaume, den man schon längst als DDR-Spion identifiziert hatte, eine Weile an seiner Seite beließ, um einen genügend großen Skandal zu erzeugen.
Der Grund: Rache für Willy Brandts Ostpolitik, die zur de facto diplomatischen Anerkennung der DDR, auch durch die BRD führte, womit Jahrzehnte der verbissenen Bonner Alleinvertretungspolitik vergeblich waren, eine Niederlage, die von den Vertretern der Funktionseliten des Dritten Reiches nie akzeptiert wurde, die den bundesdeutschen Staatsapparat regelrecht verseucht hatten – immerhin war und ist beispielsweise der Auslandsnachrichtendienst BND nichts anderes als der faschistische deutsche Geheimdienst „Fremde Heere Ost“, der mitsamt Personal als „Organisation Gehlen“ von den USA am Leben gehalten, vor Strafverfolgung geschützt und schließlich an die BRD übergeben wurde, die daraus den BND machte und sinnigerweise in der ehemaligen Nazi-Prominentensiedlung „Rudolf Heß“ in München-Pullach einquartierte, mit der Villa von Martin Bormann als Sitz von BND-Chef, Nazi-General und Kriegsverbrecher Reinhard Gehlen.
Aber das ist ein Nebenschauplatz, wenn es um die Doppelmoral des politischen Personals der Bundesrepublik im Fall Maximilian Krah geht.
Am Donnerstag, dem 25. April hatten die Parteien der Berliner Ampelkoalition eine Aktuelle Stunde zur Causa Krah angesetzt. Obwohl von vornherein feststand, dass man einen robusten Magen brauchen würde, um sich den verlogenen Operettenstadel anzutun, war die Dreistigkeit, die man dort erlebte, wirklich atemberaubend.
Denn das sich dort ausgerechnet der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor über einen Politiker echauffieren konnte, dem bislang – es sei noch mal wiederholt – nichts strafrechtlich Relevantes zur Last gelegt werden kann, während Herr Amthor in Zusammenhang mit dem Augustus-Intelligence-Skandal gebracht werden kann, in dem möglicherweise US-amerikanisches Geld geflossen ist, diese unvergleichliche Dreistigkeit und Schäbigkeit macht einen nur noch sprachlos. Dass die CDU bis heute nicht offen legen kann und will, wer die Spender jener Millionen an Schwarzgeld sind, die der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl mit seinem „Ehrenwort“ schützte, wollen wir nicht unerwähnt lassen, wenn es um Moral geht.
Den Schlusspunkt in der Aktuellen Stunde setzte die SPD-Abgeordnete Dorothee Martin, die sich nicht entblödete, ihre Rede mit dem schwülstigen Aufruf an alle „Bürgerinnen und Bürger“ zu beenden, es läge „in ihrer Hand, eine Stimme gegen die AfD, ist eine Stimme für Deutschland, für Wohlstand, für unsere Demokratie, für Freiheit.“ Die Partei, der Dorothee Martin angehört, die SPD, hatte 29 Jahre lang einen Bundesschatzmeister namens Alfred Nau, der nie juristisch zur Verantwortung gezogen wurde für nicht verbuchte Spenden an die SPD in Millionenhöhe und Verstrickung in die Flick-Affäre.
Die SPD ist im EU-Parlament Mitglied der S&D-Fraktion, der „Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten“. Abgesehen davon, dass diese Fraktion das Sammelbecken beispielsweise der früheren Kommunistischen Partei Bulgariens, einer prorussischen lettischen Partei, der früheren KPdSU Litauens und der früheren ungarischen KP ist, dass darin auch die portugiesische SPE vertreten ist, die während der Nelken-Revolution ab 1974 nur mit Millionenspenden der bundesdeutschen SPD überleben konnte, die in Koffern von Mitarbeitern der Botschaft der BRD in Lissabon und Mitarbeitern der Friedrich-Ebert-Stiftung oder des Goethe-Instituts nach Portugal geschleust wurden. Den bislang größten Skandal im EU-Parlament verursachten griechische Sozialdemokraten der für Korruption hinlänglich bekannten PASOK mit dem „Qatar-Gate“.
In dieser Affäre wurden Millionen Euro, teilweise in Säcken sichergestellt, mit denen die Regierungen Qatars, Marokkos und Mauretaniens politische Gefälligkeiten von den EU-Parlamentarieren erwarteten und möglicherweise auch erhielten.
Das alles sind echte Fakten. Davon aber kein Wort in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages. Stattdessen wüste Verdächtigungen, Beschimpfungen und Rücktrittsforderungen an einen EU-Parlamentarier der AfD mittels hypermoralischem Aufplustern von Abgeordneten der CDU/CSU, FDP, Grünen, SPD und Linkspartei, die alle von Würde redeten und damit doch leider nur den Konjunktiv meinten.
Man erwartet inzwischen schon gar nicht mehr, dass Politiker ehrlich reden. Aber wie schön wäre es, wenn sie wenigstens ehrlich schweigen würden.
Disclaimer: Berlin 24/ 7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln.