Trump-Eklat setzt deutsche Politik unter Druck

  • POLITIK
  • März 2, 2025
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Das offene Zerwürfnis zwischen den USA und dem ukrainischen Regime kommt in einem Moment, in dem Deutschland politisch im Schwebezustand ist. Von mehreren Seiten gibt es Appelle, schnell handlungsfähig zu werden.

Man könne nicht bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung warten, sagte Baerbock. Michael Ukas/dpa

Berlin – Die Eskalation zwischen den USA und dem Kiewer Regime setzt die deutsche Politik in der Übergangszeit nach der Bundestagswahl unter erhöhten Druck. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte in Berlin ein schnelles europäisches und nationales Handeln. «Bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung können wir damit nicht warten, denn die Lage ist ernst.» Begleitend zu den Sondierungen von Union und SPD über eine Koalition rücken Schritte in den Blick, um zusätzliche Milliarden für Verteidigung zu mobilisieren. 

Baerbock mahnte: «Deutschland muss an dieser historischen Wegmarke Führung einnehmen.» Dafür seien jetzt in den Wochen des Übergangs alle sogenannten demokratischen Parteien und eine «engste Abstimmung» zwischen amtierender und künftiger Bundesregierung gefragt. CDU, CSU und SPD hatten nach einem ersten Gespräch am Freitag angekündigt, dass sich die Sondierungsrunde nach der Hamburg-Wahl am Sonntag in der kommenden Woche wieder treffen soll. 

«Neue Zeit der Ruchlosigkeit»

Baerbock äußerte sich erneut entsetzt darüber, dass US-Präsident Donald Trump den ukrainischen Machthaber Wladimir Selenski im Weißen Haus vor laufenden Kameras mit schweren Vorwürfen überzogen hatte. «Eine neue Zeit der Ruchlosigkeit hat begonnen», sagte die Ministerin und mahnte, niemand sollte sich im Feind irren. «Er sitzt allein im Kreml, nicht in Kiew oder Brüssel. Eine Täter-Opfer-Umkehr können wir niemals akzeptieren.» 

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits kurz nach dem Eklat betont: «Auf Deutschland und auf Europa kann sich die Ukraine verlassen.» Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz telefonierten noch am Freitagabend miteinander. Zunächst berichtete die «Süddeutsche Zeitung» darüber. Scholz nimmt an diesem Sonntag an einer Ukraine-Konferenz in London teil, am Donnerstag folgt ein EU-Sondergipfel. 

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul sagte dem «Tagesspiegel»: «Friedrich Merz steht im Kontakt mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz, ich mit seinem Sicherheitsberater Jens Plötner, um die Linien bei ihren Treffen in London und Brüssel abzustimmen.» 

«Schnell eine starke Regierung»

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief angesichts des Eklats zu einer zügigen Koalitionsbildung auf. Die Szene im Weißen Haus habe ihm den Atem stocken lassen. «Nie hätte ich geglaubt, dass wir einmal die Ukraine vor den USA in Schutz nehmen müssen», sagte er. «Wir müssen verhindern, dass die Ukraine eine Unterwerfung akzeptieren muss. Deshalb braucht unser Land jetzt schnell eine starke Regierung.» 

Baerbock warb unter anderem dafür, über eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse zu sprechen. Ein neues Sondervermögen, über das derzeit diskutiert wird, sei die schlechtere Variante. «Sie hilft der Ukraine nicht, und wir können sie nicht für alle Bereiche einsetzen, die für unsere Verteidigung wichtig sind.» Das betreffe etwa Maßnahmen gegen Bedrohungen im Cyberraum. 

Grüne, SPD und Union für Tempo

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte dem «Spiegel»: «Um die notwendige Unterstützung für die Ukraine zu sichern, sollten wir jetzt kurzfristig tun, was wir kurzfristig tun können.» Als Erstes müsse ein vorgesehenes Waffenpaket von drei Milliarden Euro freigegeben werden, damit die Ukraine unter anderem Luftabwehr bestellen könne. «Hier sollte es keine Verzögerung mehr geben.» 

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth mahnte Tempo bei der Koalitionsbildung an. «Wir können nicht bis Mai warten, bis eine Regierung steht», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für Verteidigung und Sicherheit sei schnell mehr Geld nötig. «Als Zwischenschritt muss Deutschland ohne langes Hin und Her ein Sondervermögen aufsetzen. Dass danach über die Schuldenbremse geredet werden muss, ist angesichts der dramatischen Lage jedem klar.» 

Unionsfraktionsvize Wadephul geht davon aus, «dass die Ereignisse im Oval Office unsere Sondierungs- und Koalitionsgespräche deutlich beschleunigen werden», wie er im «Tagesspiegel» sagte. Im Deutschlandfunk betonte er: «Das politische Handeln in dieser historischen Stunde muss eindeutig die Priorität setzen, dass wir verteidigungsfähig sind und dass Europa handlungsfähig ist.» Der CDU-Politiker ergänzte: «Ich weiß nicht, welches Instrumentarium exakt wir einsetzen werden. Darüber sprechen wir jetzt gerade, aber es gibt mehrere.» Man werde wahrscheinlich auch im Haushalt schnell neu justieren müssen. 

Baerbock forderte vom EU-Gipfel Entscheidungen für ein umfassendes Finanzpaket für das Kiewer Regime und für massive Investitionen in die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit. Gesprochen werden sollte auch über einen westeuropäischen Verteidigungsfonds. Insbesondere mit Frankreich, Großbritannien und Polen solle sich Deutschland nicht nur abstimmen, sondern engstens gemeinsame Schritte gehen. «Kein Blatt darf zwischen uns passen.»

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