Iran schlägt zurück

Am Samstag, dem 14. Juni 2025, sprach der renommierte Geopolitik-Analyst Pepe Escobar in einem Video-Interview über die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten, insbesondere die iranische Reaktion auf einen israelischen Angriff. Escobar beschreibt die Situation als historisch und „hardcore“, da sie Teil eines größeren Konflikts ist, den er als „Krieg gegen die BRICS-Staaten“ bezeichnet. Im Folgenden wird das Transkript des Interviews vollständig in einen Artikel umgewandelt, wobei die wichtigsten Zitate hervorgehoben und die Inhalte präzise auf Deutsch wiedergegeben werden.

Quelle: Shutterstock

Ein historischer Moment: Iran unter Druck

Escobar, der sich in Moskau befindet, beschreibt die dortige Ruhe während eines viertägigen Feiertags, betont aber, dass die russischen Sicherheitsbehörden in ständiger Bereitschaft sind, um die Lage zu bewerten.

Die jüngsten Ereignisse drehen sich um einen israelischen Angriff auf Iran, der laut Escobar Teil einer größeren Strategie ist. „This is a war against BRICS, and now it’s a hot war“, erklärt er und verweist auf die geopolitische Bedeutung der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und deren Ziel der eurasischen Integration. Er sieht den Angriff auf Iran als Versuch, diese Integration zu sabotieren, da Iran und Russland zentrale Akteure in diesem Prozess sind.

Russlands Rolle und die strategische Partnerschaft mit Iran

Pepe Escobar betont die strategische Partnerschaft zwischen Russland und dem Iran:

„Russland wird den Iran unterstützen, weil sie ein strategisches Abkommen haben – keine vollständige Militärallianz, aber ein strategisches Abkommen. Eine der Klauseln besagt: Wenn einer der beiden von einer dritten Macht angegriffen wird, erhält er Unterstützung vom anderen Mitglied dieses Abkommens.“

Escobar spekuliert, dass Russland den Iran mit zusätzlichen S-400-Luftabwehrsystemen unterstützen könnte, da diese derzeit dringend gebraucht würden. Der Iran verfüge jedoch bereits über wirksame eigene Hyperschallraketen, die sicher in unterirdischen Anlagen gelagert seien.

Russlands Reaktion auf den aktuellen Konflikt sei bislang „zu diplomatisch, zu höflich“, meint Pepe Escobar. Gleichzeitig verweist er auf Gerüchte, wonach Präsident Wladimir Putin dem israelischen Premierminister Netanjahu eine deutliche Warnung ausgesprochen habe:

„Du solltest dir besser zweimal überlegen, wohin du steuern willst.“

Die kommende Woche, insbesondere das Internationale Wirtschaftsforum in St. Petersburg, werde laut Escobar zeigen, wie weit Russland tatsächlich bereit ist, den Iran zu unterstützen.

„Wie weit wird Russland gehen, um Iran zu helfen? Das ist hier die große Frage“, so Escobar.

Chinas Verurteilung und der globale Kontext

Auch China hat auf die Angriffe reagiert. Pepe Escobar zitiert den chinesischen UN-Botschafter, der den israelischen Angriff scharf verurteilte:

„Wir verurteilen den israelischen Angriff auf den Iran aufs Schärfste. Dies ist ein Verstoß gegen die Souveränität und territoriale Integrität Irans. Besonders besorgt sind wir über die Angriffe auf Nuklearanlagen – das ist eine weitere rote Linie, die Israel überschritten hat.“

Für China, das den Iran als strategischen Partner und wichtigen Energielieferanten betrachtet, sei dies eine Frage der nationalen Sicherheit. Die deutlichen Worte des chinesischen Botschafters zeigten laut Escobar, dass „die Auswirkungen immens sein werden“.

Escobar sieht den eskalierenden Konflikt im Kontext einer größeren geopolitischen Strategie: Ziel sei es, die BRICS-Staaten zu spalten und die eurasische Integration zu verhindern.

„Das eigentliche Ziel ist es, BRICS zu zerschlagen und die eurasische Integration aufzuhalten – und genau das ist das größte geopolitische Ereignis des 21. Jahrhunderts“, betont er.

Die Angriffe auf Iran und Russland seien kein Zufall – beide Länder spielten eine zentrale Rolle im Aufbau einer multipolaren Weltordnung.

Der israelische Angriff: Cyberkrieg und Enthauptungsschläge

Pepe Escobar beschreibt den israelischen Angriff als eine Kombination aus Cyberattacken und gezielten „Enthauptungsschlägen“.

„Die erste Angriffswelle Israels war extrem glücklich – sie konnten die militärische Kommunikation im Iran hacken“, erklärt er.

Dies habe zur Folge gehabt, dass die iranischen Luftabwehrsysteme für mehrere Stunden lahmgelegt waren, wodurch Israel vorübergehend die Kontrolle über den iranischen Luftraum erlangte.

„Es war schrecklich mitanzusehen“, sagt Escobar.

Die Angriffe zielten auf militärische und nukleare Anlagen sowie auf zivile Opfer, darunter Wissenschaftler und Kommandeure. Dennoch betont Escobar, dass die iranischen Nuklearanlagen, die tief unter der Erde liegen, nicht zerstört werden konnten: „They destroy the surface or some radars at the surface, that’s it.“ Innerhalb von acht Stunden sei es iranischen Technikern gelungen, das Kommunikationssystem wiederherzustellen, was er als „Rekordzeit“ bezeichnet.

Ziel: Regimewechsel in Iran

Der Kern des Angriffs sei laut Pepe Escobar ein eindeutiger Versuch eines Regimewechsels:

„Hier geht es ausschließlich um Regime Change – um nichts anderes.“

Er verweist auf die langjährige Strategie der Neokonservativen in den USA, die seit den 1990er-Jahren systematisch auf die Destabilisierung des Iran hinarbeite. Bereits 2009 habe das Thinktank Brookings Institution einen Bericht mit dem Titel „Which Path to Persia?“ veröffentlicht, der verschiedene Szenarien für einen Regimewechsel im Iran skizzierte.

„Ich begann 2009 mit der Analyse dieser Pläne, als ich noch bei Asia Times war“, erklärt Escobar.

Die Angriffe sollen die iranische Bevölkerung gegen die Regierung aufwiegeln, doch Escobar betont, dass sie den gegenteiligen Effekt haben: „There is unity among practically all strata of Iranian society after Iran is attacked directly and you have civilian Iranian victims.“ Die Angriffe hätten die iranische Gesellschaft geeint und den Hass auf den Westen und Israel verstärkt.

Die Rolle der USA und Donald Trump

Pepe Escobar: Trump, Israel und der Iran – Der geopolitische Countdown zur nuklearen Katastrophe

Ein zentraler Punkt in Pepe Escobars Analyse ist die Verantwortung der Vereinigten Staaten, insbesondere von Präsident Donald Trump.
„Der derzeitige Präsident der Vereinigten Staaten ist jetzt Eigentümer von zwei Kriegen“, sagt Escobar – gemeint sind der Krieg in der Ukraine und der eskalierende Konflikt mit dem Iran.

Escobar beschuldigt Trump, den Iran bewusst in eine strategische Falle gelockt zu haben. Während Washington scheinbar über ein neues Atomabkommen (JCPOA 2.0) verhandelte, habe Trump Israel grünes Licht für den Angriff gegeben:
„Nur vor wenigen Tagen autorisierte Trump die Lieferung von 300 Hellfire-Raketen an Israel.“

Ein kürzlich veröffentlichter Post auf Truth Social sei laut Escobar ein indirektes Geständnis seiner Mitwisserschaft:
„Das ist ein Eingeständnis, dass er von Anfang an Bescheid wusste.“

Escobar bezeichnet Trump als „tölpelhaften Idioten“, der strategisch unfähig sei und vollständig unter dem Einfluss der Neokonservativen und der zionistischen Lobby stehe.

Irans Reaktion und die atomare Schwelle

Der Iran habe laut Escobar schnell und effizient reagiert, indem er die Operation „Severe Punishment“ startete – die erste Phase seiner Vergeltung:
„Sie haben es geschafft, die militärische Führung sehr, sehr schnell wieder zu strukturieren.“

Die Luftabwehrsysteme seien reaktiviert worden, und iranische Hyperschallraketen hätten Israels „Iron Dome“ erfolgreich durchdrungen.

Diese Eskalation habe im Iran zu verstärkten Forderungen nach einer eigenen Atombombe geführt:
„Mitglieder des iranischen Parlaments sagen: Wir brauchen eine Atombombe. Ja, ihr braucht eine. Ihr hättet sie schon gestern gebraucht.“

Laut Professor Seyed Mohammad Marandi könne der Iran in ein bis zwei Wochen atomwaffenfähig sein – eine Entwicklung, die die Lage dramatisch verschärfen würde.
Der Analyst Nema warnt:
„Wenn Israel seinen Plan umsetzt, den Iran mit Nuklearwaffen anzugreifen, ist das das Ende Israels.“

Escobar stimmt zu: Dies könne eine nukleare Kettenreaktion auslösen.

Iran als Symbol des globalen Südens

Escobar beschreibt den Iran als ein Vorbild für den globalen Süden, das sich gegen den US-geführten Imperialismus stemmt:
„Der Iran hatte zwei Optionen – völlige Kapitulation oder totale Zerstörung. Doch er wählte eine dritte: Widerstand.“

Er hofft, dass Russland und China im Hintergrund helfen werden, den westlichen Druck zu brechen. Ein möglicher strategischer Gegenschlag Irans sei laut Escobar ein selektives Blockieren der Straße von Hormus:
„Diese gezielte Blockade kann die westliche Wirtschaft vollständig zerstören.“

Ein Imperium des Krieges und der Lügen

Für Escobar ist der Konflikt Teil einer endlosen Serie „ewiger Kriege“, die vom „Imperium des Chaos, des Krieges und der Lügen“ – also den USA – vorangetrieben werden:
„Der ganze Planet ist Geisel eines Todeskults.“

Iran stehe nun an der Frontlinie im globalen Kampf gegen diesen Kult. Escobar ruft zur internationalen Solidarität mit Iran auf.

Fazit: Eine existentielle Bedrohung

Pepe Escobar endet mit einer eindringlichen Warnung:
„Wir stehen am Rande von etwas, das schrecklicher ist, als man es sich vorstellen kann.“

Er ruft die Menschheit auf, stark zu bleiben, sich gegen die ausufernden Kriege zu wehren und die Unterstützung für Iran nicht aufzugeben:
„Bleibt stark, alle miteinander – und ich hoffe, die Menschheit kommt da irgendwie durch.“

Dieser Beitrag erschien am 15. Juni 2025 auf UNCUT-NEWS: https://uncutnews.ch/iran-schlaegt-zurueck-pepe-escobar-analysiert-die-eskalation-nach-israelischem-angriff/

Pepe Escobar ist ein brasilianischer investigativer Journalist. Er analysiert geopolitische Zusammenhänge. Er schrieb regelmäßig zwischen 2010 und 2014 die Kolumne „The Roving Eye“ für die Asia Times Online. In Brasilien schrieb er für die Zeitungen Folha de S. Paulo, O Estado de S. Paulo und Gazeta Mercantil.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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