Manchmal tritt der Teufel als Pastorin auf

Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass im Ersten vom Teufel gesprochen wurde. Und wie der sein Handwerk verrichtet, konnte man auch gleich beobachten.

Ein Beitrag von Roberto J. De Lapuente

Teufel
http://www.cgpgrey.comCC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Das Wort zum Sonntag am vorletzten Wochenende. Um 23:35 geht Annette Behnken, Pastorin der Evangelischen Kirche in Deutschland, auf Sendung. Ihr Thema: Vergiftung der Seelen. Und die Frau lieferte, was man erwarten durfte: Deutsche Staats- und Medienkirche, pseudopastorales Zeugs, das im fürsorglichen Ton an die Leute vermittelt wird – Behnken gendert natürlich, denn das schreibt der Katechismus dieses Kirchensubstitutes als besonders wertvoll vor und gilt, wenn es von der Mattscheibe die seelenlosen Hüllen der Claqueure erreicht, als so sicher wie das sprichwörtliche Amen in der richtigen Kirche.

Dann kommt die gute Hirtin auf etwas zu sprechen, was ihr besonders am Herzen liegt und was die zuständigen Redakteure der ARD, in der schriftlichen Fassung, die online vorliegt, auch mit messdienerischem Elan fetten. Sie echauffiert sich über die Reaktionen eines Teiles des Publikums, das auf die »Einordnung« von Charlie Kirks Ermordung durch einige fachmännische Säulenheilige der woken Kirche Deutschlands, wütend wurde. Die hätten aber doch nur gesagt, was tatsächlich sei und würden nun dafür mit dem Bösen konfrontiert. Die Kritiker der Hayali oder des Theveßen seien demnach Verdreher – oder wie Behnken es ausdrückt: »Diabolos. Der Verdreher. So nennt die Bibel den Teufel. Die Antwort, die sie dagegen setzt heißt: Wahrhaftigkeit. Und: Liebe.«

Er säuselt und brüllt nicht

Da ist er also – Auftritt: der Teufel. Für Behnken in Gestalt derer, die mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hadern, die ihm nichts mehr glauben, die spüren, dass er nicht öffentlich ist und schon gar nicht rechtlich, sondern ganz ordinär ein Staatsmedienbetrieb, wie man ihn in allen Teilen der despotischen Welt finden kann. Ob das alles gleich die großen Anhänger jenes Charlie Kirks sind, den sie vor dessen Ermordung gar nicht kannten, muss man ja gar nicht annehmen – das verbindet übrigens jene mit Hayali und speziell Theveßen: Sie wie diese vermeintlichen Teufel – laut Behnken – kannten den US-Amerikaner vorher überhaupt nicht. Die Kritiker haben aber ein Gespür dafür entwickelt, wie der Staatsfunk arbeitet oder – besser gesagt – seine Arbeit verweigert. Und alleine das macht sie für diese Hirtin zu teuflischen Gestalten.

Zu Verdrehern und Verwirrern – wörtlich bedeutet Diabolos: Durcheinanderwerfer. Das Werk des Teufels also. Wir bewegen uns – es war ja das Wort zum Sonntag, die spirituellen fünf Minuten Wokistans flackerten auf der Mattscheibe – im Biblischen. Und die Pastorin macht die Entitäten sichtbar. Der Teufel verdreht alles und greift jene an, die die Wahrhaftigkeit kennen: Die Liebenden. Das Öffentlich-Rechtliche als Liebe – und dessen Publikum als Hass. Dort das Göttliche – und ganz unten das Höllenfürstliche.

Eines hat Behnken dem Rest des wohlwollenden Publikums jedoch nicht verraten. Dieser Verdreher, der sein gottloses Werk tut, um die Welt in ein tiefes Chaos und die Menschen in totale Verwirrung zu stürzen, ist durchtriebener als sie es darlegt. Der Teufel tritt nämlich als behäbige und züngelnde Schlange auf, die träge im Astwerk eines Baumes liegt und nicht etwa als gerissener Jäger, der hinter einem Busch lauert, um seine Beute zu reißen. Er ist nicht das brüllende Kritikervolk, das lautstark seine Abneigung hinausposaunt – der Teufel tritt vollkommen anders auf, viel zurückhaltender: Er züngelt sich heran, sät Zweifel nicht durch zur Schau gestellten Zorn, sondern indem er denen, die er verwirren will, seriös gegenübertritt. Eigentlich erstaunlich, dass man schon vor etlichen tausend Jahren wusste, wie die Methoden der Destabilisierung und Deligitimierung funktionieren.

Kniffe aus der Hölle

Manchmal schlüpft der Teufel daher auch in den Körper einer Pastorin der Evangelischen Kirche. Oder er ist Experte im Fernsehen. Oder pflegt den X-Account eines grünen oder sozialdemokratischen Politikers – sein Werk ist divers. Er kennt aber keine festen Seiten, es lässt sich auch als synodale Verwirrung in der Katholischen Kirche finden oder in vermeintlich linken Tageszeitungen und bei Oppositionspolitikern. Und ein markantes Element seines Werkes wird gänzlich unterschlagen: Der Teufel will gar nicht glänzen, er bleibt bevorzugt vertraulich und lässt gerne verkünden, dass es den Teufel gar nicht gibt – jedenfalls schon gar nicht in den eigenen Reihen.

Die Pastorin Behnken, ob sie es will oder nicht, ob es ihr bewusst ist oder ob sie es ohne Kenntnis des eigenen Antriebes tut, betreibt wahrhaft ein teuflisches Geschäft. Sie stiftet Verwirrung, verleumdet und wirbelt durcheinander. Sie sorgt für Spaltung und lässt sich so zur Agentin jener machen, die mit gezielten Mitteln dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft nicht mehr zum Gemeinsinn findet, um sie auf diese Weise so wehrlos zu machen, wie nur gerade möglich. Denn das, was da dräut, die Transformation europäischer Staaten zu illiberalen Demokraturen, funktioniert nur, wenn die Gesellschaft aus zersplitterten Gruppen besteht, die verwirrt genug sind, die eigentliche Entwicklung – und den Mangel, der dorthin lotste – nicht mehr erkennen zu können.

Dass Behnken beispielsweise den genannten Figuren des öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Bibel in die Hand drückt, indem sie sie zu Boten der Wahrhaftigkeit verklärt: Das vermag nur der schlimmste aller Schlimmen – das sind Kniffe, die lernt man in der Hölle, nicht im Theologiestudium und schon gar nicht in einer Kirche, die es ernstmeint mit der Kirche. Ob man das alles als teuflisch bezeichnen möchte oder – weil man es nicht mit dem Glauben hält – eher nicht, so bleibt eines doch unleugbar: Es gibt das Destruktive in der Welt, das Verwirrende und Verdrehende. Und es tritt gerne als das Anständige auf, das Ordnende und Gute – und seit geraumer Zeit auch als das Opfer, das man unbedingt beschützen sollte. Und als NGO, Stiftung oder andere philanthropische »Errungenschaft« …

Roberto De Lapuente

Roberto J. De Lapuente, Jahrgang 1978, ist gelernter Industriemechaniker und betrieb acht Jahre lang den Blog »ad sinistram«. Von 2017 bis 2024 war er Mitherausgeber des Blogs »neulandrebellen«. Er war Kolumnist beim »Neuen Deutschland« und schrieb regelmäßig für »Makroskop«. Seit 2022 ist er Redakteur bei »Overton Magazin«. De Lapuente hat eine erwachsene Tochter und wohnt in Frankfurt am Main.
Mehr Beiträge von Roberto De Lapuente →

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

Related Posts

Der Mainstream denkt um

In Frankreich ist Premier Bayrou mit seiner Vertrauensfrage gescheitert.  In den USA wurde Donald Trump wieder Präsident. Brandmauern gegenüber sogenannten Rechtspopulisten bieten immer weniger Schutz. Die politische Mitte verliert an Einfluss…

Die Lösung für unsere Probleme: Eine funktionierende Gewaltenteilung 

Wesentliche Grundvoraussetzung für eine funktionierende staatliche Gewaltenteilung ist ein ÖRR, der seinen in den Medienstaatsverträgen festgelegten Verpflichtungen tatsächlich gerecht wird. Eben diese werden Gegenstand im Revisionsverfahren gegen die einseitige Berichterstattung…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You Missed

Der Mainstream denkt um

  • Oktober 1, 2025
  • 5 views
Der Mainstream denkt um

Manchmal tritt der Teufel als Pastorin auf

  • Oktober 1, 2025
  • 5 views

Die Lösung für unsere Probleme: Eine funktionierende Gewaltenteilung 

  • September 30, 2025
  • 107 views
Die Lösung für unsere Probleme: Eine funktionierende Gewaltenteilung 

Stellungnahme zum Verfahren gegen den ÖRR vorm Bundesverwaltungsgericht.

  • September 30, 2025
  • 36 views

Europa und die Ukraine: An der Wurzel des Wahns lauert die Angst

  • September 30, 2025
  • 7 views
Europa und die Ukraine: An der Wurzel des Wahns lauert die Angst

Die Schwarze Erde der Ukraine und die verschwiegene Realität in einem ruinierten Land (Teil 1)

  • September 30, 2025
  • 9 views
Die Schwarze Erde der Ukraine und die verschwiegene Realität in einem ruinierten Land (Teil 1)