Tech Sinica – Chinas unermüdlicher Innovationsdrang

Chinas Innovationsschub erreicht 2025 seinen Höhepunkt. Kommen wir gleich zur Sache und konzentrieren wir uns auf vier entscheidende Bereiche.

Ein Beitrag von Pepe Escobar

Shutterstock/ Alessia Pierdomenico

1. Der Huawei-Faktor

Huawei testet bereits seine erste selbst entwickelte EUV-Lithografie-Maschine, mit der 3-nm-Chips hergestellt werden können. Die Testläufe im Forschungszentrum in Dongguan laufen auf Hochtouren, und die Massenproduktion soll 2026 beginnen.

Es kann gar nicht genug betont werden, wie sehr dieser chinesische Durchbruch – insbesondere im Bereich des laserinduzierten Entladungsplasmas (LDP) – die Spielregeln verändert. Er wird die Halbleitertechnologie grundlegend auf den Kopf stellen.

Die Physik hinter dem LDP von Huawei unterscheidet sich grundlegend von der Methode, die vom niederländischen Unternehmen ASML, das de facto eine Monopolstellung innehat, verwendet wird. Da es sich um China handelt, ist sie einfacher, kleiner und kostengünstiger.

Die Technologie von Huawei wird dieses Monopol zwangsläufig brechen und gleichzeitig Chinas Unabhängigkeit im Bereich der Chips festigen. Was die Kosteneffizienz angeht, so strebt Huawei an, EUV-Maschinen zu einem Bruchteil der Kosten von ASML (rund 350 Millionen Dollar pro Einheit) herzustellen und China mit selbst entwickelten 3-nm-Chips zu überschwemmen.

All dies geschieht, nachdem die sprichwörtlichen westlichen „Experten” nach den 2019 von Trump 1.0 verhängten Sanktionen diktiert hatten, dass China bis zu 15 Jahre brauchen würde, um aufzuholen. Schließlich sei die EUV-Technologie zu tief in der vom Westen kontrollierten Lieferkette verankert. Man ging davon aus, dass China niemals in der Lage sein würde, das Monopol zu brechen.

Nun, natürlich ist jedes Monopol zu brechen, wenn öffentlich-private Partnerschaften – in Wissenschaft und Technik – Milliarden von Dollar in Forschung und Entwicklung investieren, die besten Köpfe zusammenbringen und sich darauf konzentrieren, ein EUV-Ökosystem von Grund auf aufzubauen.

Hier geht es nicht nur um Technologie, sondern um ein geoökonomisches und geopolitisches Erdbeben. In ganz China wurde ernsthaft darüber diskutiert, dass es nur zwei bis drei Jahre dauern würde, um die Abhängigkeit von US-amerikanischer/westlicher Technologie zu beenden. Nun, Huawei und SMIC werden bereits im nächsten Jahr der Massenproduktion dieser 3-nm-Chips einen Schritt näher kommen. Es ist nicht schwer zu berechnen, wo die Zukunft der globalen Chipherstellung liegt.

Investieren Sie in Forschung und Entwicklung und erreichen Sie den Patent-Himmel

Nun zu Fan Zhiyong, Vizepräsident und Minister für geistiges Eigentum bei Huawei, der am vergangenen Dienstag auf dem 6. Innovations- und Geistiges-Eigentum-Forum des Unternehmens sprach.

Er erklärte, wie „von dem brandneuen Betriebssystem HarmonyOS 6 bis hin zum leistungsstarken Superknoten Atlas 950 unser Forschungs- und Entwicklungsteam bemerkenswerte Erfolge erzielt hat. Obwohl viele führende Software- und Hardwareprodukte umfangreiche Systemengineering-Projekte sind, bemühen wir uns nach Kräften, sie für alle zugänglich zu machen.“

Huawei veranstaltet fast jedes Jahr ein Forum zum Thema Innovation und geistiges Eigentum, auf dem die Bedeutung von offenem/geschütztem geistigem Eigentum diskutiert und die zehn wichtigsten Erfindungen des Unternehmens vorgestellt werden: In diesem Jahr waren dies unter anderem Superknoten, das Harmony-Betriebssystem, faltbare Bildschirme, optische Kurzstreckenverbindungen und Solid-State-Laufwerke der nächsten Generation.

Es ist kein Geheimnis, dass hinter all diesen Durchbrüchen umfangreiche Investitionen in Forschung und Entwicklung stehen. In den letzten fünf Jahren hat Huawei mehr als 20 % seines Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung investiert. Laut dem EU Industrial R&D Scoreboard 2024 liegt Huawei weltweit auf Platz 6 der Unternehmen mit den höchsten Forschungs- und Entwicklungsausgaben.

Huawei sieht diese Erfolge nicht als Weg zu einem „geschlossenen Garten”. Im Gegenteil: Die Strategie besteht darin, eine „offene Industrie” zu fördern, einschließlich der Einführung einer Reihe neuer Open-Source-Software und -Hardware.

Diese Offenheit spiegelt sich in der Tatsache wider, dass Huawei einer der weltweit größten Patentinhaber ist. Bis Ende 2024 hielt Huawei weltweit über 150.000 gültige autorisierte Patente, darunter über 50.000 chinesische Patente, über 29.000 Patente in den USA und 19.000 in Europa.

Und das bringt uns zu…

2. Vollständige technologische Selbstversorgung

Und natürlich steht dabei die KI im Mittelpunkt. Hier drei wichtige aktuelle technologische Entwicklungen:

  • A. Peking hat ausländische KI-Chips in allen staatlich finanzierten Rechenzentren des Landes verboten. Ausgenommen sind nur wenige private Unternehmen, die ihre eigenen Rechenzentren betreiben.
  • B. Lokale und regionale Regierungen wurden dazu ermutigt und subventionieren bereits die Stromrechnungen von KI-Rechenzentren. China hat gegenüber den USA einen entscheidenden Infrastrukturvorteil: günstige und extrem reichlich vorhandene Energie – wie ich es kürzlich auf meiner Reise nach Xinjiang gesehen habe. Das ist unerlässlich, um die Kosten für die Umstellung auf inländische Chips auszugleichen, die energieintensiver sind. Beispielsweise verbraucht das KI-Serversystem von Huawei – CloudMatrix 384 – mehr Energie als das NVL72-System von Nvidia.
  • C. Peking führt außerdem einen neuen, ehrgeizigen „AI Plus Manufacturing”-Plan ein, der Teil der umfassenderen AI Plus-Initiative ist.

Punkt A ist äußerst relevant, da Trump 2.0 darüber debattiert, ob Nvidia eine heruntergestufte Version seiner Blackwell-Chips nach China verkaufen darf. Jensen Huang, CEO von Nvidia, setzt sich mit aller Kraft dafür ein, da er verzweifelt versucht, den chinesischen Markt nicht endgültig an Huawei zu verlieren. Er verkündete bombastisch, dass China bei Halbleitern nur „Nanosekunden” hinter den USA zurückliege.

Punkt C ist ebenfalls äußerst relevant, da Peking, wie wir am Beispiel von Huawei gesehen haben, uneingeschränkt auf die Selbstversorgung mit KI-Chips setzt.

Peking verfolgt eine sehr clevere Strategie. Keine ausländischen Chips in Rechenzentren bedeutet einen de facto geschützten Markt für inländische Chip-Innovatoren, deren Chips mit der Leistung ausländischer Chips mithalten können. Das ist ein gewaltiger Anreiz.

Li Lecheng, Minister für Industrie und Informationstechnologie (MIIT), hat angekündigt, dass das MIIT in Kürze einen „AI Plus Manufacturing”-Plan veröffentlichen wird, dessen Schwerpunkt auf der Einführung von KI-Upgrades in Schlüsselindustrien, der Ausweitung von intelligentem assistiertem Design, virtueller Simulation und frühzeitiger Fehlererkennung, der Förderung brandneuer KI-fähiger Mobiltelefone und Computer sowie der Beschleunigung der Forschung und Entwicklung für Intel-Geräte der nächsten Generation wie humanoide Roboter und Gehirn-Computer-Schnittstellen liegt.

Kurz gesagt: So will Peking KI in allen Bereichen der chinesischen Wirtschaft implementieren. Es handelt sich um eine uneingeschränkte Innovationsstrategie. Sanktionen? Welche Sanktionen?

Was ein stabiles und widerstandsfähiges China erreichen kann

3. Saubere Energie

Diese Revolution ist bereits im Gange – China hat den gesamten Westen überholt und beispielsweise fast 900 Gigawatt Solarleistung installiert, mehr als die USA und die EU zusammen.

Im vergangenen Jahr erzeugte China 1826 Terawattstunden Strom aus Solar- und Windenergie – das entspricht dem Fünffachen der Energie aller seiner Atomsprengköpfe.

Ja: Das ist eine zertifizierte Energiesupermacht.

4. Eine Big-Data-Plattform zur Frühwarnung

Das Nanjing Research Institute of Electronics Technology – Chinas führendes Zentrum für Verteidigungselektronik und trotz US-Sanktionen ein wichtiger Innovationsknotenpunkt – entwickelt eine bahnbrechende „verteilte Big-Data-Plattform zur Frühwarnung“, mit der weltweit bis zu 1.000 Raketenstarts in Echtzeit verfolgt werden können.

Die Plattform führt Daten aus einer Vielzahl von weltraum-, luft-, see- und bodengestützten Sensoren zusammen und nutzt fortschrittliche Algorithmen, um Sprengköpfe von Täuschkörpern zu unterscheiden und über sichere Netzwerke Maßnahmen einzuleiten.

Das System integriert buchstäblich alles: fragmentierte, heterogene Datenströme aus verschiedenen Quellen – Radargeräte, Satelliten, optische und elektronische Aufklärungssysteme –, unabhängig davon, woher sie stammen und wann sie gesendet wurden.

Hinweis auf die Integration des Systems mit Abfangraketen. Während der Militärparade zum Tag des Sieges im vergangenen September in Peking präsentierte China eine neue Generation von Luftabwehr- und Raketenabwehrraketen, darunter die HQ-29, die feindliche Raketen außerhalb der Atmosphäre abfangen kann. Man könnte es als chinesischen Dragon Dome bezeichnen.

Dies sind nur vier Vektoren innerhalb der konzertierten chinesischen Technologieoffensive, einem der Schlüsselthemen des nächsten Fünfjahresplans, der im März nächsten Jahres bei den „Zwei Sitzungen” in Peking verabschiedet werden soll.

Kommen wir nun zu Ronnie Chan, dem emeritierten Vorsitzenden der Asia Society und Vorsitzenden ihres Hongkong-Zentrums. Er ist einer dieser sympathischen Mitglieder der Hongkonger Elite der alten Schule, die schon alles gesehen haben – und in der Lage sind, die Zukunft auf scharfsinnige und charmante Weise zusammenzufassen. Was er kürzlich bei einem Seminar der Shanghai Development Research Foundation sagte, könnte nicht treffender sein.

Nehmen wir nur drei wichtige Punkte heraus:

  1. „Das chinesische Volk ist widerstandsfähig und geduldig. Solange die innere Stabilität gewahrt bleibt, stärkt der Druck von außen nur seine Ausdauer (…). In dieser Rivalität zwischen China und den USA wird es keinen wirklichen Gewinner geben, aber die Seite, die am Ende länger durchhält, wird China sein.“
  2. „Chinas Wirtschaft ist nicht übermäßig finanzorientiert und basiert weiterhin auf der Realwirtschaft. Nur wenn die Produktion stark ist, kann ein Land stabil und widerstandsfähig bleiben.“
  3. „China muss ruhig bleiben – weder blind optimistisch noch blind pessimistisch. China verfügt über einen riesigen Markt, eine vollständige Industriekette und eine fleißige Bevölkerung. Solange die innere Stabilität erhalten bleibt, kann es durch äußeren Druck nicht besiegt werden. Die wirklichen Chancen liegen nicht im Immobilien- oder Finanzsektor, sondern im Dienstleistungssektor und in der innovationsgetriebenen Realwirtschaft.“

Es gibt kein chinesisches „Wunder“: Es geht nur um Planung und harte Arbeit. Und nun zur nächsten Stufe: Innovation ohne Grenzen.

Quelle: uncutnews.ch

Pepe Escobar ist ein brasilianischer investigativer Journalist. Er analysiert geopolitische Zusammenhänge. Er schrieb regelmäßig zwischen 2010 und 2014 die Kolumne „The Roving Eye“ für die Asia Times Online. In Brasilien schrieb er für die Zeitungen Folha de S. Paulo, O Estado de S. Paulo und Gazeta Mercantil.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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