Ein Artikel von Andrea Drescher.
Vor ein paar Tagen schickte mir eine Friedensfreundin Informationen zum „Fall“ Dennis DuVall. Auf der Webseite The Nuclear Resister erfuhr ich folgendes: „Am 31. Oktober [2024] beabsichtigt Deutschland die Ausweisung des 82-jährigen US-Bürgers Dennis DuVall, wohnhaft in Radeberg, Deutschland, Mitglied der Veterans For Peace und Widerstandskämpfer gegen die auf dem NATO-Stützpunkt Büchel in Deutschland stationierten thermonuklearen US/NATO-Bomben.
In der deutschen Ausweisungsverfügung wird DuValls Atomwiderstand als ernsthafte Bedrohung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung bezeichnet. DuVall ist der Ansicht, dass er rechtlich verpflichtet ist, sich der Planung und Vorbereitung eines Atomkriegs auf dem NATO-Stützpunkt Büchel zu widersetzen. Denn dies stellt einen Verstoß gegen internationales Recht und ein Verbrechen im Sinne der Nürnberger Charta und Grundsätze dar..
„B61-12-Atombomben und F35-Kampfflugzeuge in Büchel werden die NATO näher an einen Krieg heranführen“, warnt DuVall, „und die erneute Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland ist auch ein Alarmsignal für einen größeren europäischen Krieg.“
Da ich nicht glauben konnte, dass es in Deutschland zu einer Ausweisung kommt, weil jemand für Frieden und gegen den US-Standort Büchel protestiert hat, nahm ich Kontakt zu seiner Frau Michelle auf. Von ihr erfuhr ich die Hintergründe des Falles.
Dennis (82) und Michelle (72) leben seit November 2017 in Deutschland, zuerst in der Nähe von Nürnberg, jetzt im Raum Bautzen. Die beiden US-amerikanischen Rentner, die von ihren Pensionen aus den USA leben und weder dem deutschen Staat noch dem Steuerzahler zur Last fallen, sind nach Deutschland übersiedelt, da drei von vier Kinder und mehrere Enkel von Michelles erstem deutschen Ehemann hier leben. Sie wollte näher bei ihrer Familie sein, ihr Mann Dennis, den sie 2017 geheiratet hat, ging mit ihr.
Beiden waren bereits in den USA in der Anti-Atombewegung – ob als Kraftwerk oder als Bombe, die Atomenergie war für den studierten Politikwissenschaftler überall ein Dorn im Auge. Die Gefahr eine Atomkrieges wird – auch in Verbindung mit dem zunehmend intensiveren Drohnenkrieges – immer wahrscheinlicher. Darum musste er sich auch in Deutschland engagieren – es war und ist seine Passion.
Er lernte Menschen aus der Friedensbewegung kennen, die gegen die Atomwaffen in Deutschland protestierten und wurde aktiv. Das führte zu mehreren Verhaftungen und er wurde zwei Mal verurteilt.
In der deutschen Ausweisungsverfügung heißt es lt. seiner Frau zu DuValls Atomwiderstand: „Eine gegenwärtige und schwerwiegende Bedrohung wichtiger Rechtsgüter und damit eines durch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit geschützten Grundinteresses der Gesellschaft ist in Ihrem Fall zu bejahen.“ Er erhielt über 90 Tagessätze, was die „Abschiebung rechtlich möglich macht.
Ok. Dennis Duvall soll nicht nur wegen passiven Protestes abgeschoben werden. Zäune zu durchbrechen und den Boden zu besprühen, ist aktiver Protest – das kann Konsequenzen haben, derer sich die Protestierenden wohl auch bewusst sind.
Und um es ironisch zu verpacken:
Messerstechereien und Vergewaltigungen sind ja nachgerade harmlos im Vergleich zu diesen staatswohlgefährdenen Straftaten. Wer eine dermaßen gravierende Sachbeschädigung begeht und deutschen Boden verschandelt, ist wahrlich ein Verbrecher, der die Sicherheit Deutschlands gefährdet.
Ob sich Dennis DuVall am Flughafen einfach weigern sollte, um sich seiner Abschiebung zu entziehen? In dem Fall kann ich nur hoffen, dass im Landratsamt Bautzen ähnliche Vorgaben wie in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen. Wie man bei der Welt oder bei Boris Reitschuster erfahren kann, gibt es da einen sehr freundlichen Erlass:
„Wenn sich der Betroffene weigert in das Flugzeug zu steigen bzw. auf eine andere Art versucht, sich der Abschiebung zu widersetzen (aktiver/passiver Widerstand), kann dieser auf freien Fuß gesetzt werden und eigenständig zu der ihm zugewiesenen Unterkunft zurückreisen. Der Betroffene hat sich umgehend bei der für ihn zuständigen Ausländerbehörde zu melden.“ …Heißt: Wer sich bei der Abschiebung wehrt und dabei selbst vor gewalttätigem Widerstand gegen Polizisten nicht zurückschreckt, wird am Ende noch dafür belohnt!“
Dennis DuVall ist mit seinen 82 Jahren eher nicht der Typ, der gewaltätigen Widerstand leisten wird. Er wird von einer Anwältin begleitet, die vermutlich die rechtlichen Schritte gehen wird.
Für Sie als Leser dieses Artikels bleiben folgende Möglichkeiten der Unterstützung:
Im Fall, dass Sie sich schriftlich äußern, erwähnen Sie neben dem Namen Dennis DuVall auch sein Geburtsdatum, den 01.01.1942.
Es liegt an auch uns, dass die US-amerikanischen B61-12-Atombomben aus Büchel abgezogen werden und die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland endlich beendet wird. Darüberhinaus muß verhindert werden, dass die USA ab 2026 Langstreckenraketen und Marschflugkörper in Deutschland stationieren.
Außer man möchte, dass Deutschland zum Zielgebiet in einem eskalierenden Krieg zwischen der NATO und feindlichen Drittstaaten wird. Aber wer will das schon?
Um es mit den Worten von Nuclear Resister zu sagen
„Keep Dennis DuVall in Germany and kick American bombs out!“
Dieser Artikel erschien erstmals bei tkp.
Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt seit Jahren in Oberösterreich. Sie ist Unternehmensberaterin, Informatikerin, Selbstversorgerin, Friedensaktivistin, Schreiberling und Übersetzerin für alternative Medienprojekte sowie seit ihrer Jugend überzeugte Antifaschistin. Zuletzt erschien von ihr „Vor der Impfung waren sie gesund“, sie publizierte das Buch „Menschen mit Mut“, in dem mehrere Autoren Interviews mit Persönlichkeiten der Friedensbewegung führen sowie das Sachbuch „Selbstversorgertipps von Oma & Co.“
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