Seit Tagen verschwinden inhaftierte Gegner von Russlands Präsident Wladimir Putin. Bahnt sich womöglich ein großer Gefangenenaustausch an?
In Russland mehren sich Nachrichten einer ungewöhnlichen Verlegung von politischen Gefangenen. Der prominente Oppositionspolitiker Ilja Jaschin sei nun ebenfalls aus dem Straflager Nummer drei im Gebiet Smolensk in eine unbekannte Richtung weggebracht worden, teilte seine Anwältin Tatjana Solomina mit. Zuvor hatten unabhängige russische Medien auch über die Verlegung anderer politischer Gefangener berichtet.
Insgesamt gab es Stand Dienstag sechs bekannte Verlegungen, darunter der Menschenrechtler Oleg Orlow von der Organisation Memorial und die Künstlerin Alexandra Skotschilenko. Alle sind Gegner des Krieges in der Ukraine und erhielten langjährige Strafen. Der Westen hatte die Urteile als Justizwillkür kritisiert und die Freilassung der Gefangenen gefordert.
An andere unbekannte Orte gebracht wurden den Berichten nach auch die früheren Leiterinnen der Regionalstäbe des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny. Wo Lilija Tschanyschewa, die in Ufa für Nawalny gearbeitet hatte, und Xenia Fadejewa aus Tomsk sind, darüber hatten aber weder Anwälte noch Angehörige den Berichten zufolge Informationen. Nicht erst seit dem Tod Nawalnys, der in ein Straflager in die Arktisregion verlegt worden war und dort starb, sind die Sorgen um die wegen ihrer kremlkritischen Ansichten inhaftierten Gefangenen groß.
«Allem Anschein nach stehen wir vor einem sehr großen Austausch mit den Amerikanern (und nicht nur da)», schreibt die Politologin Tatjana Stanowaja in ihrem Nachrichtenkanal bei Telegram. Näher führte sie ihre Aussage nicht aus, postete die Nachricht aber inmitten sich häufender Nachrichten über das Verschwinden inhaftierter Kremlgegner.
Präsident Putin, der in der Kritik steht, politische Gefangene als Geiseln zu nutzen, um Russen aus westlichen Gefängnissen freizupressen, hatte zuletzt wiederholt die Bereitschaft zu einem Austausch erklärt. Die USA wollen etwa die Freilassung des wegen Spionage verurteilten Korrespondenten Evan Gershkovich vom «Wall Street Journal» erreichen.
Aus Belarus kam indes die Nachricht, dass sich die Behörden mit dem Gnadengesuch eines zum Tode verurteilten Deutschen befassen. Präsident Alexander Lukaschenko ließ sich nach Berichten von Staatsmedien in Minsk über den Fall unterrichten. Zuvor gab es Spekulationen, dass der Deutsche gegen den «Tiergarten-Mörder» ausgetauscht werden könnte.
(red/dpa)