Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), findet in einem Interview klare Worte für Olaf Scholz (SPD). Er kritisiert den Umgang des Bundeskanzlers mit der aktuellen Wirtschaftskrise und sagt mit Blick auf die Wirtschaftspolitik der Ampelregierung: „Es waren zwei verlorene Jahre.“
Aufgrund fehlgeleiteter Politik wachse die deutsche Industrie deutlich langsamer als fast alle vergleichbaren Länder und viele EU-Nachbarn, sagte Russwurm der „Süddeutschen Zeitung“. Dass niemand die Alarmglocke läute, liege vor allem daran, dass sich in Deutschland auf veraltete Indikatoren verlasse.
Wer in der Vergangenheit habe wissen wollen, wie es der Wirtschaft geht, habe die Arbeitslosenquote betrachtet, so Russwurm. War sie niedrig, sei das ein gutes Zeichen gewesen. War sie hoch, galt das als Alarmsignal. „Dieser Indikator ist aber heute wegen der demografischen Entwicklung längst nicht mehr intakt. Das Wirtschaftsministerium sollte sein Augenmerk viel mehr darauf richten, wie viel investiert wird. Und da sieht es weniger gut aus.“
Der BDI- Präsident verlangt eine ehrliche Debatte darüber, welche Industrien sich Deutschland angesichts der veränderten Weltlage noch leisten könne und wolle – und zu welchen Bedingungen. Klar ist aus seiner Sicht, dass manche Industrie mittelfristig aus Deutschland verschwinden werde. Als Beispiel nannte er die Ammoniak-Herstellung.
Zwar gefielen ihm die hohen Summen, die weltweit an Halbleiterfirmen ausgeschüttet würden, nicht. „Aber wenn Deutschland hier den einzigen Aufrechten gibt, der sich dem Spiel verweigert, dann gehen wir nicht nur bei Fabriken leer aus, sondern uns geht auch extrem wichtiges Know-how verloren“, sagte Russwurm weiter.