Hessischer Rundfunk auf Sparkurs: Weniger Wellen, Eigenproduktion und Mitarbeiter

Der Hessische Rundfunk baut in den nächsten Jahren seine Hörfunk-Sparte großflächig um und sieht sich zum Sparen gezwungen. Die Pläne werden der Hörerschaft und den Beschäftigten viel abverlangen, wie der Mediendienst Kress berichtet.

shutterstock / Stock-Asso

Der Hessische Rundfunk (HR) baut radikal um. Der Anteil des linearen Fernseh- und Radioprogramms am Gesamtbudget des HR soll kleiner werden. Bislang machte er etwa drei Viertel aus, bis 2032 soll er deutlich sinken. Profitieren sollen digitale Angebote und der Bereich „Community und Dialog“, der sich beispielsweise um Veranstaltungen kümmert. Aber auch insgesamt soll der Sender schrumpfen und Personal und Flächen einsparen. Die Pläne wurden laut dem Portal am Mittwoch der Belegschaft vorgestellt. „Die Radionutzung sinkt seit zwanzig Jahren um ein Prozent jährlich, bei jüngeren Menschen sogar um 2,5 Prozent“, wird Martin Lauer, stellvertretender Programmdirektor und im HR zuständig für die Umsetzung der Radiostrategie zitiert. Es werde Radioangebote brauchen und geben, die konsequent an der Zielgruppe Ü50 und deren Nutzungsverhalten ausgerichtet sind, so Lauer weiter.

Von den sechs selbstproduzierten Radiowellen stehen bis 2032 drei zur Disposition, so der Medinedienst. Zwei davon sollen aus dem Pool der Popularwellen stammen, also YouFM, HR3, HR1 und HR4. Von den wortlastigeren Sendern HR2 und HRinfo soll dann nur einer komplett selbst produziert werden. Im gesamten Haus sollen bis 2032 15 Prozent der Stellen wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen schließ man „derzeit“ laut Programmdirektorin und stellvertretende Intendantin Gabriele Holzner aus. Auch die tarifvertraglichen Verpflichtungen mit den freien Mitarbeitern wolle man einhalten. Um den Personalabbau zu stemmen, sollen „natürliche Fluktuationen“ genutzt, also Stellen, die frei werden, nicht nachbesetzt werden.

Mit dem Sparkurs und der konsequenten Digitalisierung wolle der HR jenen Gruppen ein Angebot machen, die öffentlich-rechtliche Inhalte bislang kaum nutzen: “Wir haben den Auftrag, alle Menschen zu erreichen. Das tun wir aber nicht“, so Programmdirektorin Holzner.

Warum ausgerechnet der Radiobereich so dezimiert werden soll, sei für viele aus der Belegschaft nur schwer zu verstehen: „Jeder Zeitungsverleger, der nur ein Prozent Einbußen pro Jahr zu verzeichnen hätte, wäre glücklich“, heißt es bei Kress. Radio werde immer noch vergleichsweise viel gehört. Auch die erheblichen Einschränkungen bei YouFM, dem Sender mit der jüngsten Zielgruppe, stoßen auf Unverständnis. Warum man den einzigen Sender, der im Augenblick noch unter 50-Jährige anspreche, als ersten de facto einstelle, sei vielen Beschäftigten ein Rätsel.

In der Belegschaft gehe die Sorge um, dass für die „Daseinsberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, die gute, regionale Berichterstattung, nach den Umstrukturierungen nicht mehr ausreichend Ressourcen da sein werden, betont das Portal. Auch die Qualität der digitalen Produkte würden leiden, wenn im Linearen gespart werde, weil dort viel Material von den Radio- und Fernsehprogrammen wiederverwendet werde: „Viele befürchten eine Abwärtsspirale. Wenn das Programm immer mehr zusammengespart und dadurch schlechter wird, wird die Nutzung noch weiter sinken, was wiederum zu Einsparungen führen wird“, heißt es aus der Belegschaft.

Das befürchtet laut dem Mediendienst auch der Landesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands Hessen, Knud Zilian: „Ich sorge mich um die glaubwürdige Erfüllung des gesetzlich verbrieften Auftrags, die jetzt schon gefährdet ist und mit den geplanten Maßnahmen zunehmend ausgehöhlt wird.“ Die Pläne seien eine als Strategie getarnte Sparrunde ohne inhaltliche Perspektive. Zilian fordert, zunächst eine glaubwürdige Digitalstrategie zu entwickeln, bevor „man die Axt ans Radio legt“.

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