Trend bei Nachrichtenkonsum – Publikum beteiligt sich weniger

Das Publikum digitaler Medien kommentiert, teilt oder bespricht Nachrichten in immer geringerem Ausmaß. Das zeigt laut der Süddeutschen Zeitung (SZ) eine Analyse von Wissenschaftlern um Sacha Altay von der Universität Zürich. Darüber berichten die Forscher im Fachjournal new media & society. Das Team um Altay wertete Daten aus dem Digital News Report aus. Zwischen 2015 und 2022 gaben für diesen 577 859 Teilnehmer aus 46 Ländern Auskunft über ihren Nachrichtenkonsum und ihr damit verknüpftes Verhalten. In den meisten Ländern sank demnach das Engagement der Leser und Leserinnen. In zehn Staaten blieb dieser im Schnitt weitgehend unverändert – darunter auch in Deutschland. In vier Ländern, darunter Kanada und Belgien, stieg die Beteiligung des Publikums durch Kommentare oder andere Formen der Partizipation hingegen.

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Die SZ weist darauf hin, dass die Wissenschaftler insgesamt im Durchschnitt einen Rückgang beobachtet haben. Das Teilen von Nachrichten in sozialen Medien ging laut der Studie um 29 Prozent zurück. Auch die Häufigkeit von Kommentaren auf diesen Plattformen nahm bei Nachrichteninhalte um 26 Prozent ab. Sogar der persönliche Austausch mit Freunden, Bekannten oder Kollegen über Nachrichteninhalte wurde um 24 Prozent seltener. Hier nahm einzig die Bedeutung von Messenger-Apps wie WhatsApp, Signal und anderen zu: 2022 wurden hier um 20 Prozent häufiger nachrichtliche Inhalte geteilt als 2015. Insgesamt gaben 19 Prozent der Befragten an, dass sie Nachrichten grundsätzlich weder teilen noch liken, kommentieren oder im analogen, echten Leben in irgendeiner Form besprechen.

Besonders ausgeprägt war der Rückgang des beschriebenen Engagements unter Probanden, die ohnehin kein Vertrauen in Nachrichtenangebote haben, unter Personen ohne Universitätsabschluss sowie unter Frauen, so die Zeitung. Insgesamt fanden sich im engagierten Nachrichtenpublikum unter anderem besonders viele junge Menschen, solche mit mindestens einem Bachelor-Abschluss und Personen, die sich ohnehin stark für das Weltgeschehen interessieren.

Die Wissenschaftler um Altay weisen auf mögliche Ursachen des Trends hin. So haben Social-Media-Unternehmen wie Facebook ihren Algorithmus derart angepasst, dass Nachrichten weniger prominent in den Timelines der Nutzer auftauchen und andere Inhalte mehr Aufmerksamkeit bekommen. Zugleich haben klassische Nachrichtenanbieter oft die Kommentarfunktionen auf ihren Seiten eingeschränkt oder abgeschafft und Inhalte hinter Bezahlschranken gestellt.

Andere Studien haben laut SZ gezeigt, dass sich weltweit eine wachsende Zahl von Menschen ganz aus den Nachrichten und dem Weltgeschehen ausklinkt. Vermutlich liege das auch daran, so die Forscher, dass viele dem steten Strom negativer Nachrichten entgehen wollen. Dazu passt eine Beobachtung der Wissenschaftler um Altay: Demnach ist das Engagement des Publikums in den Ländern besonders stark gesunken, die während des Untersuchungszeitraums eine starke politische Polarisierung erlebt haben. Wo das Meinungsklima aufgeheizt ist, halten sich viele wohl mit Kommentaren zu politischen Themen zurück und teilen diese auch nicht – aus Furcht vor dem damit verbundenen Gegenwind.

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