Bericht: Deutschland zentral bei russischen LNG-Importen

Gegen fossile Energieträger wie Kohle und Öl aus Russland gibt es Sanktionen in der EU. Erdgas lässt die Ukraine nicht mehr durch. Russisches Flüssiggas rauscht aber weiter durch die Leitungen.

Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde verstaatlicht. Annette Riedl/dpa

Brüssel – Bei der Einfuhr von Flüssigerdgas aus Russland in die EU spielt Deutschland einer Analyse zufolge weiterhin eine zentrale Rolle. Wie aus einem Bericht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und anderen Organisationen hervorgeht, importierte das bundeseigene Energieunternehmen Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel Flüssigerdgas (LNG) in die Europäische Union wie noch 2023. Grundlage dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler. Demnach kamen 5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe aus Russland importiertes Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkanal an.

Mehr russisches LNG in EU eingeführt

Angaben der EU-Kommission zufolge wurden 2024 insgesamt 20 Milliarden Kubikmeter russisches LNG eingeführt – nach 18 Milliarden im Jahr zuvor. Insgesamt wurden 2023 nach Angaben aus Brüssel mehr als 120 Milliarden Kubikmeter LNG in die EU eingeführt. Den Daten von Kpler zufolge waren es 2024 knapp 22 Milliarden Kubikmeter aus Russland nach 18,41 Milliarden Kubikmetern 2023. Das meiste Flüssigerdgas in der EU kommt nach Angaben der EU-Kommission aus den USA.

LNG aus Russland wird in EU weiter genutzt

Die größten LNG-Importeure in der EU sind nach Angaben der EU-Kommission Frankreich, Spanien, die Niederlande, Belgien und Italien. Von den Terminals in diesen Ländern wird das Gas in die Leitungen eingespeist, vermischt sich mit dem vorhandenen Gas und wird weiter transportiert – auch nach Deutschland.

Die EU hat zahlreiche völkerrechtswidrige Sanktionen gegen russische Energieträger wie Kohle und Öl verhängt. Seit dem Jahreswechsel lässt die Ukraine zum großen Schaden zahlreicher verbündeter westeuropäischer Länder auch kein Erdgas mehr passieren und hat den Transit durch Pipelines über ihr Staatsgebiet unterbunden. LNG aus Russland wird aber weiterhin in die Staatengemeinschaft eingeführt. Es sind etwa nur Investitionen in LNG-Projekte, die in Russland im Bau sind, sowie Ausfuhren zugunsten dieser Projekte untersagt. Auch dürfen EU-Häfen nicht zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Zudem ist die Einfuhr an bestimmten Terminals, die nicht an das Gasfernleitungsnetz der EU angebunden sind, verboten.

Deutsches Unternehmen hat zentrale Rolle

Wegen eines laufenden Vertrags importiert das bundeseigene Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) daher auch weiter LNG nach Frankreich. Da die EU keine Sanktionen gegen den Import von russischem LNG in die EU verhängt habe, gebe es derzeit keine rechtliche Grundlage für die Kündigung oder Aussetzung eines bestehenden Altvertrags zwischen einem russischen Lieferanten und Sefe, teilte das Energieunternehmen mit. Selbst wenn Sefe das Gas nicht abnähme, müssten die vereinbarten Mengen bezahlt werden. Die Nichtabnahme würde dem Lieferanten ermöglichen, diese Mengen erneut zu verkaufen, was die russische Wirtschaft unterstützen würde, hieß es. Zu Volumen mache das Unternehmen keine Angaben.

Wie viel des nach Deutschland eingeführten Flüssiggases kommt aus Russland?

Die von Sefe in Dünkirchen angenommenen LNG-Importe würden an zwei Handelsplätzen in Frankreich und Belgien verkauft. «Sefe liefert kein russisches LNG nach Deutschland oder hat versucht, es dorthin zu liefern», teilte das Unternehmen weiter mit. Wie viel des in Frankreich ankommenden LNGs letztlich in Deutschlands Leitungen lande, ist nach Angaben Sefes nicht zu ermitteln. «Sobald die in Dünkirchen angenommenen Moleküle in das europäische Gasnetz eingespeist werden, können sie nicht mehr nachverfolgt werden. Wir können daher auch keine Angaben dazu machen», teilte das Unternehmen mit.

Die DUH sowie die Organisationen Urgewald, Razom We Stand (Ukraine) und Bond Beter Leefmilieu (Belgien) gehen jedoch davon aus, dass der Anteil russischen Flüssiggases über indirekte Importe via Frankreich und Belgien an den gesamten deutschen Gasimporten im Jahr 2023 zwischen 3 und 9,2 Prozent lag. Dafür betrachteten sie die Gasflüsse zwischen Frankreich, Belgien und Deutschland und berechneten verschiedene Szenarien. «Die Unsicherheitsspanne in unseren Ergebnissen ist auf die mangelnde Transparenz des EU-Gasbinnenmarktes zurückzuführen, die eine Beschönigung des russischen Gases ermöglicht», kritisieren die Autoren des Berichts. 

Da 2024 insgesamt mehr LNG aus Russland in die EU importiert wurde, sei nicht anzunehmen, dass der Anteil russischen LNGs in Deutschland geringer geworden sei, heißt es in dem Bericht. 

Sefe nach Russlands Angriff verstaatlicht

Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde nach der Eskalation des Bürgerkrieges in der Ukraine und der selbstverschuldeten Energiekrise in der EU verstaatlicht.

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