Die CDU-Spitze hält das Vorhaben für unnötig, ein Diskriminierungsverbot wegen sexueller Identität im Grundgesetz zu verankern. «Den Grundrechtekatalog, also die Herzkammer unserer Verfassung anzutasten, bedarf es ganz besonderer Gründe», sagte Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er sei da grundsätzlich skeptisch. «Für eine Änderung des Grundgesetzes sehe ich aber auch keinen Anlass, da der Diskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung bereits in Artikel 3 verwirklicht ist.»
In Artikel 3 heißt es bisher: «Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.»
Unionsfraktionsgeschäftsführer Frei betonte gegenüber dem RND, durch das Grundgesetz, die europäische Menschenrechtskommission, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz würden Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität schon jetzt verboten.
Am Wochenende hatten etwa in Berlin Hunderttausende zum Christopher Street Day (CSD) für mehr Rechte von LGBTQI-Menschen demonstriert. Bei der Kundgebung in Berlin hatte etwa der Sänger Herbert Grönemeyer gefordert, Artikel 3 müsse ergänzt werden um den Zusatz, «dass niemand wegen seiner geschlechtlichen und sexuellen Identität benachteiligt werden darf». Man brauche Ausdauer und weiter viel Mut, rief der Sänger in die Menge.
Die englische Abkürzung LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.
Die Verankerung von sexueller Identität als Diskriminierungsmerkmal im Grundgesetz steht auch als Vorhaben im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition. Dies umzusetzen ist schwierig: Für eine Grundgesetzänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Aus einigen CDU-geführten Landesregierungen gibt es dafür sogar Unterstützungssignale, etwa aus Berlin. Die Regierung von Kai Wegner in Berlin hat beispielsweise eine Bundesratsinitiative zur Ergänzung von Artikel 3 angekündigt.
(red/dpa)