EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und mehrere Europaabgeordnete haben sich am Mittwoch mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban einen heftigen mehrstündigen Schlagabtausch im Europaparlament geliefert. Die Vorwürfe: Vetternwirtschaft, Missbrauch von EU-Geldern und Ungarn als Einfallstor für russische und chinesische Interessen.
Orban kritisierte in Straßburg die aus seiner Sicht gescheiterte EU-Migrationspolitik. In Kritik der Rednerinnen und Redner – die unter anderem aus den Reihen der Christdemokraten, Liberalen, Sozialdemokraten kam – sieht er Lügen und Propaganda.
Von der Leyen schlug in ihrem Redebeitrag zurück: Die ungarische Regierung habe Schleuser vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, Russen ohne zusätzliche Sicherheitschecks ins Land gelassen und der chinesischen Polizei erlaubt, in Ungarn zu arbeiten. „Das ist keine Verteidigung der Souveränität Europas“, erklärte sie. „Das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung.“
Die Europäische Kommission wirft Ungarn schon länger vor, europäische Werte zu verletzen. Kritisiert werden unter anderem mangelnde Rechtsstaatlichkeit und die Einschränkung der Meinungsfreiheit. Jüngst hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass sich Ungarn nicht an EU-Recht hält und eine Millionenstrafe verhängt.
Von der Leyen warf Orban indirekt vor, sich nicht an sein Wort zu halten, indem er stets bemüht sei, nach Wegen zu suchen, um russische Energie zu kaufen, während alle Staats- und Regierungschefs nach dem Beginn des Ukraine-Konflikts beschlossen hatten, sich unabhängig von russischen Energielieferungen zu machen.
In seiner Rede forderte Orban als Reaktion auf illegale Migration in die EU regelmäßige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Schengenstaaten. Es bestehe das Risiko, dass der eigentlich grenzkontrollfreie Schengen-Raum auseinanderbreche, betonte er. Konkret will Orban Asylverfahren künftig in Staaten außerhalb der EU in externen „Hotspots“ durchführen lassen.
Illegale Migration führe zu wachsendem Antisemitismus, wachsender Gewalt gegen Frauen und wachsender Homophobie, behauptete Orban. Der seit Jahren wachsende Migrationsdruck sei eine signifikante Belastung – insbesondere für Mitgliedstaaten mit einer EU-Außengrenze. Das aktuelle europäische Asylsystem funktioniere einfach nicht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erwiderte in einer Rede, zur Durchsetzung einer europäischen Lösung gebe es das neue Migrations- und Asylpaket, das nun umgesetzt werden müsse.
(red/dpa)