Die europäische Fischereiindustrie und EU-Landwirte wehren sich in Frankreich und Spanien gemeinsamen gegen das „Brüsseler Diktat“. Bei den Demonstrationen wird unter anderem eine Überarbeitung der europäischen Umweltstandards verlangt.
„Europêche teilt voll und ganz die Frustration der Landwirte über die unausgewogene und nicht praktikable europäische Politik, die unsere Unternehmen in der gesamten EU stranguliert“, wird Daniel Voces de Onaíndi, Generaldirektor von „Europêche“, der wichtigsten Interessenvertretung der industriellen Fischerei in Europa, von dem Nachrichtenportal Euractiv zitiert.
Am Samstag demonstrierten Landwirte und Fischer gemeinsam im Norden Frankreichs, in Boulogne-sur-Mer, Frankreichs wichtigstem Fischereihafen. An der beispiellosen Aktion nahmen laut dem Portal 150 Traktoren und mehrere Dutzend Fischer teil. Die Demonstranten forderten ein Ende der Umweltstandards und der europäischen Bürokratie sowie eine Erhöhung der Einkommen.
Europêche ist demzufolge der Ansicht, dass die europäischen Fischer und Landwirte „gemeinsame Sorgen“ über die übermäßigen europäischen Vorschriften hätten. Diese würden sowohl durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als auch durch die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) auferlegt.
Die Importe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die EU nehmen zu, warnt die Fischereiindustrie. 70 Prozent der in Europa konsumierten Meeresfrüchte würden aus Drittländern eingeführt. Europêche ist der Ansicht, dass beide Sektoren ihre Wettbewerbsfähigkeit angesichts der internationalen Konkurrenz wiedererlangen müssen.
Die spanischen Fischer wenden sich ihrerseits gegen Fischimporte aus Marokko, berichtet das Portal. Die Erneuerung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Marokko, das aus rechtlichen Gründen vorübergehend blockiert war, könnte 2024 wieder aufgenommen werden. Diese Frage stehe im Mittelpunkt der Forderungen.
Neben den Standards und dem Freihandel fordern die Fischer genau wie die Landwirte eine Erhöhung ihrer Löhne und eine Senkung der Kraftstoffsteuern. Euractiv weist darüber hinaus auf fischereispezifische Probleme wie die Folgen des Brexits, durch den Berufsfischern große Fanggebiete in Europa entzogen wurden. Ein Viertel der französischen Fänge sein in britischen Gewässern gemacht worden.
In den vergangen Wochen habe die Kommission den Landwirten Vereinfachungsmaßnahmen und Ausnahmeregelungen von der GAP gewährt, so das Portal. Der europäische Fischereisektor fordere die EU-Behörden ebenfalls auf, „die unterschiedlichen Ziele des europäischen Grünen Deals und der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU durch eine Stärkung der sozioökonomischen Dimension und der Lebensmittelsicherheit wieder ins Gleichgewicht zu bringen“, zitiert das Portal Europêche.