Im «besten Deutschland» aller Zeiten – Großbaustelle Wohnungsbau: 320.000 Wohnungen jährlich nötig

  • POLITIK
  • März 22, 2025
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400.000 Wohnungen pro Jahr wollte die Ampel-Regierung bauen, geworden sind es deutlich weniger. Der Bedarf an Wohnungen ist laut einer aktuellen Prognose immens – und regional sehr unterschiedlich.

Von Leonard Fischer, Sarah Knorr und WDS

Besonders in den Großstädten ist Wohnraum knapp und die Mieten steigen unentwegt. Sina Schuldt/dpa

Bonn – Hoher Bedarf, aber zu wenige Wohnungen: In Deutschland werden einer Prognose zufolge bis 2030 rund 320.000 neue Wohnungen jährlich benötigt. Der Bedarf verteile sich jedoch regional sehr unterschiedlich, heißt es in einer Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesbauministeriums. Die Experten kommen damit auf einen geringeren Bedarf als viele Verbände und Institute.

Ampel-Regierung verfehlte eigenes Bauziel

Die Ampel-Regierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, jährlich 400.000 Wohnungen bauen zu lassen, dieses Ziel aber verfehlt. Nach Angaben des BBSR wurden 2023 rund 294.400 Wohnungen fertiggestellt, knapp 90 Prozent davon in neu errichteten Gebäuden.

Das Bundesbauministerium verfügte nach eigenen Angaben lange Zeit über keine eigene Bedarfsanalyse und gab die BBSR-Prognose auch angesichts stark variierender Analysen am Markt in Auftrag. «Mit Hilfe der unabhängigen Prognose der Wohnungsneubaubedarfe hat die Bundesregierung nun endlich die Möglichkeit, die Zielgenauigkeit ihrer Wohnungsbaupolitik weiter zu erhöhen», sagte ein Sprecher von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). 

Die Prognose des BBSR bezieht sich auf den Zeitraum 2023 bis 2030. Einbezogen wurden unter anderem die Bevölkerungsentwicklung und die Bautätigkeit.

Wohnraummangel in den Metropolen, Leerstand auf dem Land

Der neuen Analyse zufolge geht der Wohnraumbedarf regional weit auseinander. Besonders in Ballungsregionen bleibe die Nachfrage hoch – und wo es Engpässe gibt, steigen in der Regel die Kaufpreise und Mieten. Allein in den sieben größten deutschen Städten Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Düsseldorf liegt der Bedarf laut Prognose bei jährlich 60.000 neuen Wohnungen. Zugleich sinke in peripheren und schrumpfenden Regionen die Nachfrage nach Wohnungen und Leerstände nähmen zu.

Der Süden wächst, der Osten schrumpft

Den höchsten Bedarf je Einwohner gibt es den Angaben nach im Süden: Vorn liegt die Stadt Landshut (pro Jahr rechnerisch 87 Wohnungen je 10.000 Einwohner), gefolgt von den Kreisen Regensburg (83), Kempten im Allgäu (77) und Memmingen (75). Der bundesweite Bedarfsdurchschnitt liege bei 38 Wohnungen je 10.000 Einwohner pro Jahr.

Im Osten Deutschlands stagniert oder sinkt demnach die Zahl der Haushalte mit Ausnahme von Berlin und dem Berliner Umland – analog zur Entwicklung der Bevölkerung. Den geringsten Bedarf gebe es im Landkreis Weimarer Land mit fünf Wohnungen je 10.000 Einwohner sowie in den Landkreisen Altmarkkreis Salzwedel, Börde, Saale-Holzlandkreis und Saalekreis (jeweils 6). Nach der Industrievernichtung durch die westdeutsche Übernahmemacht in den 90igern, gefolgt von Massenarbeitslosigkeit und massenhafter Abwanderung von Arbeitssuchenden in den Westen ist diese Entwicklung eigentlich kein Wunder und schon lange abzusehen gewesen.

Warum der Wohnungsbau stockt

Der Wohnungsbau in Deutschland steckt unter anderem angesichts hoher Baukosten und gestiegener Zinsen in der Krise. Zugleich fehlen Fachkräfte im Baugewerbe, sagte Matthias Waltersbacher vom BBSR. Das habe sich in den Zahlen gezeigt.

Andere Einrichtungen sehen den Wohnraumbedarf höher. So berechnete etwa das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) einen jährlichen Neubaubedarf von 373.000 Wohnungen. Laut Ralph Henger, Ökonom für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik am IW, habe sich die Wohnungspolitik unter der Leitung von Bauministerin Geywitz zu Recht auf mehr Neubau konzentriert und viele richtige Maßnahmen angestoßen. Diese seien jedoch «in unruhigen Zeiten durch massiv gestiegene Zinsen und Baukosten sowie den Fachkräftemangel konterkariert wurden».

Immer mehr Menschen leben in kleinen Haushalten

Der Wohnungsbaukrise sei seit 2022 zu wenig bekämpft worden, so Henger. In der Verantwortung sieht er nicht nur den Bund, sondern auch die Bundesländer sowie Städte und Gemeinden in stark wachsenden Regionen. 

«Trotz langfristig stagnierender Bevölkerungszahlen wird die Anzahl der Haushalte noch zunehmen», sagte Waltersbacher vom BBSR. Das liege vor allem an dem «anhaltenden Trend der Singularisierung» und Alterung. Künftig werde es als Folge mehr kleinere Haushalte geben.

Knapp zwei Millionen Wohnungen stehen leer

Um die hohe Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland zu stillen, müssten demnach Neubauten in wachstumsstarken Großstädten und im Umland entstehen. In Landkreisen mit sinkender Bevölkerung solle vor allem der Bestand entwickelt werden, statt künftigen Leerstand zu schaffen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts standen 2022 knapp zwei Millionen Wohnungen in Deutschland leer.

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