Israels Oberstes Gericht hat ein Kernelement der umstrittenen Justizreform von Regierungschef Benjamin Netanyahu gekippt. Eine knappe Mehrheit von acht der 15 Richter war dafür, eine im Juli verabschiedete Gesetzesänderung für nichtig zu erklären.
Die Gesetzesänderung hatte dem Gericht die Möglichkeit genommen, gegen „unangemessene“ Entscheidungen der Regierung, des Premierministers oder einzelner Minister vorzugehen. Das Oberste Gericht begründete das Urteil damit, dass die Gesetzesänderung hätte „den Kerneigenschaften des Staates Israel als demokratischem Staat schweren und beispiellosen Schaden zufügt“.
Das Oberste Gericht war erstmals in der Geschichte Israels zusammengekommen, um über acht Petitionen gegen die verabschiedete Grundgesetzänderung zu beraten.
Hunderttausende Israelis waren monatelang auf die Straße gegangen, um dagegen zu protestieren, weil sie in der Initiative der Regierung eine Gefahr für Demokratie sahen. Die Regierung argumentierte dagegen, die Justiz mische sich zu stark in die Politik ein.
Das Gesetz vom Juli war das erste im Zuge der von Netanyahus Regierung anvisierten Reform des Justizwesens, berichtet dpa. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober wurde die Reform auf Eis gelegt.
In ihrer ersten Stellungnahme erklärte Netanyahus Likud-Partei, das Urteil stehe im Widerspruch zum Wunsch des Volkes nach Einheit insbesondere im Angesicht des Krieges. Das Urteil wurde auch von Israels Justizminister Yariv Levin kritisiert. Auch der israelische Parlamentspräsident Amir Ochana wies das Urteil ab und sprach dem Obersten Gericht die Autorität ab.
Für Netanyahu stelle das Urteil einen weiteren Rückschlag dar. Seine Popularität sinkt ohnehin massiv nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober. Viele in Israel machen ihn dafür verantwortlich, dass das Militär und die Sicherheitskräfte im Lande nicht ausreichend auf den Überfall vorbereitet gewesen waren.