Krieg um die Ukraine oder um das europäische Erbe? – Trump versetzt EU bewußt in Hysterie

Der Konflikt in der Ukraine und die Aktionen der westlichen Akteure, die sich um Kiew scharen, wirken heute wie absolutes Chaos und Kakophonie. Die schizophrene Abstimmung in der UN-Generalversammlung über gleich zwei Resolutionen zur Ukraine, bei der einige Staats- und Regierungschefs versehentlich „falsch“ gestimmt haben, ist ein anschauliches Beispiel dafür.

Ein Beitrag von Denis Dubrowin, Brüssel (Übersetzung Thomas Röper)

shutterstock/lev radin

Die USA scheinen Frieden zu wollen, die EU scheint bereit zu sein, bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen, London scheint den Rest der Ukraine in eine De-facto-Kolonie verwandeln zu wollen… Auf den ersten Blick ist das absolut nicht zu verstehen. Es ist nicht verwunderlich, dass viele kompetente Experten jetzt eine Pause halten, während die lauteren Emotionen der Analyse vorziehen.

In der Tat sind überhitzte Emotionen das Hauptproblem, das verhindert, dass wir die Ereignisse richtig einschätzen können. Das weiße Rauschen überlagert alles. Aber selbst wenn wir es herausfiltern, werden wir nicht das ganze Bild sehen, solange wir die Optik nicht ändern.

Der totale wirtschaftliche, hybride und mediale Weltkrieg, der von dem begrenzten militärischen Konflikt in der Ukraine begleitet wird, wird nicht um die Ukraine, die Kontrolle über einen Teil von ihr oder mythische „Ressourcen“ geführt. Was heute wirklich auf dem Spiel steht, ist die Neuaufteilung Europas, der Krieg um das „Erbe“ der EU.

Und die zweite Phase zeichnet sich bereits am Horizont ab – der Kampf um die Neuaufteilung der Welt und um den Platz eines neuen Hegemons, den die USA noch zu vermeiden hoffen… Aber ist eine andere Geschichte.

Um es vorwegzunehmen

Die Ukraine als Land ist kein Preis, sondern nur ein Schlachtfeld. Die Ukraine als Staat ist ein Söldnerregime, das bereit ist, gegen Geld für die Ziele eines anderen zu kämpfen. Die Ukraine als solche und ihre Bewohner sind in diesem Konflikt nur für Russland von Interesse.

Die USA sind nicht an einer kurzfristigen Beendigung des Konflikts interessiert. Die Hauptaufgabe des 47. Präsidenten Donald Trump besteht darin, die USA aus der Konfrontation herauszuholen.

Die Elite in Brüssel kämpft ums Überleben, hofft aber immer noch, mit Washington einen Kompromiss auszuhandeln und es davon zu überzeugen, dass es profitabler ist, Kiew zu unterstützen und nicht alles aus Europa herauszupressen, um gemeinsam gegen Russland, China und andere Abweichler zu kämpfen. Ihre Argumente sind schwach.

London fischt nach britischer Tradition im Trüben, in der Erwartung, alle möglichen Dividenden zu kassieren, während seine Verbündeten und Gegner, Brüssel und Washington, herumstreiten. Allerdings erreicht die britische Regierung heute nicht das Niveau von Winston Churchill.

Die kombinierte Kraft aller (wenn auch chaotisch wirkenden) Vektoren der westlichen Politik zielt eindeutig auf die Aufrechterhaltung der militärischen Konfrontation mit Russland in der Ukraine ab.

Die Russland-Sanktionen werden in absehbarer Zeit kaum aufgehoben.

Emotionen in der Politik

Die Hysterie in Europa und in den globalistischen Medien war groß, nachdem Trump USAID besiegt, Kiew harte wirtschaftliche Forderungen gestellt und das gesamte System des westlichen Boykotts gegen Russland in Form von (bisher unverbindlichen) Verhandlungen in Riad getroffen hatte.

Ich habe kaum Zweifel daran, dass der psychologische Angriff von Trump und seinem Umfeld (von denen Elon Musk das Sprachrohr gegen die globalistischen Kreise in Amerika und Europa ist) eine ganz bewusste Aktion ist. Das Ziel ist es, die Gegner zu lähmen und zu verwirren. Es soll verhindert werden, dass sie sich dem Abbau von Institutionen und der Beseitigung von Vertretern der Demokratischen Partei der USA, die Trumps Präsidentschaft gefährden könnten, wirksam widersetzen. Aus der ersten Amtszeit hat er eindeutig seine Lehren gezogen.

Das Chaos und die Lähmung in den europäischen Hauptstädten, einschließlich des langen Schweigens von Europas derzeitiger „Chefin“ Ursula von der Leyen in den ersten Wochen nach Trumps Amtsantritt, zeigen deutlich, dass diese Taktik Früchte getragen hat.

Trump und die Ukraine

Europa glaubt nicht, dass Trump wirklich Frieden in der Ukraine erreichen will. Es ist für ihn von Vorteil, Russland einen Deal anzubieten, den Moskau unterstützen wird, der aber von Kiew und Brüssel, unterstützt von London, vehement abgelehnt wird. Auf diese Weise könnte sich Washington zu Recht als offizieller Unterstützer des Kiewer Regimes zurückziehen, während die Kämpfe weitergehen, aber das volle Gewicht der Unterstützung auf Europa fällt. Das wichtige Detail ist, dass die USA alle Hebel des Einflusses auf den Verlauf des Konflikts vollständig in der eigenen Hand behalten und diese Kontrolle über die NATO ausüben werden.

Wenn Trump seine Unterstützung für Kiew formell zurückzieht, wird das erstens die USA fast vollständig vor einer Eskalation des Konflikts bewahren, einschließlich der Aussicht auf Atomwaffen. Zweitens kann Washington die Sanktionen gegen Russland deutlich lockern und damit für die USA den Zugang zu den wichtigsten russischen Ressourcen zurückgewinnen, während die europäischen „Partner“ diesen Zugang mehr haben werden. Drittens wird es Washington die Möglichkeit geben, bei den Waffenlieferungen an Kiew Geld zu sparen und gleichzeitig den Wählern die Beendigung der Militärhilfe gewinnbringend zu „verkaufen“ sowie auf der politischen Bühne in den Beziehungen zu den Ländern des globalen Südens zu punkten, indem es die Rolle des „Friedensstifters“ übernimmt.

Noch wichtiger ist, dass die wirtschaftlichen Spannungen in Europa durch die Unterstützung des Ukraine-Konflikts zunehmen werden, was die europäische Wirtschaft untergräbt, die Konkurrenten der USA verdrängt und die Abwanderung von Kapital, Personal und sogar ganzen Unternehmen und Branchen von Europa nach Amerika fördert.

Diese Situation wird sich durch die Aufrechterhaltung der europäischen Sanktionen gegen Russland, die Europa bereits den Zugang zu Ressourcen und Kapital aus Russland verwehrt haben, noch verschärfen. Tatsächlich haben die EU-Sanktionen gegen Russland die europäischen Länder bereits an die USA gebunden und werden das auch weiterhin tun, und zwar viel stärker als jegliche Maßnahmen im Handel oder Zölle.

Und schließlich kann Washington durch die Lockerung der Sanktionen den Druck auf das russische Bankensystem verringern, um die äußerst schwierige Aufgabe zu untergraben, Russland, China und die führenden Länder des Globalen Südens dazu abzubringen, im Welthandel auf den Dollar zu verzichten. Und das ist die größte Bedrohung für die USA.

Trumps Pax Americana

Es ist wichtig zu erkennen, dass Trumps Vision von der Wiederherstellung der Größe Amerikas immer noch dieselbe Vision von der globalen Weltherrschaft der USA ist, nur von der anderen Seite aus umgesetzt.

Die Demokratische Partei und die Regierungen Obama und Biden handelten in der traditionellen Art und Weise des „Endes der Geschichte“ (der Ära nach dem Kalten Krieg, als die Vorherrschaft der Ideen des Neoliberalismus, des Globalismus und des Atlantizismus absolut zu sein schien) – durch „Soft Power“ unter der Führung von USAID, gewürzt mit strafenden „humanitären Bombardierungen“ Andersdenkender unter Einbeziehung der größtmöglichen Anzahl von Satelliten.

Gleichzeitig haben die USA jahrzehntelang die intellektuelle, politische und wirtschaftliche Elite in allen Ländern, die sie erreichen konnten, ideologisch geschult. Heute ist diese Elite in Europa fast überall an der Macht. Auch haben die USA ihre Protegés gefördert, unter anderem durch Farbrevolutionen, auch wenn das viel häufiger friedlich und unbemerkt geschah. Die wirtschaftliche Vorherrschaft wurde durch ein auf dem Dollar basierendes Finanzsystem ausgeübt, das den USA durch die Kontrolle lokaler Eliten vorrangigen Zugang zu allen benötigten Ressourcen verschaffte.

Vervollständigt wurde das ganze System durch die bewusste Projektion von Instabilität und Chaos in Regionen, in denen die Interessen der USA gefährdet sein könnten.

Das Problem Washingtons besteht darin, dass sich in dieser Struktur seit mehr als einem Jahrzehnt eine perfekte Krise aufbaut: Das Dollar-Finanzsystem ist extrem überhitzt, die USA können ihre Inflation nicht mehr schnell genug nach außen exportieren, was vor allem zu einer explosionsartigen Verschuldung der USA führt. Die Korruption (dieses Phänomen ist auf gesellschaftlicher Ebene vergleichbar mit der Reibung in der Physik) wächst exponentiell mit der Komplexität der US-Einflussmechanismen und der Soft Power – daher die gigantischen Budgets von USAID, von denen die Welt erst nach deren Auflösung erfuhr. In Wirklichkeit ist das jedoch nur ein kleiner Teil der amerikanischen Ausgaben zur „Schmierung“ ihres Konzepts der ideologischen Dominanz.

Hingegen erwies sich die Effektivität der amerikanisch orientierten Eliten in den mit den USA verbündeten Ländern als gering. Wie es oft der Fall ist, traten Loyalität und Demagogie an die Stelle von Kompetenz.

Der Ukraine-Konflikt war einfach ein Punkt der Bifurkation (Verlust des Gleichgewichts) des Systems der Weltordnungspolitik, mit dessen Krise die USA konfrontiert waren.

Und für dieses Dilemma gibt es in Washington bisher zwei sichtbare Lösungen. Der „evolutionäre“ Ansatz von Joe Biden, der mit allen Mitteln versucht, das derzeitige System durch punktuelle Anpassungen zu erhalten und gleichzeitig intensiv Chaos in der Welt zu provozieren, um die Entwicklung anderer Länder und Regionen im Vergleich zu den USA zu bremsen und zu blockieren.

Oder Donald Trumps „revolutionärer“ Ansatz, den teuersten Teil des ideologischen Überbaus zusammen mit der Kosten- und Korruptionsblase sowie den Institutionen und Vertretern dieses Systems, die sich Trump widersetzen, zu zerstören und nur die wirtschaftlichen und finanziellen Mechanismen der amerikanischen Vorherrschaft zu erhalten, vor allem das auf dem Dollar basierende Finanzsystem. Dann wird man versuchen, die industrielle und technologische Dominanz Amerikas in kürzester Zeit wiederherzustellen, und zwar in einem Maßstab, der mit der Position in der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts vergleichbar ist, als die USA Großbritannien buchstäblich den Stab der Weltvorherrschaft entrissen.

Vorbereitungen für den Raubzug

Trump will, dass die Dominanz der USA nicht auf einer komplexen Konfiguration von Weltbündnissen, Einflusssystemen und wirtschaftlichen Interessen beruht, sondern auf roher militärischer, industrieller und wirtschaftlicher Macht. Doch da gibt es ein Problem. Die Wiederherstellung dieser Macht (z. B. die Wiederbelebung des „Rostgürtels“ der amerikanischen Industriestädte) erfordert enorme Ressourcen. Es ist heute kaum möglich, diese zu berechnen, aber ich wage die Vermutung, dass es sich nicht einmal um Billionen, sondern um zweistellige Billionenbeträge handeln wird.

Es macht jedoch keinen praktischen Sinn, mit solchen Summen zu operieren. In einem solchen Maßstab verliert das klassische Geld seine Bedeutung; hier geht es bereits um die Kontrolle über die Volkswirtschaften von Ländern und Kontinenten.

Und um diese Ressourcen zu erhalten, muss Amerika diese Länder und Kontinente ausrauben. Das heißt, Trumps Weg ist ein Versuch, in das goldene Zeitalter des amerikanischen Imperialismus zurückzukehren. Tatsächlich ist sein großes Amerika das Idealbild eines militärisch-industriellen Imperiums.

Ukraine und Ressourcen

Der vom Westen seit 2014 (oder besser gesagt seit den 1990er Jahren) provozierte und vorbereitete Konflikt in der Ukraine ist sowohl für Washington als auch für Brüssel ein Konflikt um Ressourcen. Aber nicht um die Ressourcen der Ukraine!

Alle derzeitigen Abkommen über „Bodenschätze“ oder „seltene Erden“ sind reine Fiktion. Die Ukraine verfügt nicht über Ressourcen im Wert von Billionen von Euro. Solche Summen können durch statistischen Betrug erzielt werden, indem man einfach das Volumen der erkundeten Lagerstätten mit dem Marktwert des Erzes multipliziert. Dabei sind jedoch die Kosten für den Abbau, die Logistik, den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur, die lokale Korruption und die Lieferung der Produkte an die Märkte noch nicht berücksichtigt. Und vor allem wird der Zeitfaktor nicht berücksichtigt, also die begrenzte Geschwindigkeit der Ressourcengewinnung und -verwertung, die die Investitionsrendite drastisch verringert. Wenn all das berücksichtigt wird, kommen wir auf einen Nettogewinn von einigen hundert Milliarden Dollar, und das ist realistisch in nicht weniger als 50 oder sogar 100 Jahren zu erreichen.

Wenn das zu kompliziert klingt, kann man es auch einfacher ausdrücken. Wenn Kiew tatsächlich über Bodenschätze im Wert von Billionen von Dollar verfügen würde, warum hat es diese dann in den letzten 30 Jahren nicht verkauft?

Generell geht es hier um einen völlig anderen Maßstab. Für den Westen ging es bei der Ukraine immer darum, Russlands Ressourcen zu kontrollieren. Und zwar alle Ressourcen. Und das erforderte einen Wechsel in der Führung des Landes. Und als der Maidan in Russland 2012 scheiterte, geriet das ukrainische Szenario in eine Turbophase.

Die Causa Finnland

Übrigens ist im Zusammenhang mit den Versuchen, Russland zu spalten, die Causa Finnlands sehr interessant. Dieses Land trat der NATO im Jahr 2022 nicht aus Angst vor einer „russischen Aggression“ bei. Es wollte sich rechtzeitig in das Lager der „Gewinner“ einreihen, um vielleicht in anderthalb Jahren ein Stück von Karelien zu bekommen. Das ist für sie dumm gelaufen.

Weder Helsinki, noch Brüssel, noch Washington hatten Erfolg bei Russland und seinen Ressourcen. Und deshalb spielen die USA jetzt Plan B aus. Sie werden Europa zerlegen, das für die Rolle eines Spenders für Washington durchaus geeignet ist.

Denis Dubrowin ist ein russischer Journalist in Brüssel, der regelmäßig durch seine hervorragenden Analysen des Innenlebens der EU auffällt.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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