Milliarden für die Hochrüstung – Verfassungsbeschwerde gegen Mängel im Rettungsdienst

  • POLITIK
  • März 16, 2025
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In gesundheitlich kritischen Fällen sollten Rettungswagen und Notärzte rasch zur Stelle sein. Doch es gibt deutliche Unterschiede in Deutschland. Das möchten Experten nicht länger hinnehmen.

Der Präsident der Björn Steiger Stiftung, Pierre-Enric Steiger.  Christophe Gateau/dpa

Berlin/Karlsruhe – Die Notfallversorgung in Deutschland weist aus Sicht der Björn Steiger Stiftung große Mängel auf und bedarf dringend einer Reform. Mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe will die Organisation, die sich für eine Verbesserung des Rettungswesens einsetzt, bundesweit einheitliche Standards erreichen. Die Unterlagen wurden elektronisch beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, wie die Stiftung in Berlin mitteilte. 

«Der Bund erfüllt seine grundgesetzliche Verpflichtung nicht, ein flächendeckendes, einheitliches und qualitativ hochwertiges Rettungsdienst-System sicherzustellen», erklärte Stiftungs-Präsident Pierre-Enric Steiger den Schritt. «Die Rettung eines Menschenlebens darf nicht vom Wohnort und der jeweiligen Tagesform des Mitarbeiters in der Rettungsleitstelle abhängen. In Deutschland sterben jedoch Menschen rein systembedingt», sagte Steiger. 

Steiger: aktuelle Regelung verstößt gegen Grundgesetz

Ziel der Verfassungsbeschwerde ist nach seinen Angaben, die Feststellung, dass die jetzige Regelung gegen das Grundgesetz verstößt – um dann eine bundesweite Verbesserung in Angriff nehmen zu können. «Unsere Beschwerde richtet sich nicht gegen die Rettungskräfte, sondern gegen die Rahmenbedingungen, die ihre Arbeit erschweren und damit die Sicherheit der Bevölkerung gefährden», betonte Steiger. 

Auch neues Gesetz in Baden-Württemberg in der Kritik

Gegen das Land Baden-Württemberg zieht die Stiftung vor Gericht, weil dort im vergangenen August ein umstrittenes neues Rettungsgesetz in Kraft getreten ist. Aus Sicht der Stiftung stellt es keine Verbesserung dar. Zuständigkeiten und Strukturen bei Notfällen seien nicht genügend geklärt und entsprächen nicht internationalen Standards. 

Das Rettungswesen in Deutschlands habe einst zu den modernsten der Welt gehört. «Dann sind wir jedoch stehen geblieben. Deutsche Leitstellen sind unwirtschaftlich, teuer und ineffektiv», kritisierte Steiger. Europäische Nachbarn wie Österreich, die Niederlanden oder skandinavische Länder verfügten hingegen über moderne Leitstellen, deren Mitarbeiter dank moderner Cloud-Systeme teils sogar im Homeoffice arbeiten könnten. Ein ständiger Datenaustausch gewährleiste schnelle Hilfe und gleiche Qualitätsstandards. 

Kritik kommt auch von der Bundesärztekammer: «Es ist inakzeptabel, dass der Bund keine einheitlichen Standards im Rettungswesen vorgibt, obwohl dies für Krankenhäuser und den ärztlichen Bereich längst etabliert ist», erklärte deren Ehrenpräsident Frank Ulrich Montgomery.

Pläne zu Reform nach Ampel-Aus hinfällig 

Pläne für eine Neuorganisation des Rettungsdienstes mit bundesweit einheitlichen Standards hatte auch die zerbrochene Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Um bundesweite Mindeststandards abzusichern, sollte laut Entwurf ein «Qualitätsausschuss» beim Bundesgesundheitsministerium eingerichtet werden. Mit dem Aus der Ampel sind diese Pläne aber hinfällig. 

Nun bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht sich mit dem Fall auseinandersetzt. Die Hürden dafür, dass das höchste deutsche Gericht eine Verfassungsbeschwerde annimmt, sind hoch. Dafür muss dem Thema eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommen.

Die Björn Steiger Stiftung mit Sitz in Winnenden nahe Stuttgart setzt sich seit Jahrzehnten für die Verbesserung des Rettungsdienstes ein. Sie war unter anderem wesentlich an der Einführung der bundesweiten Notrufnummer 110/112 beteiligt.

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