Ohne Alternativen zu Trumps Friedensplan sitzt Westeuropa in der eigenen narrativen Falle

George Beebe, ehemaliger Direktor für Russland-Analysen bei der CIA und derzeitiger Direktor für Großstrategie am US-„Quincy Institute for Responsible Statecraft“, liefert eine ernüchternde Analyse der westeuropäischen Haltung im Ukraine-Konflikt in einem kürzlich geführten Gespräch auf YouTube.

Ein Beitrag von Rainer Rupp

Der britische Premier Sir Keir Starmer, vorne Mitte, ist Gastgeber des Gipfels der westeuropäischen Staats- und Regierungschefs zum Thema Ukraine im Lancaster House. dpa

In dem am 5. März geführten Gespräch mit dem norwegischen Professor Glenn Diesen und dem britischen Geostrategen Alexander Mercouris beschreibt George Beebe eine bittere Realität: Die EU verfügt über keine glaubwürdige Alternative zum Friedensplan der Trump-Administration. Stattdessen bleiben die russophoben westeuropäischen Spitzenpolitiker in ihren eigenen Narrativen gefangen, die sie für die Realitäten des Krieges in der Ukraine blind machen. Das treibt sie dazu, trotz ihrer bereits misslungenen Strategie der Eskalation ihren Einsatz zu verdoppeln, weil die Ukraine einfach gewinnen muss, obwohl sie tatsächlich militärisch längst verloren hat und auch zivilgesellschaftlich in einer immer prekäreren Lage steckt.

Ein gescheiterter Kurs ohne tragfähige Ersatzoption

Beebe betont, dass Westeuropas aktuelle Strategie – geprägt von unerschütterlicher Unterstützung des ukrainischen Kriegseinsatzes und unnachgiebigem Druck auf Russland – wirkungslos geblieben ist. „Der Kurs, den sie vertreten, nämlich: Wir bleiben so lange wie nötig, geben den Ukrainern so viel wie möglich und erhöhen den wirtschaftlichen und politischen Druck auf die Russen, um sie zur Kapitulation zu zwingen – dieser Kurs ist gescheitert“, erklärt er. Dennoch hält die EU daran fest, denn sie ist aufgrund fehlender Kapazitäten und politischen Willens unfähig, sich anzupassen.

Entscheidend ist laut Beebe Westeuropas Abhängigkeit von den USA, und er stellte fest, dass der Kontinent ohne US-Unterstützung den ukrainischen Kriegseinsatz nicht allein tragen kann. „Die Realität ist, dass die EU nicht kompensieren kann, was die Vereinigten Staaten der Ukraine bieten“, erläutert er. Zwar könne die EU wirtschaftliche Hilfe und einige Waffen bereitstellen, doch fehlten die fortschrittlichen Fähigkeiten – wie Echtzeit-Geheimdienst-, Überwachungs- und Aufklärungsdaten oder ein Äquivalent zu Starlink –, auf die die Ukraine angewiesen sei. „Diese Fähigkeit haben sie nicht“, betont Beebe und fügt hinzu, dass ohne diese „viele Waffensysteme der Ukrainer nicht funktionieren und viele ihrer Schlachtfeldoperationen nicht fortgesetzt werden können“.

Als Autor dieses Artikels möchte ich ergänzen, dass die USA alles, also jede Form von Militärhilfe, gestoppt haben, auch die satelliten- und luftgestützte militärische Aufklärung und Zielerfassung. Selbst die US-Transportflugzeuge mit Waffen für die Ukraine wurden auf ihrem Flug in Richtung Polen vom Pentagon gestoppt und vollbeladen zurück in die USA beordert.

Fakt ist, dass die Ukraine selbst mit der geballten militärische Unterstützung der NATO nicht gegen Russland bestehen konnte. Dabei war es vor allem die massive und breit gefächerte US-Militärhilfe, die auf dem Schlachtfeld weitaus umfangreicher und effektiver war als die der Westeuropäer. Und nun bilden sich die Franzosen, Briten und Deutschen ein, sie könnten ohne die USA im Alleingang den Russen das Fürchten lehren. Fakt ist: Westeuropa ist machtlos, den Kriegsverlauf ohne die USA zu beeinflussen – das ist so sicher, wie 2 + 2 = 4 ist. Aber die westeuropäischen Kriegstreiber sind fest entschlossen, diese Realität zu ignorieren – auf Kosten ukrainischer und russischer Leben und auf Kosten der wirtschaftlichen und sozialen Zukunft ihrer eigenen Länder.

Narrative Fixierung: Von Ideologie geblendet

Der Ex-CIA-Abteilungsleiter Beebe führt Europas Sturheit auf ein Narrativ zurück, das sich tief im westlichen Bewusstsein, insbesondere in Westeuropa, verankert hat. Er beschreibt, wie der Konflikt von Anfang an als „unprovozierte Invasion“ dargestellt wurde, eine Charakterisierung, die jegliche Rolle des Westens oder der Ukraine in den vorangegangenen Spannungen ausblendet. „Diese Erzählung besagt im Wesentlichen, dass Russland dies tut, weil Russland eben Russland ist“, erklärt er. Dieses Narrativ porträtiere Russland als ein von Natur aus imperialistisches Regime, vergleichbar mit Nazideutschland. Diese Rahmung, so Beebe, schließe Kompromisse aus: „Mit einem solchen Problem kann man keinen Kompromiss aushandeln – das wäre, als würde man mit Hitler verhandeln, natürlich geht das nicht.“

Dieses allgemein akzeptierte Narrativ habe den Diskurs erstickt und abweichende Stimmen an den Rand gedrängt, wodurch Westeuropa in einer starren Denkweise gefangen sei. „Jeder, der diese Erzählung infrage stellt und sagt: ‚Moment mal … Im Grunde haben wir es hier mit einer eskalatorischen Spirale, einem Sicherheitsdilemma zu tun‘, findet in Mainstream-Medien kein Gehör und erntet enormen Widerstand“, bemerkt Beebe. Befürworter von Diplomatie würden als „russische Apologeten, Agenten Putins“ abgetan, was eine pragmatische Diskussion unmöglich mache. Er fügte hinzu: „Wir (Kritiker in den USA) konnten nicht die Art von öffentlichen Diskussionen führen, die notwendig gewesen wären, um dieses Problem pragmatisch und effektiv zu lösen. Aber in Europa ist das noch schlimmer.“

Eskalation statt Realität

Anstatt sich den Realitäten des Krieges – nämlich den Verlusten der Ukraine auf dem Schlachtfeld und Russlands militärischer Überlegenheit – anzupassen, setzte Westeuropa auf weitere Eskalation, ein Ansatz, den Beebe als zum Scheitern verurteilt ansieht. Er kritisiert indirekt Emmanuel Macrons jüngsten Waffenstillstandsvorschlag, weil damit die Grundursachen des Konfliktes nicht gelöst würden. Beebe verwies dabei auf Westeuropas prinzipielle Weigerung, Kompromisse einzugehen: „Im Moment ist Europa dazu nicht bereit, und die Ukraine ist dazu auch nicht bereit.“ Stattdessen bestehe die Ukraine darauf: „Wir werden die Russen zur Kapitulation zwingen, und die Vereinigten Staaten müssen uns dabei unterstützen“ – eine Haltung, die die EU unterstütze, obwohl sie unrealistisch sei, war nach dem skandalösen Auftreten von Wladimir Selenski heute noch unrealistischer ist also zuvor.

Beebe warnt vor den katastrophalen Folgen dieses von der EU unterstützten Ansatzes: „Es ist ein Rezept für den Zusammenbruch der Ukraine, aber auch für eine Eskalation in einen direkten Konflikt zwischen Russland und einigen europäischen Staaten, und damit wüchse die Gefahr einer russisch-US-amerikanischen Konfrontation.“ Westeuropas kategorische Weigerung, seine Niederlage anzuerkennen, lasse es unvorbereitet auf die Konsequenzen eines Rückzugs der USA. „Wenn sie darauf bestehen, diesen Krieg fortzusetzen, werden sie das allein tun, und sie werden herausfinden, wie das aussieht, und es wird sehr, sehr schnell sehr, sehr schlecht aussehen“, prophezeit Beebe (21:12) und deutet an, dass Westeuropas derzeitiger Weg seine Verhandlungsposition weiter schwäche.

Der Trump-Plan: Eine unangenehme, aber notwendige Option

Im Gegensatz dazu sieht Beebe den diplomatischen Vorstoß der Trump-Administration als den einzigen gangbaren Weg nach vorn, auch wenn die EU sich dagegen sträubt. „Wir haben den Weg gewählt, einen diplomatischen Kompromiss zu suchen“, erklärt er, was erfordere, dass „alle Parteien, die Interessen in diesem Konflikt haben, erkennen, dass sie bei Dingen Kompromisse eingehen müssen, die nicht ihre Kerninteressen betreffen“. Doch Westeuropas Angst, US-Sicherheitsgarantien zu verlieren, erschwere die Akzeptanz. „Sie betrachten diesen Krieg und denken: ‚Junge, wenn wir diesen Krieg auf der Basis eines Kompromisses beenden, werden die Vereinigten Staaten sich aus Europa zurückziehen … wir müssen selbst aufrüsten‘, und das wollen sie nicht“, beobachtet Beebe.

Letztlich argumentiert Beebe, dass Westeuropa wegen seiner Gefangenschaft im eigenen Narrativ und das Fehlen einer eigenen, realistischen Alternative Trumps Politik hilflos ausgeliefert sei. „Die Trump-Leute werden hier ‚hard ball‘ spielen“, prognostiziert er, und Westeuropa zwingen, einer Realität ins Auge zu sehen, die es lange vermieden hat: Der Krieg ist verloren, und Eskalation bietet keine Rettung. Ohne eine Änderung der Denkweise droht die EU außen vor zu bleiben, während die USA und Russland einen neuen Kurs einschlagen – einen, der zwar unvollkommen ist, aber zumindest ein Ende des Blutvergießens verspricht.

Rainer Rupp, Jahrgang 1945, arbeitete von 1977 bis 1989 für die Hauptverwaltung Aufklärung, die Auslandsspionage der DDR. Er war live dabei, als in den 80iger Jahren ein Atomkrieg geplant wurde. Rainer Rupp ist es zu verdanken, dass die NATO – Übung “Able Archer” 1983 nicht zum atomaren Armageddon führte. Er verhinderte es, als die Sowjetunion eine irrtümliche atomare Gegenreaktion auslöste.  Er wurde von der BRD-Justiz 1994 wegen Landesverrats zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er arbeitete unter dem Decknamen „Topas“ und war der wichtigste Spion des Warschauer Paktes im NATO-Hauptquartier. Seit seiner Entlassung arbeitet er als Publizist. Im März 2023 organisierte er in Berlin die Friedenskonferenz «Dialog statt Waffen» mit ehemaligen Generälen der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee. 

Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen. 

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