Nachdem Donald Trump der neue alte Präsident der USA geworden ist, kann man in zahlreichen Medien nachlesen, dass viele Prominente das Land verlassen wollen oder bereits verlassen haben. Man kann davon ausgehen, dass deren Entscheidungen im Wesentlichen auf heißer Luft beruhen.
Ein Beitrag von Tom J. Wellbrock

Einer der ersten Ahnungslosen war wohl Stephen King, der Romanautor, der mit seinen Büchern in seinem Genre zum Olymp aufgestiegen ist und dort entspannt sitzen kann. Wie bei allen Künstlern kann man sich über Geschmack streiten, aber der Verdienst Kings kann nur bestritten werden, wenn man sich der Realität auf herablassende Weise entzieht.
Andererseits: Schuster, bleib bei deinen Leisten, so lautet ein Sprichwort, das man häufiger einmal bemühen sollte. Denn Stephen King äußerte sich erstmals 2022 zum aktuellen Ukraine-Krieg. Man muss es nicht wiederholen, King sagte und schrieb das, was fast alle sagen und schreiben – Putin sei ein Diktator, Russland ein Terrorstaat, die Ukraine ein grundlos angegriffenes Land, mit dem man Solidarität üben müsse.
Das Problem: King hat offenbar von Politik wenig Ahnung. Sein Leben als Schriftsteller war durch zahlreiche Stationen gekennzeichnet, Horror-Literatur, Liebe, Alkohol, Drogen, der Mann ließ nur wenig aus. Zu diesem Wenigen scheint aber politische Bildung zu gehören. Was für den Schriftsteller kein Grund ist, davon die Finger zu lassen oder sich erst einmal in aller Ruhe ein gewisses Grundwissen anzueignen. Er ist damit in bester Gesellschaft, denn heute steht die politische Korrektheit über allem. Viele derer, die für sich in Anspruch nehmen, politisch auf der richtigen Seite zu stehen, machen sich jedoch nicht bewusst, dass nicht sie ihre politische Richtungsentscheidung getroffen haben, sondern andere, die damit aber nur ihren eigenen Interessen folgen.
Im Jahr 2024 demonstrierte Stephen King einmal mehr seine Unkenntnis, die aus einer prinzipiellen Abneigung erwuchs, die vermutlich nicht in ihm, sondern durch äußere Einflussnahme gewachsen ist. Nach dem Attentat auf den Präsidentschaftsanwärter Donald Trump reagierte King so, wie andere seiner politischen Gegner auch. Er äußerte nicht etwa Mitgefühl und Freude darüber, dass Trump das Attentat überlebt hatte, sondern gab dem Politiker selbst die Schuld an dem Schuss, der ihn am Ohr verletzte, als er sagte:
„Bei der Schießerei in Butler wurde ein halbautomatisches Gewehr vom Typ AR-15 verwendet. Dies sind die Waffen, die die republikanische Partei – und Trump – schützen wollen.“
Mit anderen Worten: Selbst schuld, Donald! Allerdings blieb Kings Statement nicht ohne Reaktion. Im „Rolling Stone“ ist nachzulesen:
„Der als Sachverständiger für Schusswaffen und Munition in Erscheinung getretene Autor Lars Winkelsdorf schreibt: ‚In diesem Fall wäre ein Remington 700 Repetiergewehr viel tödlicher gewesen. Aber das ist der Grund, warum Sie Horrorgeschichten schreiben und ich Nachrichten schreibe.’“
King reagierte dünnhäutig und argumentativ schwach auf der Brust, als er antwortete:
„’Als verantwortungsbewusster Waffenbesitzer weiß ich Folgendes: Diese Menschen wären noch am Leben und Trump wäre unverletzt, wenn dieses verrückte Kind nur Zugang zu einem Schlachtermesser gehabt hätte. Sagen Sie mir nicht, dass ich in meiner verdammten Spur bleiben soll. Ich bin ein Amerikaner. Sind Sie das, oder sind Sie ein Bot?“
Nun könnte man eine lange Diskussion darüber führen, dass Stephen King selbst Waffenbesitzer ist, man könnte sich fragen, was eine „gute“ Waffe von einer „bösen“ unterscheidet. Man könnte auch darüber sinnieren, was dran ist an Kings weiterer Aussage, dass alles besser gelaufen wäre, hätte der Täter lediglich ein Schlachtermesser gehabt.
Tatsächlich aber geht es hier nicht um Waffenbesitz oder die Verwendung von Schlachtermessern, sondern einzig um die Positionierung gegen Donald Trump. Dazu bedarf es keiner politischer Bildung, sondern nur der Zustimmung des woken Teils der Gesellschaft.
Das Leiden der Prominenten
In regelmäßigen Abständen lesen wir, dass Stars aus den USA wegziehen wollen. Ellen DeGeneres hat sich nach Trumps Wahlsieg entschieden, die USA zu verlassen. Eva Longoria, bekannt aus „Desperate Housewives“, tat es ihr gleich und verkündete, dass sie künftig zwischen Mexiko und Spanien leben wolle. Amerika sei für sie kein Zuhause mehr.
Barbara Streisand, Cher und Sharon Stone leiden offenbar ebenfalls unter der Schreckensherrschaft Donald Trumps, und die Liste ließe sich fortsetzen. Und dann sind da ja noch die Musiker, die Trump verbieten oder verboten haben, ihre Songs für seine politischen Kampagnen zu nutzen. Zu ihnen zählen Phil Collins, Bruce Springsteen, Rihanna, Elton John, Adele, Nickelback und sogar die Nachlassverwalter des verstorbenen Prince.
Alles Musiker, die nicht unbedingt für das hohe Maß an politischer Bildung aufgefallen sind, sieht man einmal von Bruce Springsteen ab, der immer schon die USA-amerikanische Gesellschaft kritisch betrachtete und entsprechende Texte vortrug. Das trifft allerdings auch auf BAP oder Herbert Grönemeyer aus Deutschland zu, die zu ihren Hochzeiten eine Art linkes Gewissen für ihre Fans waren, heute aber mit Volldampf auf dem Wokeness-Zug unterwegs sind und nachplappern, was ihnen die Eliten vorgeben. Von einem großen Teil deutscher Kabarettisten wollen wir gar nicht erst anfangen.
(Politische) Bildung kann nicht schaden
Was wir erleben, ist das Einschlagen eines der letzten Sargnägel für die politische Bildung. Prominente dienen hier als ausgezeichnete Verfügungsmasse der politischen Eliten, weil sie auf der einen Seite große Reichweite erzielen und auf der anderen Seite keine komplexen Analysen brauchen, um ihren Einfluss geltend machen zu können. Der treue Fan von Phil Collins oder Rihanna ist leichter von einer politischen Botschaft zu überzeugen, wenn sie von seinem Idol kommt. Ohne diese „Hilfe“ wäre er womöglich skeptischer und nicht so leicht „auf Spur“ zu bringen.
Doch dass Künstler sich von der Macht korrumpieren lassen, ist ja nicht neu. Immer schon waren es Intellektuelle, Künstler, Lehrer und andere vermeintlich kluge Gruppen, die sich bei genauerer Betrachtung als herzzerreißend blöd herausgestellt haben. Speziell in Deutschland ist seit der Corona-Episode aber eine weitere Gruppe entstanden, die zwar kaum politisch gebildet, aber als Multiplikatoren äußerst wirksam ist. Denn während der Corona-Zeit galt das „Folgen der Wissenschaft“ nicht nur als wissenschaftlich geboten, sondern darüber hinaus als politisch notwendig. Wie durch ein bizarres Wunder wurden Wissenschaft und Politik in einen Sack geworfen und entsprechendes Verhalten von der Bevölkerung erwartet. Das blinde Folgen der Wissenschaft (was bereits ein Widerspruch in sich ist und dem Anspruch wissenschaftlichen Denkens unmöglich gerecht werden kann) wurde so zu einem grundsätzlichen Statement, das ebenso unantastbar zu sein hatte wie die große Wissenschaft an sich.
Hereinfallen auf diese simple Form der Irreführung und Manipulation können nur politisch ungebildete Menschen. Wer sich über Jahre oder gar Jahrzehnte politisches Wissen angeeignet hat, die gewonnenen Erkenntnisse immer wieder hinterfragt und bei Bedarf korrigiert hat, weiß, dass es so etwas wie „die eine Wahrheit“ nicht geben kann. Wer dagegen politisch nur übersichtliche Erfahrungen gesammelt hat und selten oder nie tief in politische Themen eingedrungen ist, ist für totalitäre Manipulation leichte Beute.
Doch auch die kritische Seite der Corona-Episode hat Persönlichkeiten hervorgebracht, die zwar charismatisch auftreten, inhaltlich aber große Schwächen zeigen, was ebenfalls an fehlender politischer Vorbildung liegt. Insbesondere Fachleute wie Ärzte, Virologen oder Epidemiologen haben sich während der Corona-Phase Verdienste erarbeitet, die mit ihrem Fachbereich und ihrer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber der Maßnahmen-Politik zusammenhängen. Dafür gebührt ihnen großer Dank und aufrichtige Anerkennung.
In der Zeit nach Corona haben sich aber oftmals dieselben Persönlichkeiten, die während der Corona-Episode unverzichtbare und wichtige Stimmen waren, auf andere politische Felder begeben und erschreckend eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass es Situationen gibt, in denen man besser den Mund hält – Situationen nämlich, die die eigene Expertise übersteigen. Die Konfrontation mit solchen Situationen bleibt nicht aus, wenn man sich auf das Feld der Politik begibt. Zu vielfältig sind die Themen, zu komplex die Details, die zu fatalen Fehleinschätzungen führen können.
Daran ist nichts verwerflich, mit der politischen Bildung ist es wie mit der Musik oder dem Lernen von Sprachen – man lernt immer neu dazu, ist nie fertig, kann und muss sich oft neu aufstellen, orientieren und eigene Überzeugungen überdenken. Insbesondere die Persönlichkeiten, die während der Corona-Phase mit ihren Annahmen, Herleitungen und Thesen richtig gelegen haben, tun sich aber zuweilen schwer, dieses breite Wissen mit dem nicht weniger ausgeprägten Unwissen in anderen politischen Bereichen in eine Art Einklang zu bringen. Menschlich ist das nachvollziehbar, denn wer mit seinem Fachwissen innerhalb eines Bereiches große Teile der wissenschaftlichen und politischen Eliten der Unkenntnis oder der Lüge überführt hat, neigt womöglich dazu, sich selbst zu überschätzen.
Bildet Euch!
Wir alle können in die politische Falle tappen, die groteskerweise ausgerechnet von denen aufgestellt wird, die selbst kaum oder keine politische Bildung in sich tragen. Dennoch können die Unpolitischen das politische Klima bestimmen und geben Narrative vor, denen die Mehrzahl der Menschen folgt. Auf diese Weise entstehen soziale Unwuchten, gesellschaftliche Spaltung und letztlich auch Kriege. Wer mit nur wenig Wissen über politische Hintergründe ausgestattet ist, lässt sich leicht einfangen von Stimmen, die inhaltlich wenig zu bieten haben, die kausale politische oder geopolitische Zusammenhänge selbst nicht durchschauen, aber bauernschlau genug sind, um das Unwissen ihres Umfeldes wahrzunehmen und für sich zu nutzen.
Wie kann es beispielsweise sein, dass die medialen und politischen Eliten in der Lage sind, innerhalb der deutschen Bevölkerung eine Stimmung zu erzeugen, die einem Krieg positiv entgegenblickt? Weil sie oberflächliche „Weisheiten“ von sich geben, die einleuchtend klingen und Ängste schüren. Beides in Kombination miteinander erzeugt die Bereitschaft, dem Narrativ zu folgen, weil in der eigenen Gedankenwelt kaum Alternativen erarbeitet wurden oder werden. Auf diese Weise gelingt es auch, einen Donald Trump als das personifizierte Böse darzustellen, obwohl er letztlich nur ein Politiker ist, der als Quereinsteiger anders agiert, als man es als Beobachter kennt. Damit ist keine Aussage gegenüber Trumps tatsächlichen Absichten gemacht, aber faktisch hat der Mann weit weniger angerichtet als seine Vorgänger. Wer darauf hinweist, muss sich schnell den Vorwurf des „Whataboutism“ gefallen lassen, ein Vorwurf übrigens, der selbst auf massive politische Defizite der politischen Bildung hindeutet.
Wer es für richtig hält, soll die USA verlassen, wenn er daran glaubt, nun plötzlich in der Hölle zu leben. Wer glaubt, er muss als deutscher Musiker Donald Trump verteufeln, die Corona-Maßnahmen auch im Nachhinein gutheißen und den Krieg in der Ukraine begrüßen und als geopolitischer Kenner beurteilen, der möge das tun. Er sollte dabei aber nicht vergessen, sich darüber Gedanken zu machen, wie er zu seinen Überzeugungen kommt und ob sie das Ergebnis umfassender politischer Bildung sind oder eher die Folge von Manipulation derer, die ihn vor ihren Karren gespannt haben und sich bewusst darüber sind, dass er als Musiker erfolgreich bleiben will und die Kreditraten für sein Haus abbezahlen muss.
Retten können uns nur die Eigeninitiative, der Wille, sich zu informieren, und zwar über Bücher und langes Nachdenken, sowie Gespräche – auch kontroverse -, die sich Zeit für den Austausch und für das eigene Unwissen nehmen, um am Ende das wohlige Gefühl zu erzeugen, mit mehr rausgegangen als reingekommen zu sein. Zwischendurch zur Entspannung ein Buch von Stephen King zu lesen, kann auch nicht schaden, jedenfalls nicht, solange der Mann nicht plötzlich anfängt, Fachbücher über Geopolitik zu schreiben. Es wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Oskar Lafontaine, Max Otte, Andrej Hunko, Patrick Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«. Gründungsmitglied und Mitherausgeber der neulandrebellen.
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