Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine steht die Europäische Union (EU) vor besonderen Herausforderungen, was die Ukraine, Zentralasien, aber auch Russland anbelangt. Eine Tagung vom Ostinstitut Wismar am Donnerstag in Berlin gab einen umfassenden Überblick über die aktuellen wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen.
Auf den „13. Wirtschaftspolitischen Gesprächen“ diskutierten dazu Experten über die Herausforderungen und den Stand der Dinge. Zu der Präsenzveranstaltung waren EU-Experten im Livestream zugeschaltet.
Die Tagung umfasste drei Runden. In der ersten Runde ging es um „Die Annäherung der EU und der Ukraine“. Die Gesprächsteilnehmer berichteten und diskutierten über den Stand der politischen und rechtlichen Angleichung aus europäischer und deutscher Sicht. Sie gaben einen Einblick, wie die EU und Deutschland die Ukraine unterstützen.
Johannes Schraps, MdB (SPD) und stellvertretender Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, bezeichnete es als einen „atemberaubend schnellen Prozess“, was für den EU-Beitritt der Ukraine seit 2022 bislang erreicht wurde. Er habe „Riesenrespekt davor, was von der ukrainischen Zivilgesellschaft mit Blick auf die europäische Integration, von der ukrainischen Wirtschaft, aber auch von der ukrainischen Politik geleistet wird“, während sich das Land im Krieg befinde. Er betonte aber, dass es ein „langer Prozess ist“. Das müsse vielen Menschen sowohl in der Ukraine als auch in Deutschland erklärt werden.
Dirk Schübel, aus Brüssel zugeschaltet, stellte klar, dass sich die Ukrainer „uns natürlich auch mental annähern müssen“. In Brüssel sei die Ukraine seit Februar 2022 das Thema Nummer eins. „Wir haben noch eine Menge zu tun“. Doch, „was wir heute mit der Ukraine tun wollen“, so der Sondergesandte für die Östliche Partnerschaft im Auswärtigen Dienst der EU, „hängt davon ab, wie der Krieg ausgeht“. Er wies darauf hin, dass die Lage an der Front nicht gut aussieht. Das Wichtigste ist aus seiner Sicht, dass die EU zusammenhält.
In der zweiten Diskussionsrunde ging es um die Sanktionen gegen Russland. Mittlerweile ist das 13. Sanktionspaket verabschiedet und umgesetzt. Als „fantastische Leistung“ bezeichnete Andreas Metz, Sprecher des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft den Umstand, dass Deutschland die Sanktionen übererfüllt habe – das sei gar nicht gewollt. Die Wirtschaft habe massiv reagiert, viele Unternehmen hätten mehr gemacht, als sie hätten machen müssen, so Metz.
„Wie viel will man das Geschäft noch weiter reduzieren“, fragte Gunter Deuber aus Linz. Er ist Forschungschef und Bereichsleiter Volkswirtschat und Finanzanalyse bei der Raiffeisen Bank. Die Bank ist laut Deuber seit den 90er Jahren in Russland und ist eine der wenigen westlichen Banken, die im Rahmen des Sanktionskorsetts weiterhin Geschäft macht. „Wie ist die Effektivität, was war das Ziel der Sanktionen?“ Diese Fragen sind aus seiner Sicht zu beantworten, bevor Russland weiter sanktioniert wird. Für ihn ist es klar: „Die Sanktionen verfehlen das Ziel“.
Laut Deuber ist China „die helfende Hand Russlands“. Es habe das Interesse, Russland zu stabilisieren und verfüge über die Mittel und die Finanzstruktur abseits des westlichen Finanzsystems, ein Land am Leben zu halten. Aus seiner Sicht ist das Sanktionspotential der EU größtenteils ausgeschöpft.