Wahlkampf: Zeit der Lügen, Zeit des Blutes

Für die Menschen in Deutschland bricht jetzt die schwerste Zeit des Jahres an. Denn aufgrund der (voraussichtlichen) Neuwahlen Anfang 2025 sind die Parteien in den Wahlkampf eingestiegen. Es ist eine Zeit der Unehrlichkeit und der Kriegsvorbereitung.

Ein Beitrag von Tom J. Wellbrock

Foto: Shutterstock

Joe Biden hat es überstanden. Nicht, dass er gestorben wäre (vermutlich ist das nicht der Fall), aber nachdem er sich während seiner offiziellen Amtszeit zaghaft, aber doch spürbar, gegen die finale Eskalation gegenüber Russland ausgesprochen hatte, ist damit jetzt Schluss. Angetrieben von jenen Figuren im Hintergrund, die noch in der Lage sind, Entscheidungen auf einer bewussten Ebene zu treffen, hat er der nächsten Eskalationsstufe nun seinen „Segen“ gegeben. Die Motivation dahinter ist für die Menschen nicht entscheidend, ob nun eine Strategie dahintersteckt, um Trump zu schwächen oder die tatsächliche Überzeugung, einen Krieg gegen Russland gewinnen zu können, unterm Strich lodert die Welt. Und wenn es zum flächendeckenden Brand kommt, wird niemanden mehr interessieren, was Biden geritten hat, als er maßgeblich zu einem heißen Krieg beigetragen hat. Letztlich steht hinter jedem US-Präsidenten jemand, der ihn zur rechten Zeit aufzieht und wie einen Duracell-Hase loslaufen lässt. Das gilt im Übrigen auch für Donald Trump.

Die Wahl in den USA ist vorbei, das Hauen und Stechen geht weiter. In Deutschland dagegen wird jetzt richtig aufgerüstet, und zwar in doppelter Hinsicht.

Die SPD im Wahlkampf: Stimmenfang auf Teufel komm‘ raus!

Olaf Scholz (SPD) hat keine Chance, und er ist gewillt, sie zu nutzen. Zu bieten hat der Kanzler faktisch nichts, unter seiner Führung wurde Deutschland in Chaos und ein wirtschaftliches Desaster gestürzt. Die Tatsache, dass Scholz dafür in erster Linie Christian Lindner und dessen FDP verantwortlich macht, zieht bei den Wählern nicht, sie wissen, dass all dieser Wahnsinn unter Scholz‘ Leitung passierte.

Ein Ass aber hat Scholz im Ärmel: Taurus. Seit er im Amt ist, hat der Kanzler sich durch Inkonsequenz, Wankelmütigkeit, Totalitarismus („Es gibt keine roten Linien mehr“ – ein Satz aus der Corona-Zeit) und Unzuverlässigkeit ausgezeichnet. In einem Punkt aber blieb er standhaft. Er war von Beginn an gegen die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine. Weil er, so zumindest seine Begründung, die Befürchtung hatte und hat, dass Deutschland durch diese Lieferung zur direkten Kriegspartei werden würde. Daher sein Nein.

Ob Olaf Scholz aus Überzeugung gehandelt hat, sei dahingestellt und soll hier weder behauptet noch dementiert werden, in jedem Fall aber war seine Entscheidung richtig. Und das macht er sich jetzt zunutze, denn natürlich weiß er, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen gegen die Weiterführung und Eskalation des Krieges in der Ukraine ist. Nachdem Scholz im März 2023 noch die Teilnehmer einer Friedensdemo als „aus der Hölle gefallene Engel“ beschimpft hatte, mimt er nun selbst den Engel, der für Frieden und Verhandlungen steht. Das könnte ihm durchaus die eine oder andere Stimme sichern.

Aber das ist zu wenig! Die Zuneigung des Volkes liegt wie ein zerbrochener Krug in den Scherben der Ampel-Koalition darnieder, Scholz wird also als Friedensstifter kaum wieder Kanzler werden können. Wie es scheint, setzt die SPD daher auf doppelte Schienenführung im Wahlkampf. Denn nur scheinbar konträr kommt ein Wahlplakat mit Verteidigungsminister Boris Pistorius daher, auf dem der Gefreite in Tarnkleidung auf einem Panzer sitzt, wichtig guckt und sagt:

„Wir kämpfen für Deine Sicherheit. Kämpfst Du an unserer Seite?“

Das unten rechts eingeblendete „SPD – soziale Politik für Dich“ schlägt dem Fass in Sachen Zynismus dann den Boden aus. Die soziale Politik wird der Teilnahme am Ukraine-Krieg geopfert, auch wenn Olaf Scholz das Gegenteil behauptet, es geht nicht beides. Entweder katapultiert sich Deutschland weiter in die Rüstungsspirale hinein oder konzentriert sich auf die Wiederherstellung eines Staates, in dem Soziales und Arbeit im Vordergrund stehen. Die SPD versucht auch gar nicht, beides wirklich zu stemmen, sie versucht lediglich, den Wählern zu verkaufen, dass dies möglich sei.

Das ist eben Wahlkampf: Man verkauft sich so gut es geht den Wählern, auf der inhaltlichen Ebene kann man davon ausgehen, dass nahezu alles, was gefordert und angekündigt wird, gelogen ist.

Gar nichts neu macht der Merz

Vermutlich wird Friedrich Merz (CDU) der nächste Bundeskanzler. Nach dem Scheitern der Ampel hat die Union im Wahlkampf leichtes Spiel, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Natürlich kann noch viel passieren bis zum Wahltermin, aber auch hier sprechen wir nicht über inhaltliche Vorkommnisse, sondern eher über Skandale oder ein Lachen an der falschen Stelle (wir erinnern uns an Armin Laschet von der Union, dem ein solches Missgeschick während der Ahrtal-Katastrophe unterlief). Theoretisch ist sogar das geplante Scheitern des Kanzlers durch die Vertrauensfrage denkbar, doch das würde die Entscheidung nur etwas verzögern, bis eine neue Bundesregierung ihren Platz einnimmt.

Auffällig ist die Tatsache, dass die Union in den Umfragen so deutlich vorn liegt. Zwar hat die verpuffte Koalition alles für deren gute Werte getan, doch Merz will Deutschland in den Krieg führen, Linnemann und andere wollen Deutschland als Sozialstaat offen begraben und auch sonst hat die Union nichts außer heißer Luft und aggressivem Wahlkampf zu bieten. Nach der Wahl wird es für die Menschen keine spürbaren Verbesserungen geben, das Gegenteil wird der Fall sein.

Wäre es der Anspruch der Union, wirklich Veränderungen herbeizuführen, hätte sie das längst tun können. Das Heizungsgesetz etwa könnte problemlos vom Tisch gewischt werden, wenn die Stimmen der AfD im Bundestag dazu genutzt würden. Doch die „Brandmauer“ steht, und so ziert und weigert sich die CDU, etwas abzuschaffen, von dem sie nach außen so konsequent eintritt, es abschaffen zu wollen. Die Weigerung, was auch immer mit Stimmen der AfD durchzusetzen oder abzuschaffen, spricht Bände und die Union zeigt, was von ihrer Glaubwürdigkeit zu halten ist: nichts.

Man kann niemandem nichts glauben. Selbst Merz‘ Ankündigung, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern, ist nicht glaubwürdig. Niemand kann sagen, was bis zu seiner Amtseinführung passiert, denkbar ist sogar ein Ende oder zumindest Aussetzen des aktuellen Krieges in der Ukraine. Allerdings muss man vom Schlimmsten ausgehen, denn Friedrich Merz präsentiert sich als guter Komplize für die Kriegstreiber seiner Partei. Und er ist selbstbewusst genug, die Ankündigung der weiteren Eskalation trotz der allgemeinen gegenläufigen Stimmung in der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Während die SPD zu versuchen scheint, Kriegsbefürworter und -gegner gleichermaßen zum Stimmengewinn zu nutzen, gibt es in der Union nur eine Richtung, und die führt weiter und ohne Gnade in die Eskalation. Da im Wahlkampf nichts ohne Kalkül geschieht, muss man davon ausgehen, dass die Union auch als Partei der Kriegshetze am Ende die Nase vorn haben wird, gewählt also von Menschen, die im Falle eines nicht auszuschließenden Krieges in Deutschland, sterben oder in der Gosse landen werden. 

Ukrainisches Blut

Einerseits ist inzwischen selbst bei den Hardlinern die Erkenntnis gewachsen, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland militärisch nicht gewinnen kann. Andererseits fordern dieselben Personen, man solle die Ukraine jetzt noch bis zum offiziellen Amtsantritt von Donald Trump mit Waffen beliefern, was das Zeug hält. Um sie in eine bessere Ausgangssituation zu bringen, heißt es. Donald Trump denkt in eine ähnliche Richtung, wenn auch mit einer anderen Begründung. Er tönte erst kürzlich, dass er von Putin so etwas wie einen Deal erwarte, und sollte der sich darauf nicht einlassen, würden die USA an die Ukraine Waffen liefern, wie es bisher nicht einmal ansatzweise geschehen sei.

Wie bereits zu Beginn des Artikels angedeutet, steht hinter jedem US-Präsidenten jemand, der ihn aufzieht, und wenn man Trump und deutsche Hardliner hört, muss man vermuten, dass dieser „Jemand“ die Rüstungsindustrie ist, die jetzt auf den letzten Metern mitnehmen will, was sie kriegen kann, bevor das Zepter anderen in die Hand gegeben wird, die die Ukraine auf nicht-militärische Weise, aber nicht weniger brutal ausbeuten und in Stücke reißen wird. Bis zu einem möglichen Deal – wenn er denn überhaupt kommt – werden also in der Ukraine weiterhin jeden Tag Menschen sterben, und man macht sich etwas vor, wenn man annimmt, dass irgendjemand in politischer Verantwortung dagegen etwas unternehmen will.

Die SPD? Kann ohnehin nicht gewinnen, denn niemand traut ihr noch etwas zu. Warum also nicht die Partei der Friedensengel mimen? Und die CDU? Kann im Prinzip nur gewinnen, denn was auch immer aus ihren Reihen kommt, es ändert (zumindest derzeit) nichts an ihren guten Umfragewerten.

Einzig sicher ist heute nur die Erkenntnis, dass die Zeit nach der Ampel-Koalition noch schlimmer ist als die davor. Der Wahlkampf ist schmutzig, so war es immer, doch er hat deutlich mehr Schmutzkübel zu bieten als das traditionell der Fall war. Für die Wähler ist es im Grunde egal, denn sie spielen bei all diesen Parteien-Inszenierungen, die wir nun erleben, sowieso keine Rolle. Sie werden belogen wie in jedem Wahlkampf, nur dass die Folgen dieses Mal erheblich gravierender sein könnten und vermutlich sein werden.

Auf zu den Urnen, in denen wir womöglich irgendwann selbst liegen werden!

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er ist Gründungsmitglied und Mitherausgeber der neulandrebellen.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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