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Ex-Botschafter Melnyk: Im Ukraine-Konflikt könnte Deutschland diplomatische Vermittlung anstoßen

 Nach Ansicht des ehemaligen ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij  Melnyk, wäre Olaf Scholz ein geeigneter Politiker, um bei einer diplomatischen Regelung des Ukraine-Konflikts eine positive Rolle zu spielen. „Ganz persönlich glaube ich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz kreativ werden und die bestehenden diplomatischen Kanäle Deutschlands nutzen könnte, um auszuloten, ob Gespräche mit Putin sinnvoll wären“, sagte der Diplomat in einem Gespräch mit der „Berliner Zeitung“. „Die Bundesrepublik hat ja immer noch eine Botschaft in Moskau. Und die Hauptsache ist, dass wir Ukrainer den Deutschen vertrauen."

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Bild: shutterstock/Achim Wagner

Nach seiner Ansicht gebe „plötzlich neue Signale“ von Präsident Wladimir Putin, dass er eine Vermittlerrolle Chinas, Brasiliens und Indiens „akzeptieren“ würde, weil er „vertrauliche Kontakte zu den Staatsoberhäuptern dieser Länder unterhält“. „Es wäre aus meiner Sicht noch verfrüht zu sagen, ob die Ukraine dazu überhaupt bereit wäre“, kommentierte Melnyk. Denn „das Grundvertrauen, vor allem gegenüber Brasilien, sollte noch ausgebaut werden, dafür bräuchten wir einen viel engeren persönlichen Austausch zwischen den Präsidenten Selenskyj und Lula. Der fehlt leider.“

Was die jüngste Initiative des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán betrifft, erscheine sie „nicht besonders erfolgversprechend“, weil die Beziehungen zwischen Ungarn und der Ukraine seit Jahren „leider angespannt“ blieben, fuhr Melnyk fort. „Voraussetzung für jede mögliche Vermittlung sei ja ein tiefes gegenseitiges Vertrauen.“

„Deutschland könnte eine diplomatische Vermittlung anstoßen“, betonte Melnyk. „Natürlich gilt für uns nach wie vor das grundlegende Prinzip, dass nichts über die Ukraine entschieden werden kann ohne die Ukraine am Tisch. Das ist klar. Allerdings, wenn man sich die Minsker Vereinbarung vom Februar 2015 in Erinnerung ruft, so ging damals – bei aller berechtigten Kritik – diese Vermittlungsinitiative von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Francois Hollande aus. Keiner hat sie darum gebeten, aber die beiden haben trotzdem gehandelt und mitgeholfen, einen Deal mit Moskau zu erreichen.“

Melnyk sagte weiter: „Die schockierenden Wahlerfolge von AfD und BSW, die als fünfte Kolonne Russlands agieren, waren eine Horrormeldung für die Ukrainer. Aber vielleicht werden sie für die Ampel ein Weckruf sein, auf – zugegeben kuriose – Weise, dass man diplomatische Initiativen auslotet, auch um diesen beiden populistischen Kräften den Wind aus den Segeln zu nehmen. Unser Ziel muss es ja sein, den Wahnsinn dieses blutigen Krieges so schnell wie möglich zu stoppen.“

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