SPD-Parteispitze „spielt Russland in die Hände“ – Historiker kritisieren Ukraine-Politik

  • POLITIK
  • April 1, 2024
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Eine fünfköpfige Gruppe von sozialdemokratischen Historikern hat in einem gemeinsamen Brief den Regierungskurs in der Ukraine-Politik scharf kritisiert.

shutterstock/penofoto

In dem Schreiben an den Parteivorstand warf die Gruppe um den Berliner Professor Heinrich August Winkler dem Kanzler Olaf Scholz vor, die „unzweideutige Solidarität“ mit der Ukraine vermissen zu lassen. Als „fatal“ kritisierten sie die Äußerung des SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, den Ukraine-Konflikt „einzufrieren“, was „faktisch eine Beendigung zugunsten des Angreifers bedeuten würde“.

„Wenn Kanzler und Parteispitze rote Linien nicht etwa für Russland, sondern ausschließlich für die deutsche Politik ziehen, schwächen sie die deutsche Sicherheitspolitik nachhaltig und spielen Russland in die Hände”, hieß es im Schreiben. Zudem warfen die Historiker Kanzler, Partei- und Fraktionsspitze vor, in der Debatte über Waffenlieferungen „immer wieder willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch” zu argumentieren. 

Wie das Magazin „Der Spiegel“ schreibt, kritisierten die Verfasser des Briefes, dass innerhalb der SPD eine „ehrliche Aufarbeitung der Fehler in der Russlandpolitik der letzten Jahrzehnte” fehle. Weder die Verstrickungen eigener Mitglieder mit Interessenvertretern Russlands noch „die fehlgeleitete Energiepolitik, die Deutschland in eine fatale Abhängigkeit von Moskau geführt” habe, seien bisher ernsthaft problematisiert worden. Vielmehr werde die Tradition der Ostpolitik „nach wie vor unkritisch und romantisierend als Markenzeichen der SPD hochgehalten“. Das sei gefährlich, weil so damit eine „irrige Basis“ auch für die künftige Außenpolitik geschaffen werde.

Aus den politischen SPD-Kreisen gab es vorerst kaum Reaktion auf das Schreiben. „Die wenigen Reaktionen auf den Brief, die es bisher gibt, sind auch eher beschwichtigend“, stellt „Der Spiegel“ fest. Die Aufregung in der SPD über den Brief halte sich „in Grenzen”, sagte der Außenpolitiker Nils Schmid dem Magazin. „Bei Taurus aber respektiert die SPD die Abwägung des Kanzlers.” 

„Der Brief ist nun aber schon das zweite Warnsignal an Kanzler und Parteiführung, dass es Unmut in den eigenen Reihen gibt“, so „Der Spiegel“. „Das erste Zeichen war Anfang der Woche die Ankündigung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, sich aus dem politischen Betrieb zurückzuziehen. Roth war einer der ganz wenigen aus der SPD, die sich überhaupt mal gegen den Kurs des Kanzlers in der Ukraine-Politik gestellt haben.“

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