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75 Jahre Nato: Vom Verteidigungs- zum Kriegsbündnis

Vor 75 Jahren, am 4. April 1949, wurde die Organisation des Nordatlantikvertrages (North Atlantic Treaty Organization – Nato) ins Leben gerufen. Daran waren zwölf westliche Staaten unter Führung der USA beteiligt. Auslöser war die Konfrontation nach Ende des Zweiten Weltkrieges zwischen den westlichen Siegermächten USA, Großbritannien und Frankreich einerseits und der Sowjetunion andererseits.

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Bild: shutterstock/vetkit

Die Gründung der Nato gilt als offener Beginn des „Kalten Krieges“ zwischen den beiden politischen Systemen in West und Ost, der bis 1990 andauerte. Ab 1952 wurden eigene politische und militärische Strukturen des westlichen Militärbündnisses geschaffen. Das östliche Gegenstück, die Organisation des Warschauer Vertrages (OWV – allgemein: Warschauer Pakt), wurde erst 1955 gegründet. Beide Bündnisse wurden jeweils von den größten Mitgliedern, den USA und der Sowjetunion, dominiert – was für die USA in der Nato bis heute gilt.

Der erste Nato-Generalsekretär Lord Hastings Ismay wurde 1952 eingesetzt. Er erklärte später zum Sinn des Bündnisses, „der einzige Zweck bestand darin, die USA drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unten“ zu halten. In der Zeit des Kalten Krieges galt die Nato als Verteidigungsbündnis.

Heute hat sie nach mehreren Erweiterungsrunden 32 Mitglieder, darunter ehemalige Mitgliedsstaaten des 1991 aufgelösten Warschauer Vertrages und frühere Sowjetrepubliken. Seit dem Krieg der Nato 1999 gegen Jugoslawien gilt sie für Kritiker als Kriegsbündnis. Die Bundesregierung beschreibt sie weiterhin als „Verteidigungsbündnis und Wertegemeinschaft“.

Nato-Erweiterung

Die Nato-Osterweiterung ab den späten 1990er Jahren und insbesondere das Angebot der Mitgliedschaft von 2008 an Georgien und die Ukraine gelten als Auslöser der neuen Konfrontation zwischen dem Westen und Russland. Die unnachgiebige westliche Haltung im Fall der Ukraine wird zu den Ursachen des russischen Einmarsches im Februar 2022 gerechnet.

Seit mehreren Jahren hat die Nato ihre Aktivitäten auch auf Afrika und den asiatisch-pazifischen Raum ausgeweitet. Vor allem die Zusammenarbeit mit asiatischen Staaten wird ausgebaut. Das Strategische Konzept der Nato von 2022 zählt zu den Bedrohungen Russland, aber auch China sowie den internationalen Terrorismus.

Zu den Kritikern des westlichen Militärbündnisses zählt unter anderem der ehemalige hochrangige UN-Diplomat Michael von der Schulenburg. So erklärte er am 25. November 2023 bei einer Friedensdemonstration in Berlin, die Nato-Länder seien verantwortlich für 70 Prozent aller Waffen und des Waffenhandels in der Welt. Er verwies auf Angaben des US-Kongresses, denen zufolge die USA mit Hilfe von Nato-Partner seit dem Ende des Kalten Krieges sich in 251 Fällen in anderen Ländern militärisch eingemischt haben.

„Das heißt, die Nato und mehrere von den Mitgliedsstaaten der Nato führen die ganze Zeit Krieg. Es gab keinen Tag, wo wir nicht irgendwo in einem Krieg gewesen sind.“ Und er fügte hinzu: „Es gibt kein anderes Staatenbündnis, das auch nur annähernd so oft militärisch in anderen Ländern eingegriffen hat wie der Westen.“

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