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Der Tag an dem der Krieg in der Ukraine begann

Am 14. April 2014 verkündet Alexander Turtschinow, der von den Maidan-Umstürzlern eingesetzte Präsident der Werchowna Rada, dem ukrainischen Parlament, den Beginn der ATO, der militärischen „Antiterroroperation“ gegen die aufständische Bevölkerung in der Ostukraine. An diesem Tag rollen die ersten Panzer der ukrainischen Armee nach Osten, in den Donbass. Der im Februar 2014 in der Westukraine und in Kiew losgetretene Bürgerkrieg geht damit endgültig in seine militärische Phase über.

Ein Beitrag von Wilhelm Domke-Schulz

Alexander Turtschinow Standbild aus dem Film "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film 
Bild: Alexander Turtschinow Standbild aus dem Film "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film 

Das es soweit kommen würde, war im Grunde keine große Überraschung. Jedenfalls nicht für die ethnisch russische Bevölkerung des Landes, die im Osten und im Süden der Ukraine und vor allem auf der Krim vielerorts die Bevölkerungsmehrheit bildet.

Die verschiedensten faschistisch-nationalistischen Parteien und Massenorganisationen, wie die „Swoboda“-Partei, die „UDAR“-Partei, der „Kongress Ukrainischer Nationalisten“ (KUN) oder die „Sozial-Nationale Versammlung“ (SNA) und deren paramilitärischen Verbände, wie „Trysub“, die „Gruppe Patriot“, die faschistische Dachorganisation „Rechter Sektor“ bis hin zu den neu gegründeten paramilitärischen Terrorverbänden „Asow-Bataillon“, „Aidar“, „Dnipo I“ und „Dnipro II“ und viele andere extrem nationalistische Organisationen, haben sich seit ihrer Gründung in den 90iger Jahren einer radikalen „Ukrainisierung“, der totalen Auslöschung der russischen Sprache, der russischen Geschichte, Kultur und Identität auf ukrainischem Boden verschrieben.

Eine politische Zielsetzung, die in einem Vielvölkerstaat wie der Ukraine, in der nicht nur die sehr große Minderheit der ethnischen Russen, sondern auch viele Ungarn, Rumänen, Moldawier, Deutsche, Tartaren, Juden, Griechen und noch etliche andere Ethnien zu Hause sind, faktisch irgendwann auf einen Bürgerkrieg hinauslaufen musste. Dass der noch nicht viel eher losgebrochen ist, ist bis dahin lediglich dem Umstand zu verdanken, dass die extremistischen Nationalisten sich bis 2014 weitgehend an die Gepflogenheiten der „westlichen parlamentarischen Demokratie“ gehalten haben.

Wobei die gut orchestrierte und damals schon massiv vom kollektiven Westen unterstützte sogenannte „orangene Revolution“ gegen die Ergebnisse der Präsidentenwahl im Jahr 2004, die dem legitimen Wahlsieger Janukowitsch schließlich das Präsidentenamt kostete und den damaligen Liebling des Westens Wiktor Juschtschenko an die Macht brachte, einen sehr deutlichen Vorgeschmack darauf lieferte, was passieren würde, wenn diesen Kräften die unumschränkte Macht zufallen würde.

Unter Juschtschenko wurde z.B. der Faschistenführer Stepan Bandera postum zum „Helden der Ukraine“ gekürt, was später von Präsident Janukowitsch revidiert worden ist, erlebten die zahllosen faschistischen Organisationen und Verbände eine gesellschaftliche Aufwertung und zunehmende Einflussnahme, die Schlimmes ahnen ließ.

Und auch die westlichen Förderer der Ultranationalisten nutzten die Gunst der Stunde, versorgten sich u.a. mit den Einsatzplänen und Ausbildungsunterlagen der ukrainischen Spezialpolizei „Berkut“ für Ernstfälle und Großeinsätze, auf deren Grundlage sie später die extremistischen Nationalisten in Ausbildungslagern in Polen und Litauen auf ihren Einsatz gegen die ukrainischen Ordnungskräfte auf dem Maidan 2013/14 vorbereiteten.

In der Juschtschenko-Ära entstanden auch die ersten konkreten Planungen des US-Militärs für eine künftige US-Marine-Basis in Sewastopol auf der Krim.

All das ging vielfach am gutgläubigen Massenmedienkonsumenten in Deutschland vorbei, der über sehr viele Vorgänge in der Ukraine im Unklaren gelassen wurde, was auch heute noch der Fall ist, nicht aber an der demokratischen Zivilgesellschaft, an den Antifaschisten und vor allem an den ethnisch russischen Bürgern im Osten und Süden der Ukraine, die diese für sie sehr bedrohliche Entwicklung sehr aufmerksam verfolgten.

Gewalt auf dem Maidan, Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film 
Bild: Gewalt auf dem Maidan, Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film 

Als sich dann im Februar 2014 die ukrainischen Nationalisten, mit massiver Unterstützung der ukrainischen Oligarchen, des kollektiven Westens und vor allem der USA, verfassungswidrig und mit Gewalt an die Macht putschten, war der Widerstand gegen das illegitime Kiewer-Regime im Südosten der Ukraine sofort sehr stark.

Dass sich in den überwiegend von ethnischen Russen bewohnten Regionen der Ukraine sehr schnell, so massiver Widerstand regte, hing auch mit der Bestialität der ukrainischen Faschisten in der besonders blutigen Umsturzphase zusammen.     

Am 18. Februar 2014 überfielen z.B. mehrere neofaschistische Maidan-Hundertschaften, unter Beteiligung u.a. von Angehörigen des „Rechten Sektors“, der „Swoboda-Partei“ und der „UDAR“-Partei von Vitali Klitschko, das in den westlichen Massenmedien bis heute völlig unerwähnt gebliebene Zeltlager der Unterstützer von Präsident Janukowitsch im Kiewer Mariinski-Park, in dem sich tausende Demonstranten aus sämtlichen Regionen der Ukraine, vor allem natürlich aus dem Osten, dem Süden und aus der Autonomen Republik Krim versammelt hatten.

Die Maidanumstürzler hinterließen, nachdem sie das Zeltlager in Brand gesteckt und mit Holzstangen und sonstigen Schlagwerkzeugen auf ihre ideologischen Gegner eingeprügelt hatten, auf dem Schlachtfeld im Mariinski-Park etwa ein Dutzend Ermordete unter den regierungsnahen Demonstranten. Dass damals nicht mehr Tote zu beklagen waren, wie z.B. später am 02. Mai 2014 in Odessa, oder am 09. Mai 2014 in Mariupol, ist nur dem beherzten Eingreifen der ukrainischen Polizeikräfte zu verdanken, die an diesem Tag die Nationalisten noch einmal in die Flucht schlagen und schlimmeres verhindern konnten.

Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film
Bild: Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film

Am selben Tag überfielen extremistische Nationalisten auch das Gebäude der regierenden „Partei der Regionen“ in Kiew, das dabei in Brand gesteckt wurde und bei dem nach unbestätigten Meldungen „nur“ ein oder zwei Mitarbeiter ums Leben kamen.

Viel schlimmer wüteten die ukrainischen Faschisten, unter ihnen wiederum Angehörige des „Rechten Sektors“, der „Swoboda-“ und der „UDAR“-Partei, am 20. Februar 2014 auf der Landstraße bei Korsun. Sie überfielen einen Buskonvoi mit Krimheimkehrern vom inzwischen aufgelösten Zeltlager im Mariinski-Park, setzten alle Busse in Brand und massakrierten etwa zwei Dutzend Krimbewohner auf bestialische Art und Weise, mit Eisenstangen, Steinen und Schusswaffen, zwangen sie das zersplitterte Glas der zertrümmerten Busfenster zu schlucken oder erschossen sie einfach „auf der Flucht“. Diesmal waren keine Polizeikräfte vor Ort, die sich schützend vor die unbewaffneten Opfer hätten stellen können.

Auch andere Bus-Konvois mit Heimkehrern vom Mariinski-Park aus anderen Landesteilen wurden von Neofaschisten überfallen, Fahrzeuge zerstört, Insassen misshandelt und erschlagen. Wohlgemerkt passierte das alles bereits vor dem endgültigen, verfassungswidrigen und gewaltsamen Sturz des legitimen Präsidenten Janukowitsch.

Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film  
Bild: Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film  

Anschließend wollten mehrere hundert bewaffnete nationalistische und neofaschistische Kräfte in einem von ihnen gecharterten Zug per Bahn auf die Krim fahren, um dort die „ukrainische Ordnung“ zu errichten. Antifaschistische Krimbewohner erfuhren von dem Plan und bereiteten sich auf einen gebührenden Empfang der terroristischen Umstürzler im Bahnhof der Hauptstadt der Autonomen Republik Krim, Simferopol vor. Woraufhin die Nationalisten ihre geplante terroristische Attacke absagten.

Der wichtigste Meilenstein auf den Weg in den immer unvermeidlicher werdenden Bürgerkrieg war wohl der Kongress von Parlamentariern der „Partei der Regionen“ des legitimen Präsidenten Viktor Janukowitsch, von Gouverneuren und Lokalpolitikern der östlichen und südlichen Regionen, einschließlich der Krim, am 22. Februar 2014 im Sportpalast von Charkow.

In einer Resolution stellten die über zweitausend Teilnehmer die Verfassungswidrigkeit des gewaltsamen Umsturzes auf dem Maidan fest und setzten die Unterstellung ihrer Regionen unter das neue illegitime Kiewer Regime für unbestimmte Zeit aus, bis die verfassungsgemäße Ordnung im Land wiederhergestellt sei.

Unter dem Eindruck der unzähligen Todesopfer faschistischer Gewalt während der Maidan-Revolte, einschließlich ca. zwei Dutzend von den sogenannten „friedlichen Demonstranten“ ermordeter Polizisten in Kiew, die erschlagen, bei lebendigem Leib verbrannt oder mit in der Westukraine aus geplünderten Polizeistationen und Armeekasernen erbeuteten Waffen erschossen worden waren, ermutigt durch den Kongress von Charkow und der darauf verabschiedeten Resolution, erstarkte die antifaschistische „Antimaidanbewegung“ (von den westlichen Massenmedien bis heute als angeblich „prorussische Separatisten“ verunglimpft) im Osten und Süden der Ukraine immer mehr.  

Kongress in Charkow 22.02.2014 Standbild aus dem Film "Leben und Sterben im Dombass" © 2022 domke-schulz-film
Bild: Kongress in Charkow 22.02.2014 Standbild aus dem Film "Leben und Sterben im Dombass" © 2022 domke-schulz-film

Am 1. März 2014 stürmten Anhänger des „Antimaidan“ in Charkow die örtliche Gebietsverwaltung, in der sich einige Tage zuvor mehrere dutzend ukrainische Nationalisten verschanzt hatten, um in der östlichen Gebietshauptstadt ihr illegitimes Regime zu errichten. Die Besetzer wurden verjagt und im Stadtzentrum durch einen „Korridor der Schande“ getrieben. Tote gab es an diesem Tag nicht. Die Aktivisten des „Antimaidan“ zahlten nicht mit gleicher Münze heim.   

Nachdem in der Nacht zum 7. April eine Gruppe von Antimaidan-Aktivisten in Lugansk vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU verhaftet worden war, stürmten aufgebrachte Einwohner der Stadt das SBU-Gebäude, befreiten die Antifaschisten und besetzten die Geheimdienstzentrale. Ohne dabei Todesopfer oder Schwerverletzte zu hinterlassen. Als Nebeneffekt wurde bei dieser Aktion auch das gut bestückte Waffenarsenal der Geheimdienstler erbeutet. Von diesem Moment an war der beginnende Bürger-Aufstand im Osten der Ukraine bewaffnet. 

In diesen Tagen formierte sich auch der Kern der künftigen Volkswehr der später ausgerufenen „Volksrepublik Lugansk“, die zunächst aus ehemaligen Marinesoldaten der Region gebildet wurde, die vorher in ihrem zivilen Leben Handwerker, Bergarbeiter oder Lehrer waren.

Am gleichen Tag, dem 7. April, wurde in der zu diesem Zeitpunkt bereits von Aufständischen besetzten Gebietsverwaltung von Donezk, öffentlich der Beschluss zur Vorbereitung der Gründung der künftigen „Volksrepublik Donezk“ bekanntgegeben.

Aufstandsähnliche Besetzungen von Verwaltungsgebäuden durch ortsansässige Bürger fanden zeitgleich auch in anderen Donbass-Städten, wie Kramatorsk, Slawjansk, oder Mariupol statt.

Der zunächst völlig spontane und überwiegend gewaltfreie Bürgeraufstand gegen das illegitime Kiewer Nationalisten-Regime weitete sich im Südosten der Ukraine immer weiter aus und begann sich zu organisieren.

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse kündigte ebenfalls am gleichen 7. April 2014, der von den Umstürzlern eingesetzte nationalistische Übergangspräsident des ukrainischen Parlamentes, Alexander Turtschinow, einen bevorstehenden sogenannten „Antiterroreinsatz“ der regimetreuen Truppen gegen die eigene, verfassungstreue, aufständische Bevölkerung in der Ostukraine an, weil sie sich nicht bedingungslos dem illegitimen Kiewer-Regime und seiner Ideologie unterwerfen wollte.

Der Militäreinsatz gegen den Aufstand kam zunächst nur langsam voran. Mutige, zu allem entschlossene Frauen, Männer, Jugendliche und  Alte versuchten die Militärfahrzeuge mit bloßen Händen aufzuhalten, verwickelten die Soldaten der ukrainischen Armee in hitzige Diskussionen, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern, den Donbass zu besetzen. Vielfach mit Erfolg. Viele Soldaten wollten einfach nicht gegen die eigenen Bürger kämpfen. Was übrigens auch verfassungswidrig war. Denn der ukrainischen Armee war damals laut geltender Verfassung ein Einsatz im Inland verboten. Dutzende Soldaten liefen in den ersten Tagen zur Volkswehr über und nahmen dabei ihre Waffen mit.

Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film
Bild: Standbild aus dem Dokumentarfilm "Leben und Sterben im Donbass" © 2022 domke-schulz-film

Nach diesem anfänglichen Fiasko schlug dann sehr schnell die Stunde der neu gegründeten, von ukrainischen Oligarchen wie Igor Kolomoiski finanzierten nationalistischen Bataillone.

Der Ende Februar 2014 von den Putschisten eingesetzte nationalistische Innenminister Arsen Awakow gliederte diese faschistischen Paramilitärs als „Freiwilligenbataillone“ in die neugegründete sogenannte „Nationalgarde“ ein.

Damit konnten sie ihren lang geplanten Feldzug gegen die Bevölkerung im Osten und Süden der Ukraine, die nicht bereit war, sich freiwillig „ukrainisieren“ zu lassen, ganz legal und nunmehr im „staatlichen Auftrag“ starten.

Die äußerste Brutalität dieser faschistischen Mordbanden gegen die aufständische Bevölkerung, vor allem auch gegen unbewaffnete Zivilisten ist durch zahllose Videos, Fotos, Zeugenaussagen und andere Dokumente fast lückenlos belegt und kostete in der ersten Phase des ukrainischen Bürgerkrieges bis Anfang 2022 ca. 15.000 Menschenleben, fast ausschließlich auf Seiten der Aufständischen, darunter sehr viele Frauen und hunderte Kinder. Der gutgläubige westliche Massenmedienkonsument hat auch darüber bis heute praktisch nichts erfahren. 

Mit meinen Dokumentarfilmen „Remember Odessa“ und „Leben und Sterben im Donbass“ habe ich aus umfangreichen Originalaufnahmen und eigenem Filmmaterial Zeitdokumente geschaffen, die die schlimmsten Verbrechen der ukrainischen Ultranationalisten und faschistischen Umstürzler dokumentieren und Zeitzeugen, Betroffene, Opfer und Täter zu Wort kommen lassen.   

Der 14. April 2014 gilt für die betroffenen ukrainischen Bevölkerungsgruppen heute als offizieller Tag des Kriegsbeginns, der sich in diesem Jahr zum zehnten Mal jährt und gerade unter denen unzählige Opfer gefordert hat, die sich im Zuge des „russischen Frühlings“ gegen den illegitimen Staatsstreich, den ukrainischen Nationalismus und seine faschistoide Ideologie erhoben haben, um ihre Sprache, ihre Geschichte, ihre Kultur, ihre Identität, wenn es sein muss auch mit ihrem eigenen Leben zu verteidigen. 

Russland Ukraine-Konflikt: Im Gespräch mit Wilhelm Domke-Schulz 

11. Juni 2022 UNO-Sicherheitsrat, Rede von Wilhelm Domke-Schulz

https://www.youtube.com/watch?v=H1Fd-znQwTY&t=9s

Remember Odessa - wir vergessen nicht, wir vergeben nicht

https://www.youtube.com/watch?v=56bfHtbMC9w

+18! Leben und Sterben im Donbass

https://www.youtube.com/watch?v=qK-wJU1yGDk&rco=1

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