Trump will Fördermittel nur noch für Linientreue an amerikanischen Universitäten zulassen. Unglaublich, was sich der erlaubt! Ob er sich das von Deutschland abgeguckt hat?
Ein Beitrag von Roberto J. De Lapuente

Die Tagesschau bringt mal wieder Neues aus jenem Land, das angeblich in den Faschismus abgleitet: Die Vereinigten Staaten. Präsident Donald Trump zieht in Erwägung, die Wissenschaftsbetriebe und Hochschulen politisch zu zähmen – und zwar mit Fördermitteln, die es nur im Falle von Linientreue geben soll. Ausgewogen bereitet Deutschlands bekanntestes Nachrichtenformat die Meldung auf – Experteneinschätzung von DemocratGavin Newsom, nebenher Kontrahent des US-Präsidenten und im Augenblick gehandelt als nächster demokratischer Präsidentschaftskandidat. Er nennt die Pläne der Administration in Washington eine »radikale Vereinbarung«. Neun Hochschulen seien ausgewählt worden, die mit Fördergeldern ausgestattet werden könnten, wenn sie sich an gewisse Grundsätze halten. Hochschulen müssten beispielsweise einschreiten, wenn »konservative Ideen bestraft, herabsetzt oder sogar Gewalt gegen sie anstiftet« würde, schreibt die New York Times.
Dieser Teufel! Will er wirklich das Hochschulwesen so formen, dass es seiner Linie und dem neuen Zeitgeist entspricht! Unerhört, was sich dieser Trump da leistet. Und bevor mehr dazu gesagt werden soll: Unschön ist es allemal – aber sicher doch! Nur: Das Unschöne ist ja nicht von ihm erfunden worden, sondern prägt die Hochschulpolitik seit geraumer Zeit – und dies nicht nur in den Vereinigten Staaten. Was Trump über dem Atlantik anstrebt, konnte – und kann – man im deutschen Hochschulbetrieb ganz ähnlich beobachten.
Deutschland: Drittmittel für Linientreue
Deutschlands Forscher sind mehr denn je auf Drittmittel angewiesen. Drittmittel sind Gelder, die Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusätzlich zur staatlichen Grundfinanzierung von externen Stellen einwerben – beispielsweise vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), von der EU, von Stiftungen oder aus der Wirtschaft. Sie dienen dazu, Forschungsprojekte, Infrastruktur oder auch Personal zu finanzieren und machen Wissenschaft teilweise von politischen oder wirtschaftlichen Förderprioritäten abhängig. In Deutschland hat das, ganz kurz und knapp gesagt, dazu geführt, dass Wissenschaft nach Vorgaben der Wirtschaft betrieben wird – und nebenher hat auch die Bundesregierung den Druck forciert und unterstützt nur solche Ausschreibungen, die ins politische und gesellschaftliche Klima passen, das nicht selten von Stiftungen und NGOs geformt wird.
So monieren einige Wissenschaftler, dass die Forschung zu Themen, die sich zum Beispiel kritisch mit den Behauptungen aus dem Orkus derer beschäftigen wollen, die Lobbyismus in Sachen Klimaschutz betreiben, so gut wie unmöglich ist. Alles, was dazu angetan ist, die recht plumpe Fixierung auf Kohlenstoffdioxid (Stichwort: Dekarbonisierung) zu hinterfragen, bleibt bei der Vergabe veritabler Gelder außen vor. Forschung in puncto Atomkraft findet ohnehin keine Berücksichtigung mehr, weil sie politisch nicht gewollt ist. Zur Atomenergie kann man freilich stehen wie man mag: Warum aber die Forschung hier aussetzt, sollte man schon hinterfragen dürfen. Was kann an Erkenntnisgewinnen denn schlecht sein? Und wieso sollen die Politik und damit die Regierung entscheiden dürfen, wo Erkenntnisse wertvoll sind und wo sie besser erst gar nicht erzielt werden dürfen?
Ähnlich ergeht es der Forschung zum Thema Trans-Aktivismus oder Gender Studies, die die geltenden Narrative in Fragen stellen könnte – wohlgemerkt im Konjunktiv. Weist ein Projektantrag auch nur aus, dass er in eine »falsche Richtung« gehen könnte, bleiben Forschungsgelder aus. Wer heute zum Sujet der Zweigeschlechtlichkeit forschen oder die Nebenwirkungen bestimmter Identitätspolitiken verstehen möchte und einen Forschungsantrag dazu stellt, wird schnell auflaufen und seine Forschungsziele nicht nur modifizieren, sondern drehen müssen. Anträge solcher Art werden erst gar nicht mehr gestellt, man weiß ja, dass sie chancenlos bleiben und keine Fördermittel erhalten werden. Wissenschaftler, die »im Geschäft« bleiben wollen, orientieren sich dann nicht mehr an dem, was für sie spannende Erkenntnisse zu liefern verspricht, sondern an dem, was opportun ist und Fördergelder generiert. Die Wissenschaft wird also domestiziert, weil nur derjenige forschen kann, der der politischen Agenda folgt – und damit seine Linientreue beweist.
Dem Zeitgeist und der Bundesregierung unterworfen
Solche Weichenstellungen haben die deutsche Forschungslandschaft schon mehrfach geprägt. Nach dem abermaligen Atomausstieg 2011 wurde die staatliche Förderung für Kernenergieforschung praktisch eingestellt. Stattdessen flossen Milliarden in Programme für erneuerbare Energien und Batterietechnologien – etwa in das Helmholtz-Institut Ulm oder das MEET-Batterieforschungszentrum in Münster. Wer damals noch an Reaktorsicherheit oder an neuen Reaktorkonzepten forschen wollte, stand von heute auf morgen im Regen: kein Programm und kein Geld mehr, keine Zukunftsperspektive auf diesem Forschungsgebiet. Forschung, die nicht in das Bild der Energiewende passte, verschwand schlicht von der Agenda.
Ähnliche Muster zeigten sich in Zeiten der Corona-Jahre. Während Hunderte Millionen Euro aus BMBF- und EU-Töpfen in die Impfstoffentwicklung flossen und BioNTech oder CureVac zu globalen Playern aufstiegen, hatten es Projekte zu Folgeerscheinungen, Nebenwirkungen oder – und ganz besonders – alternativen Therapien schwer, nennenswerte Mittel zu erhalten. Das Narrativ war, dass nur ein Impfstoff den Weg aus der Krise lotsen könne. Alles was von dieser Parole auch nur abzulenken drohte, fand keine Förderbereitschaft.
Und schließlich nochmal der Schwenk zu den Geistes- und Sozialwissenschaften: Wie schwer es ist, Finanzmittel für die Forschung in Richtung »kritischer Umgang mit identitätspolitischen Themen« zu erhalten, wurde kurz angerissen. Die Sachlage ist aber dramatischer. So gibt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), der wohl wichtigste und renommierteste Drittmittelgeber in Deutschland, der vom Bund und den Ländern finanziert wird, ihre milliardenschweren Fördermittel lediglich an Forscher heraus, die an Hochschulen arbeiten, die die vom DFG initiierten Forschungsorientierten Gleichstellungs- und Diversitätsstandards etabliert haben. Entscheidend werden so Diversitätsaspekte – der Forschungsgegenstand kann da schon mal ins Hintertreffen geraten. Linientreue zahlt sich also aus …
Gesäuberte Hochschulen
Dass sich dieser auf Linientreue getrimmte Hochschulbetrieb letztlich auch von Professoren und Dozenten trennt, die der Leitlinie entgegenstehen, bloß auf gar keinen Fall politisch wie gesellschaftlich anzuecken, lässt sich leicht erkennen. Einer dieser Fälle wurde erst letzte Woche vor dem Landesarbeitsgericht in Köln verhandelt. Das heißt, verhandelt wurde die Causa Guérot dort nicht, man verkündete nach fünf Monaten Beratung ein Urteil, dem eine Begründung abging – fünf Monate sind offenbar zu knapp bemessen, um gleich mit der Urteilsverkündung Begründungen darreichen zu können. Ulrike Guérots Kündigung sei rechtens gewesen, teilte man den Beteiligten und der Öffentlichkeit mit – sie habe in einem Sachbuch, wohlgemerkt nicht in einer wissenschaftlichen Arbeit, falsch zitiert. Andere sind für mehr nicht behelligt worden. Als offenes Geheimnis gilt indes, dass es um die falschen Zitationen nie ging.
Guérot hat sich, wie viele andere auch, die ihr berufliches Leben auf Hochschulen zubrachten, etwas ganz Entscheidendes zuschulden kommen lassen: Sie war nicht linientreu – oder nicht mehr linientreu. Während der Corona-Zeit äußerte sie sich kritisch zu den Geschehnissen und Maßnahmen; Grundrechtseinschränkungen waren für sie auf diese Weise einfach nicht nachvollziehbar– sie tat daher schlicht das, was Politologen tun sollten: Die Lage bewerten und mit wissenschaftlicher Versiertheit darlegen. Das dürfen sie freilich heute auch weiterhin. Allerdings nur, wenn sie dabei linientreu bleiben. Weichen sie ab, endet die Karriere unvermittelt. Plötzlich ist man eine umstrittene Figur, wobei »umstritten« meint, dass man mit solchen Leuten eben nicht mehr streiten will, ganz im Gegenteil: Ihnen soll die Grundlage ihrer Existenz entzogen werden, ihre Positionen sollen im Nirgendwo versickern und nicht etwa öffentlich Raum greifen.
Das ist die Realität an deutschen Hochschulen – und man muss nun wahrlich nicht ins Amerika Donald Trumps blicken, um zu begreifen, dass Forschung und Wissenschaft längst in den Händen derer sind, die die Fördermittel in Händen halten. In dieser Frage ist zwischen Donald Trump und einem deutschen Bildungsminister – man denke an die ehemalige Bildungsministerin Stark-Watzinger, wie sie Fördermittel für jene zusammenstreichen wollte, die sich kritisch zu Israels Politik äußerten – kein wesentlicher Unterschied. Es sei denn, man ist die Tagesschau und hat den Auftrag, den Deutschen Tag für Tag ihr Deutschland als Felsen in der Brandung einer von der Leine reißenden Welt vorzustellen: Als letzten Rückzugsort von Vernunft und Anstand, während selbst unser geliebtes Amerika auf Abwege gerät. Denn über dem Teich, da wallt der Faschismus auf – bei uns ist allerdings alles in Ordnung. Wir sollten in zehn Jahren nochmal sprechen: Wenn die EU ihren Kurs so weiterfährt, wird sie diesen Kontinent zu einem totalitären Regime umfunktioniert haben, während die Amerikaner Trump überlebt haben, ohne dass deren Institutionen Schaden genommen haben werden – darauf darf man getrost wetten. Die USA waren vor Trump keine vorbildliche Demokratie, aber eine These scheint geboten: Gegen ein Volk, das bis an die Zähne bewaffnet ist, wird man keinen totalitären Umbau à la EU forcieren können. Das sagt einem die Tagesschau aber nicht …
Roberto J. De Lapuente, Jahrgang 1978, ist gelernter Industriemechaniker und betrieb acht Jahre lang den Blog »ad sinistram«. Von 2017 bis 2024 war er Mitherausgeber des Blogs »neulandrebellen«. Er war Kolumnist beim »Neuen Deutschland« und schrieb regelmäßig für »Makroskop«. Seit 2022 ist er Redakteur bei »Overton Magazin«. De Lapuente hat eine erwachsene Tochter und wohnt in Frankfurt am Main.
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