Washington läuft Gefahr, zwei große Konflikte gleichzeitig bewältigen zu müssen, da es seine Drohgebärden gegenüber Peking verstärkt. Die RAND Corporation hat für das Pentagon nun ein Strategiepapier ausgearbeitet, wie mit Russland umzugehen sei.
Ein Beitrag von Wiktorija Nikiforowa
Präsident Wladimir Putin sagte in seinem Interview mit Tucker Carlson, Russland sei zu Friedensgesprächen bereit. Das Problem ist jedoch, dass die US-Amerikaner, die an endlose Lügen gewöhnt sind, unweigerlich die Gegenpartei bei diesen Gesprächen sein werden. Schon jetzt hecken ihre Analysten komplexe Schemata aus, um ihren künftigen Betrug im Voraus zu rechtfertigen. In Wirklichkeit braucht Washington die Verhandlungen viel dringender als Moskau. Die US-amerikanischen Eliten haben unmittelbar eine Konfrontation mit China ins Auge gefasst, und es gibt nicht genug Ressourcen und Waffen für zwei ausgewachsene Konflikte. Was sollten sie also mit der Ukraine tun? Militäranalysten der RAND Corporation, eines Expertenzentrums im Dienste des Pentagons, haben versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden.
Zunächst einmal ist der Planungszeitraum beeindruckend. Ein neuer RAND-Bericht mit dem Titel „The Day After: Postwar U.S. Strategy Toward Russia“ (Der Tag danach: US-Nachkriegsstrategie gegenüber Russland) skizziert eine Zehnjahresstrategie – zwei volle Fünfjahrespläne also, was bedeutet, dass wir laut den Autoren nicht auf ein schnelles Ende des Konflikts hoffen sollten.
Wir in Russland verstehen das so: Selbst wenn es uns gelingt, eine Art von Abkommen zu erreichen, wird Washington das Geschehen als seinen Krieg betrachten. Im Krieg aber ist, wie man weiß, alles erlaubt – und jede Vereinbarung kann lediglich als ein militärischer Trick betrachtet werden. Nun denn, jedenfalls danke für die Warnung. Wir haben eigentlich nichts anderes erwartet.
Nach Ansicht der US-amerikanischen Experten kann die militärische Sonderoperation Russlands für die Vereinigten Staaten gut oder schlecht enden. Bei der „schlechten“ Option gewinnt Russland nach einem langen Zermürbungskrieg und erhält ukrainische Gebiete. Es ist bezeichnend, dass in dieser Version China Russland angeblich mit tödlichen Waffen beliefert. Die Propagandisten in Uniform schaffen einen Vorwand für den anschließenden Angriff Washingtons auf China: Peking habe die Russen mit Waffen beliefert. Was? Sie haben Moskau keine Waffen geliefert? Aber hier steht doch schwarz auf weiß, dass Sie es getan haben! RAND würde doch niemals lügen!
In dem für die USA „guten“ Szenario verliert Russland schnell, und die Ukraine „gewinnt“ ihre Gebiete zurück. Es kommt zu einem „entscheidenden Waffenstillstand“. Es sei darauf hingewiesen, dass es im Falle eines Sieges Russlands einen „unentschiedenen Waffenstillstand“ geben wird. Das heißt, Washington wird seine ukrainischen Stellvertreter weiterhin auf neue Morde ansetzen – genau wie es nach dem Abschluss der Minsker Vereinbarungen der Fall war. Unabhängig davon, wie der Konflikt endet, habe Washington laut RAND zwei Optionen für die Nachkriegspolitik – eine harte und eine weniger harte Reaktion.
Bei der ersten Option würden die Vereinigten Staaten nicht über Rüstungskontrollmaßnahmen verhandeln, die Anzahl und Reichweite ihrer Atomwaffen erhöhen, Europa mit ihren Raketenabwehrsystemen und Mittelstreckenraketen überschwemmen, die Ukraine und Georgien in die NATO hineinziehen und antirussische Sanktionen aufrechterhalten. Die weniger harte Version beinhaltet eine ganze Reihe von Versprechungen: Die USA bleiben „offen“ für Verhandlungen über den neutralen Status der Ukraine, über nukleare und konventionelle Waffen, über Beschränkungen der Raketenabwehr und Raketen in Europa, ebenso wie über eine gewisse Lockerung der Sanktionspolitik.
RAND ist der Ansicht, dass eine harte Politik in jedem Fall – ob Russland gewinnt oder verliert – zu einem nuklearen und konventionellen Wettrüsten führen wird. Besonders beängstigend finden die Analysten die Aussicht, dass Russland und China gemeinsam an diesem Wettlauf teilnehmen und Technologien, Spezialisten und Ressourcen austauschen werden. Außerdem könnte die US-amerikanische Härte Frankreich und Deutschland abschrecken, und ohne sie mache das NATO-Bündnis keinen Sinn.
In der Zwischenzeit würde eine weniger harte Politik die Risiken einer militärischen Konfrontation in Europa verringern, die Wirtschaft aller Länder, einschließlich der USA, wieder ankurbeln und vor allem „Ressourcen und Kräfte freisetzen“, um „den Schwerpunkt des Konflikts in die indo-pazifische Region zu verlagern.“ Und genau hier liegt der Hund begraben, wie Michail Sergejewitsch Gorbatschow zu sagen pflegte. Washington muss dringend Truppen und Gelder von Europa nach China verlegen, aber der Ukraine-Konflikt verhindert dies. Dieser Krieg muss zu Ende geführt werden und gleichzeitig muss es gelingen, das Gesicht nicht zu verlieren – alles zu tun, um die Menschen glauben zu lassen, dass es Moskau sei, das um einen Waffenstillstand bittet. Doch eine andere Sache ist noch komplizierter: Die USA können China nicht angreifen, während der Drache von Norden her durch den russischen Bären unterstützt wird. Das ist ein sicherer Weg in die Niederlage. Das gemeinsame Arsenal der beiden Länder, die Kampfkraft ihrer Armeen und ihr wirtschaftliches Potenzial – all das lässt den US-Amerikanern einfach keine Chance.
Wir sollten also darauf vorbereitet sein, dass die Vereinigten Staaten alles daransetzen werden, um unseren Beziehungen zu China ein Ende zu bereiten. Wie wir sehen, erheben sie bereits den wahnhaften Vorwurf, China würde Russland mit Waffen beliefern. Und um das mit Peking befreundete Moskau zu schwächen, ist es für die US-Amerikaner von Vorteil, den Konflikt in der Ukraine so lange wie möglich hinauszuzögern. RAND ist bemerkenswert dreist, wenn es die „weniger harte Politik“ seiner Auftraggeber artikuliert. Dabei formulieren die Analysen nichts außer Versprechungen nach dem Motto „wir versprechen, über Ihre Bedenken nachzudenken und für Ihre Vorschläge offenzubleiben. Rufen Sie uns aber nicht an, wir rufen Sie selbst zurück.“
Jedes Waffenstillstandsabkommen für den Fall, dass die Ziele der militärischen Sonderoperation erfüllt werden, wird von den US-Amerikanern im Voraus als „zweifelhaft“ eingestuft. Was ist das anderes als der Wunsch, wieder zu lügen und zu täuschen? Es ist eine reine Mogelpackung. Genau wie die Minsker Abkommen, die der Westen unterzeichnete, um Waffen in die Ukraine zu pumpen, wobei er dies am Ende sogar selbst offen zugegeben hat. Natürlich würden wir den blutigen Konflikt in Kleinrussland gerne beenden. Aber wie können wir mit diesen Gaunern und ihren Herren verhandeln?
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 15. Februar 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen. Wiktorija Nikiforowa ist eine Kolumnistin bei RIA Nowosti.