Breuer zu russischer Gefahr und Zwei-Prozent-Ziel der Nato-Staaten: „Müsste auch für Trump ein guter Deal sein“

  • POLITIK
  • Juli 23, 2024
  • 0 Kommentare

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sieht in der militärischen Aufrüstung Russlands eine wachsende Gefahr für den Westen. Seine Aufgabe sei es, auch ein Worst-Case-Szenario zu denken.

shutterstock / Filmbildfabrik

„Wir beobachten, dass die russische Armee Richtung Westen ausgerichtet wird“, sagte Breuer der „Sächsischen Zeitung“.

In fünf bis acht Jahren seien Moskaus Streitkräfte materiell und personell so ausgerüstet, dass ein Angriff auf Nato-Gebiet möglich wäre. Er nannte eigene Analysen, Hinweise von Geheimdiensten und verbündeten Streitkräften sowie Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin als Grundlage für die Einschätzungen.

General a. D. Harald Kujat sieht das anders: „Weder aus den sicherheitspolitischen und strategischen Grundsatzdokumenten der russischen Regierung noch aus öffentlichen Äußerungen Putins lassen sich Pläne für Angriffe auf Nato-Staaten ableiten“, so der Bundeswehr-Generalinspekteur und frühere Vorsitzende des Nato-Militärausschusses in einem aktuellen Interview auf den Nachdenkseiten. „Selbst die offiziellen Bedrohungsanalysen der US-Regierung – einschließlich der von 2024 – geben keinen Hinweis auf eine entsprechende russische Absicht, obwohl dies auch von US-amerikanischen Politikern behauptet wird.“ Kujat weist auf den aktuellen Bedrohungsanalyse der USA hin, darin heißt es: „Russland will mit ziemlicher Sicherheit keinen direkten militärischen Konflikt mit den Streitkräften der USA und der Nato und wird seine asymmetrischen Aktivitäten unterhalb der seiner Schätzung nach globalen militärischen Konfliktschwelle fortsetzen.“

Bis zu 1.500 russische Panzer pro Jahr

„Die russische Armee stockt Jahr für Jahr um 1.000 bis 1.500 zusätzliche Panzer auf. Die fünf größten europäischen Nato-Mitgliedsstaaten haben gerade mal die Hälfte davon im Bestand“, sagte Breuer. Die Bundeswehr verfüge über etwa 300 Kampfpanzer. Für die Bundeswehr heißt das laut Breuer: „Wir müssen in fünf Jahren auf diese Möglichkeit vorbereitet sein. Nur so schrecken wir ab.“

Breuer: Trump wird Wert der Nato erkennen

Deutschlands ranghöchster Soldat machte in dem Gespräch klar, dass er keine Anzeichen für eine militärische Abwendung der USA von Europa sieht und er davon ausgeht, dass Donald Trump bei einer Wiederwahl zum US-Präsidenten den Wert der Nato kenne. „Trump hat uns Europäern brachial den Spiegel vorgehalten und klargemacht, dass wir den europäischen Pfeiler des Bündnisses stärken und eine von den USA unabhängigere Rolle einnehmen müssen. Das haben spätestens mit dem russischen Angriffskrieg alle verstanden“, sagte Breuer. Verglichen mit 2020 werde deutlich, dass jetzt nicht mehr nur zwei oder drei Nato-Staaten das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel einhalten, sondern über 20. „Das müsste auch für Trump ein guter „Deal“ sein. Ich bin optimistischer als andere, dass mit etwas Abstand vom Wahlkampf auch für ihn der große Mehrwert der Allianz deutlicher wird.“

In der Ukraine erwartet der Generalinspekteur vorerst keine wesentlichen Veränderungen der Frontverläufe, das Land bleibe aber auf Unterstützung angewiesen. „Wir werden auf dem ukrainischen Gefechtsfeld absehbar keine weiträumigen Bewegungen erleben. Der Verlauf und die Befestigung der Front machen dies weitgehend unmöglich“, sagte Breuer. Und: „Kleine langsame Operationen sind denkbar, großangelegte Offensiven nur schwer. Ein Zusammenziehen von Truppen würde sofort erkannt und zu Gegenmaßnahmen führen.“

(red/dpa)

  • Related Posts

    Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik (Teil 1)

    Nur eines setzt der folgende Text im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg grundsätzlich voraus: das Wissen um die oder wenigstens die Ahnung von der nicht zu leugnende/n Gefahr einer – allmählich…

    Trump-Putin-Gipfel – Politisches Theater, Wandel durch Annäherung oder Täuschung?

    Vor dem Hintergrund hysterischer Reaktionen in Kiew und in den EU-Hauptstädten versuchten die Professoren Jeffrey Sachs und Glenn Diesen diese Frage in einer Diskussion auf YouTube zu klären. Ein Beitrag…

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    You Missed

    Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik (Teil 1)

    • August 17, 2025
    • 5 views
    Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik (Teil 1)

    Lebensmittelpreise: Sollen sie doch Kuchen essen!

    • August 16, 2025
    • 11 views
    Lebensmittelpreise: Sollen sie doch Kuchen essen!

    Trump-Putin-Gipfel – Politisches Theater, Wandel durch Annäherung oder Täuschung?

    • August 15, 2025
    • 31 views
    Trump-Putin-Gipfel – Politisches Theater, Wandel durch Annäherung oder Täuschung?

    August 1914: Der verzerrte Ursprung unserer Gegenwart, Teil 2

    • August 15, 2025
    • 11 views

    Verfolgt Trump mit Putin beim Alaska-Gipfel eine „umgekehrte Kissinger“-Strategie?

    • August 14, 2025
    • 22 views
    Verfolgt Trump mit Putin beim Alaska-Gipfel eine „umgekehrte Kissinger“-Strategie?

    Im Krieg gegen das Alte

    • August 13, 2025
    • 15 views
    Im Krieg gegen das Alte