Es geht – so scheint es – ein Gespenst um in Europa. Es ist das Gespenst des Nationalismus. Doch was an diesem Nationalismus ist eigentlich so gefährlich?
Ein Artikel von Tom J. Wellbrock.
Nationalismus ist böse, das wurde politisch entschieden. Nationalismus wird der offiziellen Erzählung nach mit Rassismus, Rechtsradikalismus, Hass und Hetze in Verbindung gebracht und ist daher zu verurteilen. Dem gegenüber stehen Weltoffenheit, Freundschaft mit anderen Nationalitäten und allgemeine Friedfertigkeit. Und all diese freundlichen Attribute kommen aus Brüssel, ausgerechnet. Es wird Zeit, dem Nationalismus ein neues Image zu verpassen.
Wo, wenn nicht beim Fußball, wäre Nationalismus, oder besser: Nationalstolz, angebrachter? In internationalen Begegnungen treffen Deutschland und Frankreich aufeinander, oder die Deutschen spielen gegen Italien, Brasilien, Argentinien, alles Klassiker der Fußballkunst. Als einst beim „Sommermärchen“ Hunderttausende von kleinen deutschen Flaggen an Fenstern, Autos, Fahrrädern und Balkonen hingen, war das kein Problem. Man hatte schließlich jede Menge Ausländer „zu Gast bei Freunden“, da war das Zeigen der Nationalflagge eine Selbstverständlichkeit und ein Ausdruck deutscher Gastfreundschaft.
Im Juli 2024 geriet dieses „Sommermärchen“ aber in den Fokus der politischen Sittenwächter der Bundeszentrale für politische Bildung. Für Pegida und alles, was danach an Radikalisierung folgte, seien womöglich Klinsi, Poldi & Co. verantwortlich gewesen, denn wenn die nicht so ein Getöse veranstaltet hätten, hätte Deutschland auch kein Problem mit dem Nationalismus. Doch die Deutschen sind empfindlich, wenn es um ihr „Sommermärchen“ geht, selbst wenn sie längst wissen, dass die Ausrichtung dieses Turniers auf Korruption basierte. Dennoch: Man ruderte zurück und behauptete einfach das Gegenteil, die WM im eigenen Land sei schon in Ordnung gewesen.
Die Sache mit der WM im eigenen Lande ging also zunächst in die Hose, aber das Thema kommt nun erneut auf. Unter der Überschrift „Der Einfluss von Fußball auf Nationalstolz und Nationalismus“ ist es nun der Deutschlandfunk, der das Thema erneut aufbringt. Gleich zu Beginn des Artikels heißt es:
„Fußballspiele sind grundsätzlich geeignet, Gruppenrivalitäten anzuheizen; und Stadien sind die Orte, an denen das besonders gilt.“
Sport ist gesund? Sport schafft Freundschaften? Sport verbindet und fördert die Toleranz? Offenbar ist das nicht mehr zeitgemäß, heute führt Sport – und insbesondere Länderspiele beim Fußball – zu Gruppenrivalitäten. Das ist im Grunde nichts Neues, die Fans der gegeneinander spielenden Mannschaften waren immer schon geprägt durch Rivalität, das ist ja das Prinzip von (sportlichen) Wettkämpfen.
Doch das ist nicht der Punkt, der im Artikel im Vordergrund steht, es geht um etwas anderes:
„Michael Mutz, Professor für Sozialwissenschaften des Sports an der Uni Gießen, erläutert: „’Im Kontext von Fußball-Länderspielen kann es auch die Nation sein, die auf diese Weise auch erlebbar wird und das führt häufig dazu, dass auch die Identifikation mit dieser Gruppe ansteigt. Das kann auch so was sein wie eine Grundlage für Zusammenhalt. Jemand hat Fußball-Länderspiele auch als das letzte Lagerfeuer der Nation bezeichnet.'“
Und genau dieses „Lagerfeuer“ ist das Problem, denn Zusammenhalt ist de facto nicht das, was in der heutigen gesellschaftspolitischen Landschaft gewünscht ist, jedenfalls nicht der Zusammenhalt einer Nation. Denn dieser – so die These – führt zu Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsradikalismus. Die Lösung kann nur der Abschied vom Nationalismus, der Abschied von den Nationen sein. Und die Alternative steht mitten im Rampenlicht.
Den Platz der Nationalität hat die Europäische Union (EU) eingenommen. In den Mitgliedsstaaten wird der Eindruck vermittelt, dass es keine Grenzen mehr gibt, alle gemeinsam für die gute Sache stehen und Migration der wesentliche Bestandteil einer solidarischen Gemeinschaft bedeutet. Entsprechend kritisch werden Länder wie Ungarn gesehen, die mit der Migration, besonders wenn sie unkontrolliert ist und das Alltagsleben der Menschen überfordert, so ihre Probleme haben.
Doch Querulanten wie Victor Orbán spielen eher eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass im Laufe der Jahre und Jahrzehnte die EU immer mehr Entscheidungen zu treffen begann, die eigentlich den Nationalstaaten vorbehalten sein sollten. Erinnert sei etwa an die Impfpraxis während der Corona-Episode. Die EU – und insbesondere deren Chefin Ursula von der Leyen – hat nicht nur entschieden, ob, wer und durch wen geimpft wird. Sie hat gleich noch illegale Deals mit Pfizer, einem der Hersteller der Injektionen, gemacht. Konsequenzen hatte das nicht, alles, was von der Leyen hätte entlarven können, wurde vernichtet. Die einzige Folge dieses korrupten Spiels besteht in der Tatsache, dass sie erneut an der Spitze der EU steht.
Es gab einmal eine Zeit – sie liegt weit zurück und spielt heute keine Rolle mehr -, da wurden Menschen für ihre Taten zur Verantwortung gezogen, etwa wenn sie sich selbst bereicherten oder zu Verschwörungen verabredeten. Die Instanzen für das Aufdecken solcher Taten waren nationale Gerichte, aber auch nationale Medien und nicht zuletzt eine verantwortungsbewusste Politik. Für die Bürger waren das durchaus in gewissem Sinne transparente Prozesse, denn die Ereignisse, um die es ging, betrafen sie mehr oder weniger direkt und die darauf folgenden Reaktionen erfolgten von Menschen und Institutionen, die im Allgemeinen bekannt waren. Das ist – nebenbei bemerkt – auch der Grund für Rücktritte von Politikern, die es damals (in jener besagten vergangenen Zeit) noch gab. Fehltritte konnten schnell und eindeutig zugeordnet werden, die Tathergänge waren leicht nachvollziehbar, der Rücktritt war dem Vergehen entsprechend folgerichtig. Kurzum: der Täter war recht schnell gefunden.
Doch was in einzelnen Ländern funktioniert, gelingt im Rahmen der EU nur schwerlich, um nicht zu sagen: es ist unmöglich. Und das ist auch genau so vorgesehen. Die EU ist eine Konstruktion der Verschleierung, sie legt einen bürokratischen Mantel über Ereignisse und macht Verantwortliche und Täter quasi unsichtbar. Selbst die erwähnte Ursula von der Leyen ist gefeit gegen jede Form der Strafe für ihre Taten, weil Indizien und Beweise einfach weggewischt werden, sie verschwinden in einem Wust aus Bestimmungen, Regeln und nicht zuletzt Komplizen und Mitwissern, die kein Interesse an Aufklärung haben. Es gibt letztlich keine übergeordnete Instanz, keinen unabhängigen Politiker mehr, sodass das Aufdecken von Fehlverhalten oder Straftaten im Sumpf der Bürokratie verschwindet.
Ursula von der Leyen ist hier sogar ein eher kleines Licht, die Machenschaften, die über Brüssel gesteuert, gefördert oder zumindest geduldet werden, betreffen insbesondere die großen Unternehmen in Rüstung, Pharmaindustrie, Finanzunternehmen und die großen Digitalkonzerne. Sie agieren nach Lust und Laune und brauchen Kontrolle oder Konsequenzen für illegales Handeln nicht zu befürchten.
Letztlich ist die EU ein riesiger Apparat der Korruption, der initiierten Kriege, des Landraubs und des Aufbaus von Armut, Ungerechtigkeit, Krankheit und Tod. Über all dem steht die überzeugte Feindschaft gegenüber Ländern wie Russland und China, die nicht Teil des Apparates sind und eigene Interessen verfolgen.
Wie schon im Abschnitt über die EU angedeutet, spielen die nationalen Regierungen eine immer geringere Rolle bei der politischen und vor allem wirtschaftlichen Gestaltung der Welt. Während auf der einen Seite Fußgängerzonen zu menschenleeren Orten werden, aus denen Einzelhandel und andere Unternehmen frustriert und/oder pleite abwandern, sind die sogenannten „Global Player“ weltweit aktiv und nehmen mit, was sie kriegen können.
Die Konstruktion der EU steht der der Weltwirtschaft gegenüber, die psychisch fragil erscheint und nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. Wenn davon gesprochen wird, dass „der Markt“ oder „die Märkte“ beunruhigt sind, läuten im Allgemeinen viele Alarmglocken. „Der Markt“, das scheue Reh, darf nicht in Unruhe versetzt werden, und wenn er sich doch beunruhigt zeigt, müssen unverzüglich Maßnahmen getroffen werden, um wieder eine Art geordneter Ruhe zu erzeugen.
Jener „Markt“ ist abstrakt, es handelt sich nicht um konkrete Personen, nicht einmal um Unternehmen oder Manager, sondern um eine weitere Konstruktion, die weit über der EU steht. Die Menschen, die unter den Folgen der herbeigeredeten Unruhe des Marktes stehen, werden gezwungen, die vermeintlich nützlichen Maßnahmen der Beruhigung zu unterstützen, sie sind darüber hinaus gezwungen, persönliche Nachteile und Abstriche in Kauf zu nehmen, denn der „Markt“ kümmert sich zwar um sie, aber nur, wenn er nicht beunruhigt ist.
Die politisch Verantwortlichen der EU und erst recht die der Nationalstaaten geben sich bewusst hilflos, argumentieren, man könne gegen diese globalen Entwicklungen nichts unternehmen, sie seien zu groß und zu wichtig, um national gelöst werden zu können. Sie vermeiden es, einen Begriff zu verwenden, der das Problem auf den Punkt bringt und warten nur darauf, dass Kritiker das tun.
Das Wort lautet: Globalismus. Es meint nichts anderes als das, was die politisch und wirtschaftlich Herrschenden Globalisierung nennen, doch in einem Atemzug mit dem Globalismus werden oft auch die „globalen Eliten“ genannt. Kritiker, die diese Bezeichnungen verwenden, sind auf dem richtigen Weg, denn es sind tatsächlich die globalen Eliten, die die Geschicke der Weltwirtschaft lenken und gestalten, und sie tun dies ohne jeden Skrupel. Doch wer von den globalen Eliten spricht, entzerrt das Nebulöse, er gibt den Mächtigen Namen und Gesichter, er spricht ihnen Verantwortung zu für ihr Handeln, das zu viel Leid bei einem Großteil der Weltbevölkerung führt.
Wer so nah an der Wahrheit dran ist, muss maximal verurteilt werden, und so passiert es auch, wie unter anderem auf der Website der Amadeu-Antonio-Stiftung nachzulesen ist:
„‚Globalisten‘ ist ein Code für eine ominöse internationale, ‚wurzellose‘ Elite, deren vermeintliches Ziel es sein soll, Nationalstaaten und deren ‚Völker‘ zu zersetzen. Diese ‚Völker‘ werden im Gegensatz zu den ‚Globalisten‘ als verwurzelt, als organisch gewachsene vorgestellt. Die Geschichte hat gezeigt, dass diese wurzellose Elite, genannt ‚Globalisten‘, ein Code für ‚die Juden‘ ist. In einer Welt zunehmender wirtschaftlicher und politischer Globalisierung zeichnet sich die Tendenz ab, dass Nationalstaaten als internationale Akteure massiv an Bedeutung verlieren. An diese Überlegung knüpfen auch zahlreiche antisemitische, rechtsextreme, nationalistische und völkische Narrative wie der des sogenannten ‚großen Austauschs‚ über die “Globalisten” als vermeintliche Strippenzieher an.“
Dieser Absatz zeigt, wie unangenehm in gewissen Kreisen schon der Gedanke an eine globale Elite ist, die die Bedeutung der Nationalstaaten reduzieren will. Die Täter im Hintergrund bleiben nicht nur ungenannt, sie werden geschützt, indem auf eine ganz andere Gruppe abgehoben wird: die Juden. Unter den Globalisierungsgegnern mag es auch solche geben, die an eine jüdische Weltverschwörung glauben. Doch diese sind in einer Minderheit und spielen faktisch keine große Rolle bei der Bewertung der Unternehmen, die weltweit mit viel zu viel Macht ausgestattet sind. Die Tatsache, dass die Mächtigen in den meisten Fällen in der Öffentlichkeit keine oder keine große Rolle spielen (je weniger Aufmerksamkeit, desto besser), macht es allerdings auch deren Kritikern schwer, sie zu benennen. Auch hierzu findet sich bei der Amadeu-Antonio-Stiftung ein Eintrag:
„Finanzoligarchie, Hochfinanz, Finanzadel, raffendes Kapital, Wall Street, 1% etc.: Abstrakte Begriffe mit der gleichen Bedeutung. In der Wahrnehmung von Verschwörungsideolog:innen herrschen noch immer mittelalterliche Machtverhältnisse. Wie König:innen sollen das Finanzkapital, die 1% und andere über die gesamte Menschheit regieren.“
In der Tat sind solche Zuschreibungen ein Zeichen der Hilflosigkeit, denn wie soll man die nennen, die keine Namen haben bzw. deren Namen öffentlich kaum bekannt sind? Man muss ihnen übergeordnete Titel geben, die dann jedoch geeignet sind, die Kritiker der globalen Eliten zu diffamieren. Selbst die Titulierung „Globale Eliten“ führt zu Diffamierungen, Beleidigungen, Verurteilungen und letztlich weg vom eigentlichen Thema.
Die Erklärung – und damit auch die Lösung – für die weltweit völlig aus den Fugen geratene Machtstellung bestimmter Unternehmen, liefert die Amadeu-Antonio-Stiftung selbst, wenn sie schreibt:
„Diese ‚Völker‘ werden im Gegensatz zu den ‚Globalisten‘ als verwurzelt, als organisch gewachsene vorgestellt.“
Denn genau so ist es. Die Völker von Nationalstaaten sind in aller Regel tatsächlich verwurzelt und organisch gewachsen. Das hat nichts mit Rassismus oder gar Rechtsextremismus zu tun, sondern mit historischen Prozessen, die zu Nationalstaaten geführt haben. Weiter schreibt die Stiftung richtigerweise:
„In einer Welt zunehmender wirtschaftlicher und politischer Globalisierung zeichnet sich die Tendenz ab, dass Nationalstaaten als internationale Akteure massiv an Bedeutung verlieren.“
Die Stiftung zeichnet dabei jedoch das Bild einer Unumkehrbarkeit, stellt die Globalisierung als eine Art Naturgewalt dar, gegen die man chancenlos ist und nichts unternehmen kann und soll. Doch dem ist nicht so. Es mag sein, dass die Entwicklung hin zu einer globalisierten Welt durch bestimmte Faktoren nur schwer zu unterdrücken, zu unterbrechen oder anders zu gestalten ist, weil die bestimmenden Akteure daran kein Interesse haben. Die Unmöglichkeit einer Umkehr oder die fehlende Option einer neuen Richtung ist damit aber nicht zwingend verbunden.
Man kann zum Schluss kommen, dass es gerade und insbesondere die Nationalstaaten sind, die die destruktive und tödliche Entwicklung hin zu einer globalisierten und nicht mehr kontrollierbaren Welt durchbrechen können. Denn nur durch die Identifikation mit dem eigenen Land, den Mitmenschen, den politischen Entscheidern und dem Aufbau der nationalen Wirtschaft kann eine nationale Ordnung geschaffen werden, die auf Korrekturen, Sanktionen, Gemeinsamkeiten und Verbesserungsmöglichkeiten beruht.
Dabei ist der größte Denkfehler (der keiner ist, weil er zur Strategie der globalen Eliten gehört), die Priorität auf den Nationalstaat führe zu Isolation und Rassismus. Eigenständige Staaten sind nie unabhängig, sie müssen (und wollen) Handel treiben, wollen auch die Zusammensetzung der eigenen Bevölkerung gestalten, insbesondere in Ländern, die vor demografischen Problemen stehen. Doch Staatenführer mit Verantwortung tun diese Dinge eben nicht, weil eine abstrakte, globale Gemeinschaft das anordnet. Sie tun dies aus inneren Überzeugungen heraus, weil sie sehen, wo Potentiale und Herausforderungen ihres Landes liegen.
Gleich nach der Lüge über die Nationalisten, die in Wahrheit angeblich nur versteckte oder offene Rassisten und Rechtsextremisten seien, kommt die, nach der die Globalisierung ein Segen für die Welt sei. In der derzeitigen Form ist das Gegenteil der Fall, und jeder Staatschef, der das erkannt hat, ist auf einem Weg, der eher ins Licht als in den Abgrund führt.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er istGründungsmitglied und Mitherausgeber der neulandrebellen.
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