Ostdeutsche als Chefs nicht mehr unterrepräsentiert – in 42 Jahren

  • POLITIK
  • Mai 23, 2025
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Gute Nachrichten für alle Ostdeutschen: Es ist heute bereits absehbar, dass Führungspositionen nicht mehr ganz überwiegend mit Westdeutschen besetzt werden. Dies belegt jetzt eine neue Studie. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, sind die „Ossis“ in 42 Jahren nicht mehr unterrepräsentiert.

shutterstock/D. Bond

Wie eine Untersuchung zeigt, die heute in Leipzig vorgestellt wird, steigt der Anteil Ostdeutscher, die Führungsaufgaben bekleiden, stetig an. Dies konnte die neue „Ostbeauftragte“ der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Elisabeth Kaiser, als Erfolg vermelden. Wie der Elitenmonitor herauszufinden vermochte, ist der Anteil Ostdeutscher in Spitzenpositionen in den vergangenen sechs Jahren um 0,2 Prozent angestiegen.

Das Forschungsprojekt, das unter soziologischen Aspekten die Verteilung von Leitungsfunktionen in Deutschland untersucht und von Forschern der Universität Leipzig, der Universität Jena und der Hochschule Zittau/Görlitz durchgeführt wird, fragt danach, „wer in den wichtigsten Unternehmen und Institutionen in Deutschland die jeweils höchsten Positionen besetzt“, so die Berliner Zeitung (BLZ).

Während im Jahr 2018 unter den annähernd 2.800 Chefinnen und Chefs gerade 10,9 Prozent eine ostdeutsche Biografie hatten, waren es im Jahr 2022 bereits zwölf Prozent – und 2024 sogar 12,1 Prozent.

Verwaltung, Militär und Wirtschaft – Domänen der Westdeutschen

Ostdeutsche machen rund 20 Prozent der Bevölkerung Deutschlands aus. Entsprechend müsste auch ihr Anteil an der Besetzung von Führungspositionen im Lande sein. Allen Bekundungen von Chancengleichheit und warmen Worten seit der „Wiedervereinigung“ zum Trotz ist dem jedoch nicht so. In fast keinem gesellschaftlich relevanten Bereich haben Ostdeutsche annähernd den Anteil an Führungsfunktionen, der ihrem Bevölkerungsanteil entspräche.

Am besten sieht es noch in der Politik aus – inzwischen würden 21,4 Prozent der Leitungspositionen von Ostdeutschen eingenommen, wie der Elitenmonitor feststellt. Alle anderen Bereiche weisen 2024 laut der Untersuchung niedrigere Anteile für Ostdeutsche aus: in Gewerkschaften und Verbänden – 14,7 Prozent, in der Verwaltung – 12,7 Prozent, in der Wirtschaft – vier Prozent, was sogar einen Rückgang von 1,1 Prozent gegenüber 2018 darstellt.

In den östlichen Bundesländern seien Spitzenpositionen in der Verwaltung nach wie vor häufig mit Westdeutschen besetzt. Bei der Bundeswehr hat sich zwischen 2018 und 2024 gar nichts getan: Im Militär dürfen die Ostdeutschen zwar ihre Knochen hinhalten, haben ganz oben immer noch rein gar nichts zu melden.

Auch im Kulturbereich sind es nur 6,8 Prozent der Führungspositionen, wo Ostdeutsche das Sagen haben. Hier ist, wie in der Wirtschaft, ebenfalls ein Rückgang festzustellen: Vor sechs Jahren stammten immerhin noch 9,3 Prozent aus dem Osten.

Ausblick

Das Forschungsprojekt Elitenmonitor geht auf eine Initiative des früheren „Ostbeauftragten“ Carsten Schneider zurück, der dieses Amt unter Bundeskanzler Olaf Scholz innehatte. Während Schneider seine Funktion noch als Staatsminister beim Bundeskanzler versah, ist das Amt des Ostbeauftragten nun beim Bundesfinanzministerium angesiedelt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder wechselnde Ressortzuordnungen gegeben.

Bereits vor der Präsentation der Studie gab sich die neue Ostbeauftragte zuversichtlich. So teilte sie laut BLZ mit, es sei „eine gute Nachricht, dass der Anteil von Ostdeutschen in Führungspositionen zwischen 2018 und 2024 zugenommen habe. Das unterstreiche, wie wichtig es sei, das Thema öffentlich zu diskutieren“. Jedoch sei die Steigerung des Anteils Ostdeutscher „deutlich ausbaufähig“, auch erstrecke sie sich nicht auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Und sie fügte hinzu, auch die neue Bundesregierung bekenne sich „klar“ dazu, „den Anteil von Ostdeutschen in den Führungspositionen in der Bundesverwaltung aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zu steigern“.

Solche und ähnliche freundlichen Worte hat es seit den neunziger Jahren allenthalben gegeben. Und so stellt die BLZ abschließend fest:

„Die Forscher vom Elitemonitor haben ausgerechnet, was daraus folgen würde. Wenn sich die Unterrepräsentation der Ostdeutschen in Führungsjobs so langsam abbaut wie seit 2018, würde es noch 42 Jahre dauern, bis sie verschwunden ist, schreiben sie in einer Kurzzusammenfassung ihrer Ergebnisse. Die Wiedervereinigung wäre dann 77 Jahre her. Fast so lange, wie das Ende des Zweiten Weltkriegs heute zurückliegt.“

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