Compact-Verbot schlägt Wellen über Schweiz bis nach Russland – Sacharowa: „Grund war mein Interview“; Köppel: „Paranoia der Ampelregierung“

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  • August 5, 2024
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Die Verbotsverfügung gegen die Compact GmbH, die das gleichnamige Magazin herausgibt und Videokanäle betreibt, dürfte international noch einige Aufmerksamkeit erregen. Eine der Ersten, die die Vorgehensweise der Bundesinnenministerin Nancy Faeser kommentieren, ist neben dem Schweizer Weltwoche-Magazin und seinem Chefredakteur Roger Köppel, auch die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie meint, „der Grund für das Verbot sei ihr Interview gewesen, in dem sie auch fragt, ob Deutschland chemische Kampfstoffe besitzen würde, denn im Falle Navalny können derartige Nachweise nur über ein Chemielabor festgestellt werden. Das aber setze Arbeiten an chemischen Kampfstoffen voraus, die Deutschland nach dem 2+4-Vertrag verboten seien. Roger Köppel von „Die Weltwoche“ spricht von „Paranoia der deutschen Ampelregierung“ und „ihr semitotalitäres Staatsverständnis“. 

Ein Beitrag von Berlin 24/7 – Redakteurin Sabiene Jahn

Screenshot/ Berlin 24/ 7: Roger Köppel, Chefredakteur von „Die Weltwoche“ am 17.Juli 2024 in „Daily News“

Über die Nachrichtenagentur TASS äusserte sich die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa zum Verbot der Compact GmbH gegenüber TASS: „Am Samstag wurde mein Interview vom deutschen Magazin Compact veröffentlicht. Das Interview erfolgte auf Anfrage deutscher Journalisten. Ich habe einem direkten und offenen Gespräch zugestimmt. Das Gespräch verlief gut. Offenkundig sah das deutsche Innenministerium am Montag das Interview. Und am Dienstag wurde das Verlagsbüro durchsucht und das Magazin verboten. Ich denke, der Grund dafür ist, dass die Wahrheit ausgesprochen wurde, die vor den Deutschen sorgfältig verborgen wird.“ Es folgen dann Zitate aus dem Interview: 

Screenshot Berlin 24/ 7: Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Aussenministeriums zur wöchentlichen Pressekonferenz am 18.Juli 2024

Sacharowa fragt, besitzt Deutschland chemische Kampfstoffe? 

In dem Interview fanden sich darüber hinaus weitere brisante, vor allem jedoch aufschlussreiche Aussagen: Beispielsweise führte Sacharowa aus, dass die Aussage, Nawalny sei mit Nowitschok vergiftet worden, die von der deutschen Regierung ins Spiel gebracht worden war, nur möglich sei, wenn Deutschland Nachweismöglichkeiten für chemische Kampfstoffe besäße. Das aber setze Arbeiten an chemischen Kampfstoffen voraus, die Deutschland nach dem 2+4-Vertrag verboten seien. Nachdem mit dem Verbot des Verlags Compact auch die Verbreitung der Inhalte auf sämtlichen digitalen Plattformen untersagt wurde, ist dieses Interview nur noch schwer auffindbar. Sacharowa gab auch zu erkennen, was sie von einem derartigen Vorgehen gegen eine Publikation hält: „Die heutige deutsche Zensur ist mit den Zeiten des Nazi-Propagandaministers Goebbels vergleichbar.“

Shutterstock/ Alexander H. Jungmann

Der Chefredakteur Roger Köppel von „Die Weltwoche“ kommentierte das Verbot von Compact in seiner morgendlichen Sendung am 17.Juli 2024 auf You Tube, mit „rechtlich höchst fragwürdigen, willkürlichen Entscheid,“ und zweifelte an der Begründung seitens des Ministeriums, das Magazin gefährde etwa die Grundpfeiler der Bundesrepublik Deutschland. Immerhin habe das Compact-Magazin des Jürgen Elsässers lediglich eine Auflage von etwa 40.000 Exemplaren, wie er informiert sei, und ist auf Spenden angewiesen. Köppel resümiert, „Meine Damen und Herren, wenn die Bundesrepublik Deutschland durch das Magazin Compact in seinen Grundpfeilern gefährdet ist, dann müssen Sie (er meint die deutschen Zuseher) sich ernsthafte Sorgen machen und vor allem auch Sorgen über eine Regierung, die offensichtlich nichts mehr fertig brächte in einem Land, das erhebliche Stürme der Geschichte schon überstanden hat.“

Köppel: „Um Himmels Willen, das ist Demokratie, und Basis schlägt verbal zurück“

Köppel vermutet eine regelrechte „Paranoia dieser Ampelregierung, die schon zur Staatsräson geworden ist“. Das läge in einem „ideologisch, übersteuerten linken Denken,“ dass in Deutschland grassieren würde. „Eine Regierung, die vermutlich nicht mehr die Mehrheit der Deutschen hinter sich hat,“ würde derart grotesk, aggressiv und panisch reagieren, weil man annehme, ihnen schwimmen die Felle weg. „Um Himmels willen, das ist Demokratie!“, erklärt er seine Sicht, „da muss einer auch mal über die Strenge schlagen können,“ und meint regierungskritische Medien, denn immer schlüge die Regierung ja auch dauernd über die Strenge, meint der Chefredakteur: „Wenn sie die letzten paar Jahre anschauen – Klimapolitik, Coronapolitik und jetzt Ukrainepolitik. Da werden die Bürger regelmäßig überfahren durch die Politiker, da werden denen Sachen zugemutet, für die man gar nicht die Verantwortung übernehmen kann.“

Für Roger Köppel sei es dann auch sehr verständlich, „dass es dann aus der Basis, von unten, auch zurückzuckt oder verbal zurückschlägt.“ Zur „rechtsextremistischen“ Attitüde der Vorwürfe und zu unterstelltem Antisemitismus könne sich der Chefredakteur noch nicht äussern, dazu würden ihm keine Belege vorliegen, die er beurteilen könne, er lese die Zeitung nicht. Er fände es natürlich auch falsch, Politiker als ‚Verbrecher‘ zu bezeichnen oder wenn stets  kulturpessimistische Theorien aufgestellt werden, „aber,“ so der Schweizer Chefredakteur, „(m)eine Meinung kann doch hier nicht zum Industriestandard einer ganzen Zivilisation erhoben werden“.

Köppel machte darauf aufmerksam, dass es zweifelsfrei belegt werden müsse, „aber nicht einfach mit einem sterilen Machtentscheid das ganze ex-cathedra zu zertrümmern, das wäre ein Schwächezeichen, eine Selbstentlarvung für Frau Faeser,“ so Köppel weiter. Vielen Menschen ginge dies bereits auf die Nerven, kommentiert Roger Köppel seine Wahrnehmung aus Deutschland, wie eine Regierung ihr semitotalitäres Staatsverständnis an den Tag legen würde. „Das ist nicht demokratisch, dass sie Gesinnungen verfolgen, … Meinungsäußerungen auf diese Art und Weise niederknüppeln, denn nach meinen Informationen ist dieses Magazin noch nie verurteilt worden.“

Institutioneller Staatsaufbau der Schweiz hindert Politik im Stile Faesers

Der Chefredakteur sehe eine Merkwürdigkeit des Dilemmas in der repräsentativen Demokratie gegenüber der direkten Demokratie in der Schweiz. „Eine Machbremse der Bürger ist in der direkten Demokratie der Chef und der kann immer wieder die Politiker zurückpfeifen.“ Deshalb müssten die (Schweizer) Politiker auch die Lebensinteressen und die Lebenswirklichkeit der Leute ins Zentrum stellen, so Köppel. In einer repräsentativen Demokratie sei es viel leichter abzuheben, sich über die Interessen der Leute hinwegzuheben. Die tonangebenden Eliten zeigen die Symptome der Abgehobenheit, so Köppel, und meint, „in der Schweiz gibt es sicher auch Politiker, die am liebsten ‚auf Faeser‘ machen würden, „aber unser institutioneller Staatsaufbau hindert sie daran.“

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