Putin kam relativ regelmäßig auch im Westen zu Wort. Man kann allerdings sagen: Niemand hörte ihm zu. Es ist deswegen an der Zeit, die Aussagen des russischen Präsidenten über die Zeit einer Analyse zu unterziehen – hat er laufend seine Meinung geändert, andauernd gelogen, sich unverständlich geäußert, oder gab es durchaus eine Art roten Faden und korrekte Äußerungen? Und gibt es eigentlich Unterschiede in der Politik zwischen Russland und beispielsweise Deutschland oder den USA? Um diese Fragen zu beantworten, ist es hilfreich, sich die oben genannten Reden und Interviews im Einzelnen anzusehen. Dieser Beitrag erschien in Erstveröffentlichung auf dem Portal „Club der klaren Worte“ am 9. März 2024.
Ein Beitrag von Dr. Johanna Weber
Das Putin-Interview von Tucker Carlson hat kürzlich hohe Wellen geschlagen [1, 2, 3]. Allerdings war dies zwar das erste Interview des russischen Präsidenten mit einem westlichen Journalisten seit Beginn der umstrittenen russischen Militäroperation in der Ukraine, es war jedoch längst nicht die einzige Gelegenheit, bei der sich Vladimir Putin zu internationalen Themen geäußert hatte. Zuvor gab es (u. a.) bereits:
Putins Bundestagsrede aus 2001 [4]
Putins Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz in 2007 [5]
Interview des deutschen Journalisten Schönenborn für den Sender Phoenix in 2013 [6]
Die Putin-Interviews des US-amerikanischen Regisseurs Stone von 2015 – 2017 [7, 8, 9, 10]
Das Interview der Financial Times durch den Journalisten Lionel Barber aus 2019 [11]
Das Interview der NBC durch den Journalisten Keir Simmons aus 2021 [12]
Putin kam also relativ regelmäßig auch im Westen zu Wort. Man kann allerdings sagen: Niemand hörte ihm zu. Es ist deswegen an der Zeit, die Aussagen des russischen Präsidenten über die Zeit einer Analyse zu unterziehen – hat er laufend seine Meinung geändert, andauernd gelogen, sich unverständlich geäußert, oder gab es durchaus eine Art roten Faden und korrekte Äußerungen? Und gibt es eigentlich Unterschiede in der Politik zwischen Russland und beispielsweise Deutschland oder den USA? Um diese Fragen zu beantworten, ist es hilfreich, sich die oben genannten Reden und Interviews im Einzelnen anzusehen. In diesem Artikel soll es zunächst um die ersten drei Quellen [4, 5, 6] gehen sowie aus aktuellem Anlass Auszüge des NBC-Interviews aus 2021 [12]. In einem weiteren Artikel zum Thema folgt die Analyse der Putin-Interviews von Oliver Stone [7, 8, 9, 10], des Financial Times-Interviews [11], den restlichen Teilen des Interviews der NBC [12] und des aktuellen Interviews von Tucker Carlson [3].
In seiner Bundestagsrede vom 25. 09. 2001 [4] sagte Putin, er wünsche sich für Russland eine europäische Integration, die sowjetische Okkupationsideologie bezeichnete er als verderblich. Er lobte die niedrige Konzentration von Waffen in Mitteleuropa und dem Baltikum und nannte einen stabilen Frieden als russisches Hauptziel unter Erwähnung verschiedener Abrüstungsabkommen, u. a. START II. Zudem stellte er die Wichtigkeit des Kampfes gegen den Terrorismus heraus. Er bemängelte, dass es bisher keinen effektiven Mechanismus der Zusammenarbeit gäbe, Russland könne derzeit noch nicht bei der Vorbereitung von Beschlüssen mitwirken. Er forderte, man müsse sich gedanklich vom kalten Krieg verabschieden, es dürfe keine Trennlinien geben, sondern vielmehr ein Vertrauensklima und eine standfeste internationale Sicherheitsarchitektur. Das Hauptziel der Innenpolitik Russlands sei vor allem die Gewährleistung der demokratischen Rechte und der Freiheit, die Verbesserung des Lebensstandards und der Sicherheit des Volkes. Russland entwickelte sich laut Putin dynamisch und stand am Anfang des Aufbaus von Demokratie und Marktwirtschaft. Die politische Stabilität in Russland solle über Wirtschaftsfaktoren sichergestellt werden wie etwa ein liberales Steuersystem mit einer Einkommensteuer von 13 Prozent und einer Gewinnsteuer von 24 Prozent (dies spiegelt sich auch in den heutigen Steuersätzen wieder [30]). Er berichtete, dass das russische Wirtschaftswachstum in 2000 bei rund 8 % lag, im Haushalt 2002 stünden die Sozialausgaben an Platz 1, die Ausbildungsausgaben überträfen erstmals den Verteidigungshaushalt. Putin forderte in dieser Rede außerdem eine deutsch-russische Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft [4]. Putins Aussagen zu den Kennzahlen der russischen Wirtschaft sind weitgehend korrekt, lediglich zu den Sozialausgaben waren keine Daten zu finden [30, 31, 32, 33]. Seine Kernaussagen in dieser Rede sind: In der Außenpolitik Integration, wirtschaftliche Zusammenarbeit, eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur sowie ein gemeinsamer Kampf gegen den Terrorismus und innenpolitisch Freiheit, Demokratie und eine Anhebung des Lebensstandards.
In seiner Rede anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 forderte Putin nach wie vor Sicherheitsgarantien des Westens und eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur [13]. Die deutsche sowie US-amerikanische Regierung werteten dies als Aufforderung zum Dialog, die USA betonten, das US-Raketenabwehrsystem in Osteuropa sei nicht gegen Russland gerichtet [13]. Putin nannte erneut wirtschaftliche und politische Stabilität als Garanten für Sicherheit, und er forderte einen Dialog zwischen verschiedenen Kulturen. Sicherheit für einen sei Sicherheit für alle. Außerdem wünschte sich Putin eine multipolare Welt und keine, in der lediglich die USA den Ton angeben. Politische Fragen dürften nicht nach Zweckmäßigkeit und aktuellem politischen Klima gelöst werden, vielmehr müsse das Völkerrecht geachtet werden, denn wenn sich niemand sicher fühle, könne dies zu Wettrüsten führen.
Eine instabile internationale Lage gefährde die Abrüstung. Die Balance zwischen den Interessen aller Teilnehmer des internationalen Dialogs müsse gesucht werden, der Einsatz von Gewalt solle eine Ausnahme sein und nicht ohne UN-Mandat erfolgen, keinesfalls dürfe die UNO durch EU oder NATO ersetzt werden. Russland hatte laut Putin bis 2012 weitere Abrüstungsziele auf dem Gebiet der Nuklearwaffen mit den USA vereinbart und sich strikt an den Atomwaffensperrvertrag gehalten, dies lässt sich auch belegen [35]. Er forderte hier ein Anreizsystem im Rahmen der Überwachung der Kernenergie auch für andere Staaten. Auf dem Gebiet der Kurz- und Mittelstreckenraketen würde sich leider laut Putin niemand außer Russland und den USA halten. Dies würde Russland dazu nötigen, über seine eigene Sicherheit nachzudenken. Auch heute, mehrere Jahre nach der Rede, halten sich nicht alle Staaten an die verschiedenen Waffenabkommen bzw. haben diese gar nicht erst ratifiziert; die Ukraine steht z. B. unter dem Verdacht, verbotene Streumunition eingesetzt zu haben [36]. Auf dem Gebiet der Weltraumsicherheit hat Russland einen Vorschlag erarbeitet und wartet auf Antwort der USA.
Die Stationierung von Truppen in Randgebieten war zum Zeitpunkt der Konferenz in 2007 noch nicht klar geregelt. Die NATO forderte von Russland einen Rückzug aus Georgien und Moldawien, stationierte aber zeitgleich Truppen in Rumänien und Bulgarien, Russland wertete dies laut Putin als Provokation [13]. Auf dem Energiesektor sollten einheitliche Marktprinzipien und transparente Konditionen für alle geschaffen werden; 26 % des russischen Energiesektors seien in ausländischer Hand, Russland hätte allerdings leider keine solche Stellung in anderen Ländern. Entwicklungshilfe sei ebenfalls ein Unsicherheitsfaktor, sie sei an Unternehmen im Geberland gebunden, Hochtechnologieprodukte würden nicht an die Entwicklungsländer herausgegeben. In diesem Zusammenhang sah Putin Ungleichheit als die Ursache für Terrorismus und Konflikte. Die OSZE sollte sich laut Putin in diesem Zusammenhang mit allen Aspekten der Sicherheit befassen: militärischen, politischen, wirtschaftlichen und humanitären, und ganz besonders mit dem Wechselverhältnis zwischen ihnen. Stattdessen würde die OSZE aber laut Putin zur Förderung der Außenpolitik einzelner Länder missbraucht. Er wünschte sich stattdessen Wohlstand für alle [13].
Auch hier sind seine Kernaussagen also wieder Stabilität durch wirtschaftliche Sicherheit weltweit, gegenseitige Sicherheitsgarantien und diese auch durch wirtschaftliche Verflechtungen, und auf dieser Grundlage dann eine internationale Abrüstung. Über die russische Innenpolitik hat Putin an dieser Stelle nicht gesprochen [13].
Von wem die OSZE zum Zeitpunkt der Rede ihr Geld erhalten hat, ist schwer zu sagen. In den Jahren nach der Rede wurde sie auf jeden Fall massiv von der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert [37]. Die Stiftung unterhält verschiedene Projekte in Entwicklungsländern, darunter auch umstrittene Impfstoffstudien [38,39, 40]. Dies lässt tatsächlich Zweifel daran aufkommen, ob wirklich überall, wo Entwicklungshilfe draufsteht, auch Entwicklungshilfe enthalten ist.
Im Phoenix-Interview aus 2013 stellte Schönenborn Putin zunächst die Frage nach dem neuen Gesetz zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs), welches in Russland verabschiedet worden war. Putin erläuterte, dass NGOs in Russland, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten und die eine politische Tätigkeit in Russland betreiben, ihre Finanzen offenlegen und sich als ausländische Agenten registrieren lassen müssen. Die USA haben ein solches Gesetz seit 1938, NGOs müssen dort eine lange Liste von Fragen beantworten [41, 42]. In Frankreich und den USA gibt es laut Putin je eine russische Firma, die sich hat registrieren lassen; in RUS hatten sich laut Putin zum Zeitpunkt des Interviews 654 ausländische NGOs in den vier Monaten seit Verabschiedung des Gesetzes registrieren lassen. Es wurden rund 28,3 Mrd. Rubel umgesetzt, ca. 855 Mio. $, ein Großteil davon ist über diplomatische Vertretungen verschiedener Länder zu diesen Organisationen gekommen. Russland funktioniert laut Putin nur mit einer starken Opposition und mit Wettbewerb, wobei sich die Opposition aber nicht zwingend aus dem Ausland finanzieren muss. Putin zeigte sich in diesem Interview stolz über die neu eingeführten russischen Direktwahlen; Parteien müssen nur noch 500 Mitglieder haben, um sich registrieren lassen zu können [46]. Das Handelsvolumen mit der EU läge nur knapp unter dem der EU mit den USA, es gäbe gerade mit Deutschland eine gute Zusammenarbeit im Bereich der
Energie und der Industrie. Deutschland hatte in 2013 25 Milliarden US-Dollar in Russland investiert, wie Putin im Interview korrekt erklärt hatte [47]. Putin kritisierte im Interview die Enteignung russischer Anleger in Zypern. Die Anleger könnten nichts dafür, und es gäbe ja auch andere Offshore-Zonen. Putin sagte des Weiteren, die Feindseligkeiten in Syrien müssten umgehend gestoppt werden, ebenso die Waffenlieferungen der USA an bestimmte Gruppierungen der Opposition. Völkerrecht sei wichtig, Nationen dürften nicht durch Waffenlieferungen an die Opposition, in diesem Fall 3,5 Kilotonnen an Waffen, destabilisiert werden. Es müsse verhandelt werden. Assad absetzen, ohne vorher zu wissen, wie es weitergeht, würde zu schwierigen Situationen wie im Irak und im Jemen führen. Russland habe sich innenpolitisch laut Putin eindeutig für Demokratie entschieden und könne sich keinen anderen Entwicklungsweg vorstellen. Nicht alle Standards aus anderen Ländern ließen sich allerdings auf Russland übertragen. Individuelle Instrumente müssten herausgearbeitet werden. Die positive Entwicklung der Wirtschaft und Volksvertretung zeige, laut Putin, dass dies auf einem guten Weg sei, aber es werde nicht schnell gehen [14].
Auch hier betont Putin erneut den Stellenwert von Völkerrecht und wirtschaftlicher Zusammenarbeit in der Außenpolitik sowie Freiheit in der Innenpolitik.
In Bezug auf die registrierten NGOs finden sich widersprüchliche Zahlen, die 654 lässt sich so jedoch nicht bestätigen, die Zahl liegt vermutlich darunter, hier übertreibt Putin also höchstwahrscheinlich, oder die offen im Internet verfügbaren Zahlen sind nicht korrekt [43, 44, 45]. Dass die Situation innenpolitisch in Russland eher individuell ist, stimmt allerdings. Das Land ist sehr groß und daher schwierig zentral aus Moskau zu regieren [63].
Im Interview der NBC aus 2021 kritisiert der Interviewer Simmons das NGO-Gesetz aus 2013 und erwähnt den inhaftierten Oppositionellen Navalny. Putin entgegnet wie auch schon im Interview in 2013, dass auch die USA ein solches Gesetz hätten, und dort sei es viel härter. Es solle ausländische Einmischung durch eine aus dem Ausland finanzierte Opposition verhindern. In den USA wurden am 6. Januar sehr viele Personen verhaftet und sind nach wie vor unter fragwürdigen Bedingungen inhaftiert, eine Frau wurde erschossen [48, 49, 50, 51, 52]. Dies wirke auf Putin wie eine Verfolgung aufgrund politischer Ansichten. Navalny hingegen habe gegen Bewährungsauflagen verstoßen, was laut Putin nichts mit seiner politischen Ausrichtung zu tun habe.
NGOs spielen in der Tat eine wichtige Rolle in der internationalen Politik, sie agieren weltweit mit einer großen Menge an Geldern, ohne demokratisch gewählt worden zu sein. Beispiele hierfür sind etwa die Open Society Foundation (s. Abb. 1) oder die Bill and Melinda Gates Foundation [60, 61, 62]. NGOs können mit diesem Geld nicht nur Mehrheiten, sondern auch Minderheiten ein Sprachrohr bieten. Dies hat nicht nur Vorteile – der Blick von außen auf eine Gesellschaft wird so eventuell verfälscht, die Meinungen von Minderheiten könnten unzutreffenderweise als Mehrheitsmeinung wahrgenommen werden und damit eine Gefahr für die Demokratie bzw. gewählte Regierungen bedeuten [55, 56, 57]. In diesem Zusammenhang muss die russische Opposition genannt werden, insbesondere der Name Navalny. Navalny hatte Gelder des Kosmetikkonzerns Yves Rocher veruntreut und war deswegen in Russland zu einer Haftstrafe verurteilt worden, er war danach im Sinne seiner Bewährungsauflagen verspätet von einer Deutschlandreise zurückgekehrt, die er aus medizinischen Gründen unternehmen musste [58, 59].
Auch wenn dies ein eigenes Thema ist, mit dem sich mindestens ein weiterer Artikel füllen ließe, soll hier kurz auf Navalny eingegangen werden. Bei Navalnys letzter Vergiftung in 2020 wusste die Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW schon vorher davon, denn in einem Jahresberichtsentwurf von Anfang Juli 2020 wurde seine bevorstehende Vergiftung im August 2020 auf Seite 14 schon im Voraus erwähnt. Dies wirkt verdächtig. Wer diesmal verantwortlich ist und damit höchstwahrscheinlich den Tod des Oppositionspolitikers herbeigeführt und ihn außerdem damit mutmaßlich für seine politischen Interessen geopfert hat, ist schwer zu sagen.
Der Zeitpunkt ist auf jeden Fall für Putin vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wahlen nicht günstig, und auch das Interview des US-Journalisten Tucker Carlson könnte durch den Tod Navalnys an positiver Außenwirkung für Putin verlieren [26, 27, 28], ein Nutzen für Putin ist, so berechnend das vor dem Hintergrund eines verlorenen Menschenlebens auch klingen mag, eher nicht vorhanden. Die Ermordung von Gefangenen und Oppositionellen ist auf jeden Fall zu verurteilen, egal, wer es letztendlich gewesen ist.
Ein weiterer Oppositioneller, der als Opfer der russischen Politik gesehen wird, ist der Journalist Roman Protassewitsch. Er war am 24. 05. 2021 mit seiner Freundin Sofia Sapega im Ryan-Air Flug 4798 von Athen nach Vilnius unterwegs, als sich der Pilot des Flugzeugs aufgrund einer Bombendrohung für eine Notlandung entschied [16]. Auf die Frage des Interviewers zu diesem Ereignis äußerte sich Putin nicht direkt, führte aber im Gegenzug die erzwungene Landung des bolivianischen Präsidenten in Wien an [17]. Dies könnte als What-aboutismus gewertet werden. Die Versuchung, sich hier anzuschließen, ist allerdings groß, denn auch die überraschende Ungültigkeit des Passes von Edward Snowden während seines Fluges von Hongkong nach Moskau könnte man hier als wenig reiseförderliche Maßnahme nennen; die USA hatten Snowdens Pass während seiner Flugreise aus Hongkong kurzerhand für ungültig erklärt, so dass er den Transitbereich in Moskau nicht verlassen konnte [54].
Wenn Lukaschenko und Putin hier also tatsächlich dreckig gespielt haben, so wäre dies lediglich eine gängige Praxis, wie sie auch von anderen Ländern angewandt wird. So erzwungen war die Landung wohl auch nicht, denn es handelte sich laut Angaben der Neuen Zürcher Zeitung lediglich um eine Empfehlung an den Piloten, zu landen und das Flugzeug überprüfen zu lassen [16]. Wer die Email mit der Bombendrohung verschickt hatte, ist bis heute unklar [18, 19]. Es könnte sich um russische, weißrussische oder auch andere Geheimdienste, also eigentlich schlicht um jeden gehandelt haben. Die Emailadresse wurde nur im Rahmen der Bombendrohung genutzt, die in der Email als Absender genannte Hamas hatte sich von der Email distanziert [18, 20]. Ob nun westliche Geheimdienste Protassewitsch auflaufen lassen wollten, oder ob es tatsächlich Weißrussland und Russland waren, die die Bombendrohung fingierten, ist vor diesem Hintergrund nicht klar, auch wenn der Journalist dies hier durch seine Frage zu unterstellen scheint.
Tatsache ist, dass es nach dem Vorfall zu einer Reihe Sanktionen gegen Weißrussland kam [16, 21, 22], und dass sich die Verhaftung kurz nach der Vereitelung eines geplanten Putsches gegen den weißrussischen Präsidenten Lukaschenko ereignete [23]. Der verhaftete Journalist und seine Freundin waren über ihre Institutionen von westlichen NGOs gefördert worden, Protassewitsch soll Verbindungen zum ukrainischen Asow-Bataillon gehabt haben, seine Freundin Sapega studierte an einer Universität, die von George Soros’ Open Society Foundation und dem WEF finanziert wird [24, 25].
An dieser Stelle kann schon vor der Analyse der Interviews aus 2015 bis 2024 ein Zwischenfazit gezogen werden: Putin wünscht(e) sich eine Integration Russlands in die internationale Wirtschaft, insbesondere die EU, eine gemeinsame internationale Sicherheitsarchitektur, welche den Kampf gegen den Terrorismus einschließt und auf dem Völkerrecht und einer stabilen Weltwirtschaft sowie Entwicklung basiert, und auf dieser Grundlage eine weltweite Abrüstung; in Russland strebt er Freiheit, Demokratie und eine Anhebung des Lebensstandards an. Diese Aussagen ziehen sich durch die Reden aus 2001 und 2007 sowie das Interview aus 2013.
Zumindest die Anhebung des Lebensstandards dürfte ihm gelungen sein, die wirtschaftliche Lage hat sich seit seinem Amtsantritt deutlich verbessert [34, 53]. Dies führt in der Tat dazu, dass die russische Regierung, zumindest laut einer der in Russland registrierten NGOs, in der Bevölkerung relativ beliebt ist [29]. Das russische Levada-Center, dessen Belegschaft sich aus Personen zusammensetzt, die auch an Universitäten in den USA unterrichten bzw. unterrichtet haben, hatte Umfragen zur Beliebtheit der Regierung durchgeführt (s. Abb. 2 u. 3). Ein Vergleich zwischen der russischen und der deutschen Regierung lässt übrigens tief blicken (s. Abb. 4 u. 5). Die Werte für die russische Regierung schwanken zwischen 25 und 71 % Zufriedenheit, die deutsche Regierung hingegen hat in einer Momentaufnahme aus 2024 nur 17 % zufriedene Bürger hervorgebracht; selbst wenn man die weniger zufriedenen Personen einrechnet, bleibt die Bundesregierung mit 55 % deutlich hinter der russischen Regierung zurück (vgl. Abb. 3 u. 5).
Putins Werte schwanken zwischen 31 und 89 % im Zeitraum von 1999 bis 2022, die von Bundeskanzler Scholz zwischen 30 und 73 % im Zeitraum von 2022 bis 2024, d. h. Putins Höchstwert liegt bis zu 14 Prozentpunkte über dem unseres Bundeskanzlers (s. Abb. 2 u. 4). Es bleibt zu hoffen, dass Olaf Scholz sich diesbezüglich noch steigert. Vielleicht sollte ihn mal jemand zu den Themen befragen, die Putin als zentral bezeichnet. Wirtschaft und internationale Sicherheit stehen sicher auch bei der deutschen Bevölkerung relativ weit oben, damit könnte Scholz also ganz bestimmt punkten, wenn er sich denn passend äußern würde…
Quellen:
[1] https://clubderklarenworte.de/its-framing-again/
[2] https://clubderklarenworte.de/zwischen-profit-und-propaganda-kriegsberichterstattung-im-mainstream/
[3] https://clubderklarenworte.de/machen-sie-sich-ein-eigenes-bild/
[4] https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/gastredner/putin/putin_wort-244966
[5] https://www.blaetter.de/ausgabe/2007/maerz/was-ist-aus-den-garantien-geworden
[6] https://www.youtube.com/watch?v=yrwfaZj479g
[7] https://www.youtube.com/watch?v=4wvITVgzMKU
[8] https://www.youtube.com/watch?v=4uq1-0YPNrE
[9] https://www.youtube.com/watch?v=ssQ3ybWj_5M
[10] https://www.youtube.com/watch?v=O4pB_cr_GSU
[11] http://en.kremlin.ru/events/president/news/60836
[13] https://www.blaetter.de/ausgabe/2007/maerz/was-ist-aus-den-garantien-geworden
[14] https://www.youtube.com/watch?v=yrwfaZj479g
[19] https://avherald.com/h?article=4e7d7208/0000&opt=0
[25] https://en.ehu.lt/international/open-society-university-network/
[26] https://www.opcw.org/sites/default/files/documents/2021/06/ec97crp01%28e%29.pdf
[27] https://www.anti-spiegel.ru/2024/der-verlogene-medienhype-um-nawalny/
[29] https://www.levada.ru/en/ratings/
[30] https://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_(Russland)
[31] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/military-spending-defense-budget
[32] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/education-spending
[33] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/gdp-gross-domestic-product
[34] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/unemployment-rate
[35] https://www.cfr.org/timeline/us-russia-nuclear-arms-control
[36] https://www.hrw.org/de/news/2023/01/31/ukraine-verbotene-landminen-schaden-zivilistinnen
[37] https://www.gatesfoundation.org/about/committed-grants?q=oecd
[41] https://www.state.gov/non-governmental-organizations-ngos-in-the-united-states/
[42] https://www.law.cornell.edu/uscode/text/18/2386
[43] https://civicsolidarity.org/article/676/russia-list-ngos-named-foreign-agents-updated-20-september
[44] https://data-scripts.ovd.info/agents/?lang=en
[45] https://article20.org/news_old/russia-list-of-ngos-named-foreign-agents/
[46] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_political_parties_in_Russia
[53] https://en.wikipedia.org/wiki/Economic_history_of_the_Russian_Federation
[54] https://www.rappler.com/world/32351-edward-snowden-russia-cuba/
[55] https://www.anti-spiegel.ru/2021/russland-greift-gegen-westliche-ngos-durch/
[60] https://www.gatesfoundation.org/about/committed-grants
[61] https://www.opensocietyfoundations.org/grants/past
[62] https://www.opensocietyfoundations.org/newsroom/die-open-society-foundations-in-der-ukraine/de
[63] http://www.russlandkontrovers.com/wladimir-putins-rolle-im-russischen-machtgefuege
Erstveröffentlichung am 9.März 2024 „Club der klaren Worte“ https://clubderklarenworte.de/rediscover-putin-seine-interviews/