Der wahrscheinliche Bundeskanzler indoktriniert Kinder und tut, was man Eltern nicht durchgehen lassen würde: Angst als Erziehungsmittel nutzen.
Ein Beitrag von Roberto J. De Lapuente

Kinder in Angst, mit weit aufgerissenen Augen, auf dem Stuhl hin und her rutschend: Wer sieht sowas schon gerne? Bei wem wird da nicht automatisch der Beschützerinstinkt geweckt? Man möchte denjenigen, der den Kleinen Furcht einjagt, einfach nur wegschubsen, fernhalten vom Nachwuchs. Ihm ein Platzverbot erteilen. So würde man es jedenfalls handhaben, wenn der Aggressor nicht Kanzlerkandidat und vermutlich baldiger Bundeskanzler ist.
Aber im Deutschland des Jahres 2025 hat Friedrich Merz einen Freifahrtschein zum Kinderverschrecken. In der Sat1-Wahlsendung »Kannste (nochmal) Kanzler??« ließ man den Sauerländer auf Kinder los. Neckisch sitzt er auf dem Lehrerpult, guckt die Kinder mit gefletschten Zähnen an – wohl die Simulation eines Lächelns – und legt dann los. Er spricht über allerlei und eben auch von Putin; davon wie der die Ukraine bombardieren lässt und womöglich auch bald uns. Und daher müsse man Waffen dorthin liefern. Manches Kind nickt, aber Begreifen oder gar Zustimmung ist das nicht.
Kindeswohlgefährdung
Erstaunlich ist, dass es keinen Unterschied macht, ob Merz in einer Talkshow sitzt oder vor Kindern: Sein Taktgefühl ist dasselbe – und zwar: Nicht vorhanden. Kinder scheinen im Leben des Friedrich Merz nichts weiter als kleine Erwachsene zu sein, die man mit den Sorgen und Nöten des Lebens belasten darf, ganz so wie die Großen. Das Konzept der Kindheit ist bekanntlich noch sehr jung, gemessen an der Menschheitsgeschichte – dass die Kindheit eine ganz besondere Zeit im Leben eines jeden Menschen darstellt, die zudem mit Fürsorge und Geborgenheit einhergehen sollte, empfindet man seit ungefähr 150 Jahren als erstrebenswert. Vorher waren Kinder einfach nur Erwachsene, die noch nicht ganz ausgewachsen waren – und so behandelt man sie auch.
Wer mit Kindern umging wie mit Erwachsenen, der ließ sie auch arbeiten – Kinderarbeit ist in unseren Gefilden verpönt, weil wir akzeptiert haben, dass die Kindheit schützenswert ist. Das beinhaltet auch, dass man Kinder nicht mit Themen überfordert, die sie nicht vollumfänglich erfassen können – was Putin, was den Ukrainekrieg betrifft, haben auch erwachsene Menschen Schwierigkeiten, das Thema adäquat zu erfassen. Wie kann man dies Kindern zumuten wollen?
Der designierte neue @CDU-Bundeskanzler @_FriedrichMerz setzt im Kinderformat zur #Bundestagswahl2025 von @sat1 „Kannste (nochmal) Kanzler?“ auf eine wirklich üble Propagandamasche aus Angstmacherei vor Russland & Indoktrination gegenüber Kindern:pic.twitter.com/mMdi1qHXIZ…
— Florian Warweg (@FWarweg) February 26, 2025
Wer Kindern körperlich oder emotional auf eine ihnen unangemessene Weise zusetzt, ihnen mit Geschichten oder Drohungen Angst einjagt, mit der sie nicht fertigwerden können, der steht gemeinhin im Verdacht, Kindeswohlgefährdung zu begehen. Eigentlich ist das ein Fall für das Jugendamt – wenn Eltern diejenigen sind, die das Kindeswohl gefährden. Im Falle von Merzens Angriff auf die Kinderseelen fragt man sich: Wo sind die Eltern, die ihre Kinder vor einem Politiker schützen, der quasi autistisch so tut, als mache es keinen Unterschied im Plenum zu hetzen oder vor Sechsjährigen zu protzen?
Generationen der Angst
Haben denn Kinder in der Bundesrepublik jüngst nicht genug an Angstmacherei erlitten? Für den Tod der Großeltern sollte man sie moralisch haftbar machen: Das war die Leitlinie der Bundesregierung in Zeiten von Pest und Corona. Das bekannteste Gesicht des öffentlich-rechtlichen Moralinbetriebes, ein junger Anzugträger, wenig königlich, aber mit royalem Magazin, dessen Name hier nicht genannt werden soll, nannte Kinder »gefährliche kleine Mikroorganismen« – außerdem seien sie mit Ratten während der Pest gleichzusetzen. Schulen forcierten das Angstregime, Pausen- waren Kasernenhöfe, die Kinder bekamen an der frischen Luft Parzellen zugewiesen, die sie nicht verlassen durften. Maske war geboten: Im Unterricht und auch an der Frischluft. Lehrer positionierten sich als die am schlimmsten gefährdete Gruppe innerhalb der Gesellschaft: Wie Todgeweihte grüßten sie das Publikum, morituri te salutant!
Während die Kinder der Oma alleine durch ihre bloße Existenz nach dem Leben trachteten, rechnete ein öffentlich-rechtlicher Kinderchor mit der Muttersmutter ab: Eine Umweltsau sei sie. Was sie nicht tschilpten, was aber mitklang: Wenn Oma endlich unter der Erde ist, dann gibt es gutes Klima. Kinder sind ständig im Fokus der Spin-Doktoren der veröffentlichten Meinung, werden stark politisiert und mit Angst unterfüttert, um gefügig zu sein für den Schwachsinn, den sich Erwachsene ausdenken, um andere Erwachsene dranzukriegen. Kinder sind der Stellvertreterkrieg für die Großen – und ihr Antrieb ist Belohnung und Angst, Lob und Angst, Drohung und Angst.
Und dann kommt auch noch dieses windige Kanzlerimitat daher und erzählt den Kindern etwas von Wladimir Putin und skizziert dazu aber das Bild des Teufels – und dieser Satan, er stehe bald vor unseren Grenzen und verschafft sich Zugang. Große Augen bei den Kindern. Die Angst steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Ob sie wissen, wovor sie sich fürchten? Auch nur ahnen, was dieses Szenario bedeuten würde? Natürlich nicht, denn woher sollen Menschen in diesem Alter wissen, was Menschen im fortgeschrittenen Alter offenbar auch immer seltener zu wissen scheinen? Dass es grausam wird, dass irgendeine Gefahr droht, das kriecht undefiniert als Angst in sie hinein und beschäftigt sie. Behindert ihre freie Entfaltung, drosselt ihre Unbeschwertheit und lähmt sie in der Entwicklung.
Eltern, schützt eure Kinder vor der Regierung Merz!
Es ist geboten seine Kinder vor dem Zugriff garstiger Angstmacher zu schützen – Druck auszuüben auf Behörden und Schulen, wenn man den Kindern mit arger Politisierung kommt: Eben auch, wenn es um die Klimafrage geht. Die wird natürlich auch überall dort mit einer massiven Angstkampagne behandelt, wo Kinder und Eltern auf den Staat treffen: Also auch in Schulen. Dort wird das Thema nicht nur moralisch aufgeladen, sondern mit schwarzer Angstpädagogik gefüllt.
Die Angst ist es, die die Kinder im zeitgenössischen Deutschland erzieht. Und das alles, während man über Einrichtungen wie die Kindergrundsicherung spricht oder für Kinderrechte im Grundgesetz – da behandelt man Kinder dann nicht wie kleine Erwachsene, obgleich Kinderrechte im Grundgesetz inkludiert sind, weil eben Kinder auch Menschen sind. Und was helfen Kinderrechte im Grundgesetz, wenn einer wie Merz auf dem Lehrerpult sitzt und irre Propaganda verzapft, während – noch da! – in anderen Teilen der Welt längst andere Debatten stattfinden und eine erste zaghafte Entspannungsrhetorik zu ihrem Recht kommt? Für was Kindergrundsicherung, wenn die Kleinen dann verschreckt in ihren Kinderzimmern sitzen und von Ideologen »auf Trans« geprüft und beäugt werden oder beim nächsten Notstand im Pausenhof auf kleiner Parzelle brav stehenbleiben und schweigen sollen?
Aber die Wahrheit ist so viel bitterer: Eltern aufzurufen, ihre Kinder aus dieser Angstspirale herauszuholen, ist naiver Optimismus. Die Kinder, die Merz aufsuchte, wurden ihm ja vorgesetzt. Willentlich. Mit elterlicher Genehmigung. Und es sind Eltern, die Kinderhysterien um die Vernichtung der Erde in zwei, drei Jahren durch den Klimawandel, forcieren und begünstigen – und sich stolz vor den Kameras öffentlich-rechtlicher Haltungsreporter brüsten, weil die Kinder so angstvoll sind, dass sie zur Demo fahren und sich sogar auf den nackten Asphalt kleben würden. Das ist Kindeswohlgefährdung durch Angst, die von den Eltern begünstigt wird – weil die ihren Nachwuchs wie Erwachsene behandeln! Wie Erwachsene, die besser, routinierter und abgeklärter mit Ängsten umgehen können. Diese schwarze Pädagogik zeigt an, wie kinderfreundlich dieses Land tatsächlich ist. Es ist eine Hölle für die wehrlosesten der Gesellschaft: Für unsere Kinder.
Roberto J. De Lapuente, Jahrgang 1978, ist gelernter Industriemechaniker und betrieb acht Jahre lang den Blog ad sinistram. Von 2017 bis 2024 war er Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen. Er war Kolumnist beim Neuen Deutschland und schrieb regelmäßig für Makroskop. Seit 2022 ist er Redakteur bei Overton Magazin. De Lapuente hat eine erwachsene Tochter und wohnt in Frankfurt am Main. Im März 2018 erschien sein Buch „Rechts gewinnt, weil links versagt“.
Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.