„Zwölf-Punkte-Plan der FDP wird die Wirtschaft schwächen“

Die FDP will eine Wirtschaftswende einleiten. Aber um Wirtschaftspolitik geht es bei dem Zwölf-Punkte-Plan im Grunde nicht, sondern eher um den Abriss des Sozialstaats. Das schreibt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in seinem aktuellen Blogbeitrag.

shutterstock/Dueringerto

Eine Wirtschaftswende will die FDP mit ihrem Zwölf-Punkte-Plan vollbringen, doch der Plan scheint aus sicht von Fratzscher eher eine Sozialstaatswende auslösen zu sollen, mit dem soziale Leistungen gekürzt und die Beziehenden stigmatisiert werden. Für den DIW-Präsident und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin scheint der Zwölf-Punkte-Plan daher wenig mehr als ein Wahlkampfslogan der FDP zu sein.

Den Zwölf-Punkte-Plan bezeichnet er als Sozialstaatspopulismus. Die FDP suggeriere, dass der Staat mit stärkeren Sanktionen bei Bürgergeldempfängern und geringeren sozialen Leistungen viel Geld sparen und die Wirtschaft entlasten könnte. Doch die Sanktionen für Verweigerer beim Bürgergeld werden weit weniger als 100 Millionen Euro einsparen, so der DIW-Präsident. Das wäre in Bezug auf die Budgetlücke des Bundesfinanzministers von 25 Milliarden Euro für 2025 „ein Tropfen auf den heißen Stein“. „Die populistischen Forderungen werden keinerlei nennenswerte Veränderungen herbeiführen, geschweige denn eine Wirtschaftswende auslösen.“

Nicht eine Schwächung des Sozialstaats führt zu einer stärkeren Wirtschaft, sondern ein starker Sozialstaat und eine starke Wirtschaft bedingen einander, betont der Professor. Mehr Investitionen in Bildung, Qualifizierung und die Integration in den Arbeitsmarkt seien essenziell, damit Unternehmen mehr Fachkräfte bekommen.

Deutschland muss dringend neue Wege finden, sich im globalen Wettbewerb mit China und den USA zu behaupten, ist er sich sicher. Die deutsche Wirtschaft muss laut Fratzscher die ökologische und die digitale Transformation viel schneller akzeptieren und umsetzen.

Die Forderung zur Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 ist laut dem Professor für Makroökonomie „aus rein wirtschaftlicher Sicht prinzipiell richtig“. Er kritisiert jedoch, dass die FDP keine konstruktiven Vorschläge mache, wie denn mehr Menschen in Zukunft länger arbeiten können, ohne vorher erwerbsunfähig zu werden. Die Vorschläge sind aus seiner sicht letztlich substanzlos und nicht durchdacht.

Der DIW-Präsident macht zwei grundlegende Widersprüche des Zwölf-Punkte-Plans aus, die die deutsche Wirtschaft nicht stärken, sondern schwächen werden.

Den ersten Widerspruch sieht er in der Schuldenbremse. Die Wirtschaft brauche dringend eine bessere Infrastruktur, mehr öffentliche Investitionen in Bildung und auch steuerliche Entlastungen. Aber genau solche Entlastungen und dringend benötigte öffentliche Investitionen verhindert Bundesfinanzminister Christian Lindner mit seinem starren Festhalten an der Schuldenbremse, so der Professor für Wirtschaft.

Der zweite Widerspruch zeigt sich ihm zufolge in der Aussage, eine starke Wirtschaft sei grundlegend für einen starken Sozialstaat. Die FDP schlage jedoch vor, die Sozialausgaben systematisch zu kürzen. Wie soll ein schwächerer Sozialstaat zu einer stärkeren Wirtschaft führen, fragt Fratzscher.

Darauf finde er bei den Liberalen keine Antworten. Dabei würden die Antworten auf der Hand liegen und sollten Teil einer jeden wirtschaftsliberalen politischen Agenda sein: eine steuerliche Entlastung vor allem dort, „wo die Belastung hoch und Entlastungen große Wirkungen haben könnten“. Er weist darauf hin, dass sich die FDP für eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs einsetzen könnte, was dem Staat einerseits viele Milliarden Euro an Ersparnissen bringen und gleichzeitig ein großes Arbeitskräftepotenzial heben würde.

Fratzschers Fazit: Der Zwölf-Punkte-Plan werde die Wirtschaft nicht stärken, sondern eher schwächen. Ebenso wie das dogmatische Festhalten an der Schuldenbremse und eine Aushöhlung des Sozialstaats die Wirtschaft schwächt. Es wäre aus seiner Sicht klug, wenn die Liberalen sich von ihrer Klientelpolitik abwenden und einer Wirtschafts- und Finanzpolitik zuwenden würde, die im Sinne aller Unternehmen und aller Bürgerinnen und Bürger des Landes ist.

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