AstraZeneca: Nach „Eingeständnis“ und Produktrückzug – was ist mit den Opfern und der Schuldfrage?

Ein Pharmaprodukt erhält eine Notfallzulassung. Medien wie Politik rufen zur regen Nutzung auf. Menschen erkranken nach Erhalt des Wirkstoffs, andere sterben. Drei Jahre später gibt der Konzern zu, dass „mögliche schwere Nebenwirkungen“ existieren. Und nun?

Ein Beitrag von Bernhard Loyen

Shutterstock/ Dean Drobot

Abhaken, Schluss damit. Irgendwann ist auch mal gut! Warum soll ein Rückblick, warum muss eine Aufarbeitung von drei dunklen Jahren erfolgen? Weil es Opfer gibt. Unzählige, auf allen nur erdenklichen Ebenen der Gesellschaft. Da, wo der ‚Corona-Spaltpilz‘ weiterhin tief in den Fugen, Rissen und Spalten nistet und sprießt. Einer der ärgsten, skrupellosesten und widersprüchlichsten Akteure der politischen Verantwortlichkeit, der unantastbare Karl Lauterbach, stellte sich am 24. April im Bundestag ans Mikrofon und erklärte wörtlich den Abgeordneten: „Selbstverständlich ist es so, jeder Mensch, der durch eine Impfung einen Schaden genommen hat, ob es eine Impfnebenwirkung ist, die leicht ist, eine schwere Impfnebenwirkung oder im Einzelfall auch daran verstorben ist, tut mir leid (…).“ Trägt Herr Lauterbach nun eine Mitschuld, an den von ihm vorgetragenen Realitäten, an der weiterhin unbekannten hohen Zahl von Opfern im Land? Ja, natürlich, wie viele seiner nötigenden Kollegen in der „Corona-Krise“. Lauterbach erklärt weiter in seinem verteidigenden Singsang, dass zum damaligen Zeitpunkt, dem Jahreswechsel 2020 zu 2021, „die Impfungen damals empfohlen worden sind, von der ständigen Impfkommission, von den Fachexperten, von der gesamten (sic!) Wissenschaft“. Diese „Lauterbach-Faktendarlegung“ war damals und ist auch weiterhin laut dem Bundesgesundheitsminister als „unstrittig“ anzusehen. Der Rückblick belegt: Die Sachlage in der ersten Hohephase eines medialpolitischen, pharma-fokussierten „Corona-Tunnelblicks“ sah etwas differenzierter aus.

Dezember 2020, das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca veröffentlicht die Ergebnisse „der Phase-3-Studie“ zum anvisierten Endprodukt ‚Vaxzevria‘. Das Produkt ist dabei ein Vektor-Impfstoff, kein mRNA-Produkt. Zwischen dem 23. April und dem 4. November 2020 wurden laut Veröffentlichung „23.848 Teilnehmer rekrutiert“, wovon wiederum lediglich „11.636 Teilnehmer (7.548 im Vereinigten Königreich, 4.088 in Brasilien) in die vorläufige primäre Wirksamkeitsanalyse einbezogen“ wurden. 

Das Unternehmen erhielt dann zügig von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) am 29. Januar 2021 eine sogenannte Notfallzulassung. Das RND informierte acht Wochen später, am 31. März 2021: „Eine bedingte Zulassung bedeutet laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dass die klinische Prüfung noch nicht vollständig abgeschlossen ist und für eine normale Zulassung noch weitere Daten erhoben werden müssen. Wirkung und Nebenwirkungen müssen zudem bei der Anwendung in besonderer Weise überwacht werden.“ 

Die Erläuterungen erfolgten, da das Produkt sehr schnell für eher negative Schlagzeilen sorgte. So heißt es: „Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca soll nicht mehr bei jüngeren Menschen eingesetzt werden. Ursprünglich war die Impfung hingegen nur für Personen unter 65 Jahren empfohlen worden. Wieso kam es zu immer wieder neuen Einschätzungen?“

Angela Merkel kommentierte die alarmierenden Ereignisse, „Berichte über schwere Nebenwirkungen des Impfstoffs, wie Sinusvenenthrombosen, also Blutgerinnsel im Gehirn, insbesondere bei jüngeren Menschen“, tags zuvor vor Hauptstadtjournalisten: „Wir müssen den Impfstoffen vertrauen können. Vertrauen entsteht aus dem Wissen, dass jedem Verdacht, jedem Einzelfall nachgegangen wird.“ Der verantwortliche und ungelernte Gesundheitsminister Jens Spahn meinte laut RND-Zitat ergänzend äußern zu müssen: „Gesundheitsminister Spahn ergänzte, die Entscheidung sei ‚ohne Frage ein Rückschlag‘. Sie ändere ‚aber nichts an der hohen Wirksamkeit des Impfstoffes‘. Jeder unter 60-Jährige könne nun selbst mit seinem Arzt abwägen, ob er sich trotzdem mit dem Astrazeneca-Vakzin impfen lassen möchte. ‚Impfen ist fast immer die bessere Entscheidung‘, sagte Spahn.“

Das ZDF informierte dann am 1. April 2021: „Am Freitag vergangener Woche liegen im Kanzleramt die Nerven blank. Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko) hat am Morgen Kanzleramtsminister Helge Braun und Kanzlerin Angela Merkel persönlich darüber informiert, dass der Impfstoff von AstraZeneca für bestimmte Altersgruppen aller Wahrscheinlichkeit nach erneut gestoppt werden muss (…) Am Wochenende und am Montag werden laut Robert-Koch-Institut (RKI) insgesamt 314.383 Erstimpfungen mit AstraZeneca verabreicht. Mehr als 300.000 Menschen, die nicht ahnen, dass der Coronavirus-Impfstoff, der ihnen gerade gespritzt wird, wissenschaftlich erneut hoch umstritten ist.“

Was behauptete Karl Lauterbach doch gleich am 24. April 2024 (siehe oben)? Am 7. April 2021 jedenfalls erklärte der „Gesundheitsexperte“ der SPD:

Screenshot Berlin 24/7 

„Viel verimpft“! Je nach Blickwinkel verdächtig, zumindest auffällig. Am 23. April 2021 informierte ein RND-Artikel: „Keine Talkshowauftritte oder Tweets: In den vergangenen Tagen war es ruhig geworden um Karl Lauterbach (58). Jetzt erklärt der SPD-Gesundheitsexperte den Grund: Er musste sich einer Augenoperation unterziehen. Lauterbach hofft aber, in einer Woche wieder fit zu sein.“

Zuvor, Mitte März 2021, hatte eine weitere verantwortliche Protagonistin der „Corona-Krise“ verunsicherte Bürger ebenfalls zur Impfung bestärken, animieren (?) wollen: 

Screenshot Berlin 24/7

Am 15. März 2021 saß Lauterbach in der ARD-Talkshow ‚Hart, aber fair‘. Das Thema lautete: AstraZeneca. Der SPD-Politiker wörtlich zu dem seitens der EMA und dann auch des PEI ausgerufenen Stopps von Impfungen:

„Es ist richtig, dass die Komplikation, die wir hier sehen (…), das ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auf den Impfstoff zurückzuführen (…) Es trifft einen von ungefähr 250.000, 300.000 Betroffenen, und wir sind in einer solchen Notlage, was die Pandemie derzeit angeht, wir haben auch mit so drastischen Folgen der Erkrankung zu rechnen bei den Nicht-Geimpften, dass ich es bevorzugt hätte, zu sagen: Wir lassen dies jetzt untersuchen und wir impfen aber in dieser Zeit weiter.“

Drei Tage zuvor schrieb er bereits in einem X-Posting: „Ausgesetzte Impfung ist für viele tödlich, die jetzt verzichten.“ Am 25. Februar 2021 sitzen in einem ZDF-Studio, welch Überraschung, Karl Lauterbach und der Mann der ZDF-Wissenschaft, Harald Lesch. Lesch diktiert wörtlich dem Millionenpublikum zum Mitschreiben, auf die Frage, ob er sich denn mit AstraZeneca impfen lassen würde: „Aber selbstverständlich. Es scheint mir ’ne ziemlich hysterische Reaktion von der Öffentlichkeit zu sein oder es ist nicht richtig kommuniziert worden, was eigentlich die wirkliche Wirkung von AstraZeneca betrifft.“

https://x.com/hori_____zont/status/1371538338193289219

Rund drei Jahre später berichtet die Berliner Zeitung hinsichtlich der im Endeffekt erfolgten Impfzahlen: „Das Präparat wurde in Deutschland 12.803.142 Mal verabreicht, bevor die Bundesregierung im März 2021 den AstraZeneca-Impfstoff ausgesetzt hat.“ 

Aber zurück ins Jahr 2021. Acht Wochen nach Lauterbachs Auftritt bei ‚Hart aber Fair‘, am 17. Mai 2021, hatte die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg anscheinend vollkommen unbeeindruckt „am Campus Sankt Augustin für einen Tag ein Impfzentrum eingerichtet.“ Weiter heißt es auf der Webseite der Hochschule: „In Zusammenarbeit mit der Stadt Sankt Augustin und der Arztpraxis Radiologie Sankt Augustin organisierte sie Impfungen mit AstraZeneca gegen Covid-19. Der Impfstoff war kürzlich freigegeben worden.“ Geimpft wurden „Männer über 30 und Frauen über 40 Jahren“. So könnte man seitenlang weiter die gut gefüllten und gesicherten Archive offenlegen und zitieren. Ein Beispiel von fatalen Folgen des schlichten Vertrauens in die einfordernde, animierende Politik und ZDF-Wissenschaft belegt dieser ZDF-Beitrag vom 8. März 2023. <blockquote class=“twitter-tweet“ data-media-max-width=“560″><p lang=“de“ dir=“ltr“>Ex-Gesundheitsminister J. Spahn nahm Astra Zeneca 7 Monate später als Dänemark vom Markt. Warum, beantwortete er für unseren ZDF-Film 2023 „Krank nach Corona-Impfung“ nicht. 

https://x.com/susa7170/status/1786677125744828550

Aktuell erfolgen europaweit, auch in Deutschland, Schmerzensgeldprozesse AstraZeneca-Geschädigter. Es existieren auch diverse Prozesse Angehöriger von Verstorbenen. Die Information, dass das Unternehmen nun mit drei Jahren Verzögerung „Nebenwirkungen“ seines Wirkstoffs zugibt, kann nicht einmal als Trost oder Gerechtigkeit gewertet werden. Die letzten AstraZeneca-Impfdosen, die in Deutschland an Arztpraxen ausgeliefert wurden, hatten das Verfallsdatum 30. November 2021. Im April 2024 ist daher diese Mitteilung lediglich, wie auch die ergänzende widerrufende Zulassung über die EU-Kommission, eine anmaßende Nebelgranate vermeintlicher Aufarbeitung. Die Begründung des Unternehmens dabei ein weiterer Schlagschmerz auf dem geschundenen Körper der Opfer: „Angesichts der Menge an verfügbaren und wirksamen Impfstoffen gegen neue Varianten von Covid-19 gab es keine Nachfrage mehr nach dem Vaxzevria-Impfstoff, der folglich nicht mehr hergestellt oder verteilt wurde.“ Das Pharmaunternehmen muss daher zügig juristisch, damit finanziell, im Sinne und zugunsten der Opfer belangt werden und volle Verantwortung übernehmen. 

Ex-RKI-Chef Lothar Wieler erklärte wörtlich am 25. Februar 2021 allen Ernstes vor Hauptstadtjournalisten: „Und ich wäre über nichts glücklicher, wenn ich selber bald diesen AstraZeneca-Impfstoff genießen dürfte.“ Die nicht minder wichtige und dringend benötigte Aufarbeitung, hinsichtlich des fahrlässigen, aggressiven und verantwortungslosen Agierens mitschuldiger Protagonisten, den (be)werbenden Pharmaverkäufern besseren Wissens, die Namen dieser Täter sind bekannt, muss parallel nun endlich einen Anfang erfahren.

Zum Autor: Bernhard Loyen, Jahrgang 1967, ist Musik-Connaisseur und schreibt als freier Journalist regelmäßig Meinungsartikel auf verschiedenen alternativen Portalen.

Disclaimer: Berlin 24/ 7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7  widerspiegeln.

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