Bei der Bundestagswahl lagen die Wahlkampflügner CDU und CSU noch klar auf dem ersten Platz. Laut einer neuen Umfrage ist die AfD mittlerweile vorbeigezogen. Sorgt der schwarz-rote Koalitionsvertrag für eine Trendwende?

Berlin – Sechseinhalb Wochen nach der Bundestagswahl liegt die AfD erstmals in einer deutschlandweiten Umfrage vor der Union auf dem ersten Platz. Bei der sogenannten Sonntagsfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos erreichte die AfD einen Stimmenanteil von 25 Prozent. CDU und CSU kamen gemeinsam auf lediglich 24 Prozent. Veröffentlicht wurde das historische Umfrage-Ergebnis ausgerechnet an dem Tag, an dem die neue schwarz-rote Regierung ihren Koalitionsvertrag präsentierte.
Angesichts der Vereinbarungen von Union und SPD ist dies nach Ansicht der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel «kein Zufall». CDU-Chef Friedrich Merz sieht im Koalitionsvertrag hingegen eine «sehr, sehr gute Grundlage», um die AfD wieder zurückzudrängen.
Zustimmung zu CDU und CSU geht stark zurück
Nach der Ipsos-Erhebung verlieren die Unions-Parteien deutlich im Vergleich zur Bundestagswahl vom 23. Februar, wo sie noch 28,5 Prozent der Stimmen geholt hatten. Die AfD verbesserte sich hingegen im Vergleich zum Wahlergebnis von 20,8 Prozent erheblich. Für die nach Angaben der Meinungsforscher repräsentative Umfrage wurden am und 4. und 5. April insgesamt 1.000 Menschen befragt.
«Einen so dramatischen Zustimmungseinbruch zwischen einer Bundestagswahl und noch vor der Vereidigung der neuen Regierung gab es noch nie in unserem Land», betonte Weidel und sieht ihre Partei auf dem richtigen Weg. «Ich werde Ihnen versprechen: Wir sitzen in der nächsten Legislatur in der Regierung.»
Merz baut hingegen auf die Verabredungen von Union und SPD zur Zurückdrängung der illegalen Migration und zur Belebung der Wirtschaft. Wenn die Menschen das Gefühl hätten, dass die politische Mitte die Probleme des Landes nicht nur beschreiben, sondern auch lösen könne, entziehe das Extremisten den Boden, sagte der vermutlich künftige Bundeskanzler bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags in Berlin.
Trend zeigt sich in mehreren Umfragen
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Instituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Zudem spiegeln Umfragen grundsätzlich nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf einen Wahlausgang.
Schon in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa für die «Bild»-Zeitung vom Wochenende lag die AfD erstmals gleichauf mit der Union bei 24 Prozent. Auch im «Trendbarometer» von RTL und ntv vom Dienstag rangierte die AfD nur noch knapp hinter CDU und CSU.