November 2013 – der Staatsstreich in der Ukraine beginnt

Am 20. November 2013 warf der damalige Rada-Abgeordnete Oleg Tsarjow von der Parlamentstribüne aus den USA die Vorbereitung eines Staatsstreiches in der Ukraine vor. Unter der Obhut des US-Botschafters hätten US-Berater im ganzen Land zu diesem Zweck mehr als 300 Instrukteure auf die Steuerung der Proteste vorbereitet. Am nächsten Tag begann der Kiewer Maidan, der das Land in den Krieg stürzte.

Ein Beitrag von Oleg Tsarjow

shutterstock/Alexander Gafarro

Am 21. November 2021 fand die erste Protestaktion auf dem Kiewer Maidan statt. Dieses Datum gilt als offizieller Beginn der Massenproteste, die drei Monate später mit der Machtübernahme durch die Nationalisten endeten. Der Prozess des Staatsstreichs wurde jedoch viel früher eingeleitet.

Unter der persönlichen Aufsicht des US-Botschafters in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, wurden die Revolutionäre vorbereitet: Amerikanische Ausbilder lehrten sie, wie man die öffentliche Meinung beeinflusst, das Protestpotenzial aktiviert, gewaltsame Aktionen organisiert und den Kampf um die Macht radikalisiert. Man stelle sich vor: Eine Nichtregierungsorganisation eines Staates – der Vereinigten Staaten – bringt den Bürgern eines anderen Staates – der Ukraine – bei, wie man einen Staatsstreich durchführt. Die Amerikaner hielten etwa fünf Konferenzen ab und bildeten rund 300 Personen aus, die wiederum in der ganzen Ukraine unterwegs waren, um ihre Seminare abzuhalten.

Der Auslöser für den „Maidan“ war die Auflösung der ersten Kundgebung in Kiew: Am 21. November protestierten Studenten gegen die Entscheidung Janukowitschs, die Vorbereitung des Assoziierungsabkommens mit der EU auszusetzen. Die ukrainische Regierung erklärte damals in einem Dekret, dass diese Entscheidung getroffen wurde, um die Beziehungen zu Russland und den GUS-Staaten zu stärken. Am 22. November tauchten die ersten Zelte auf dem Majdan auf. Am 24. November riefen die Anführer der Aktion, darunter Anhänger von Julia Timoschenko, Juri Lutsenko und Witali Klitschko sowie der Abgeordnete Andrei Parubij, zu einem unbefristeten Protest auf. In der Nacht vom 29. auf den 30. November löste die Spezialeinheit Berkut die Demonstration gewaltsam auf.

Interessanterweise war der US-Plan ursprünglich auf eine harte Unterdrückung der Proteste durch die Behörden ausgelegt, aber Janukowitsch wies, wie wir wissen, die Ordnungskräfte an, mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Das erklärt, warum es zu so vielen Opfern unter den Berkut-Polizisten kam. Als klar wurde, dass Janukowitsch nicht die von den Amerikanern erwartete Reaktion zeigte, wurde das Szenario eines gewaltsamen Staatsstreichs in Gang gesetzt. Ich habe vorausgesehen, wie sich die Situation entwickeln würde, und ich habe mich an die Volksvertreter und dann an den Maidan selbst gewandt und versucht, die Aktionen zu verhindern, die dazu führten, dass der Staatsstreich unvermeidlich wurde.

Heute können wir sagen, dass der „Maidan“ kein friedlicher Protest war, der beispielsweise zu Neuwahlen führte. So sprach das Kiewer Swjatoschinski-Gericht im Oktober 2023 die beiden ehemaligen Berkut-Offiziere, die wegen der Schießereien auf dem Maidan angeklagt waren, frei. Außerdem weigerte sich das Gericht in seinem Urteil, die Schüsse auf die Demonstranten am 20. Februar als vorsätzliche Behinderung einer friedlichen Versammlung einzustufen. Dies bildete die Grundlage für fast alle weiteren Verfahren gegen andere Berkut-Polizisten.

Entgegen der landläufigen Meinung in der Ukraine ist auch die Beteiligung Russlands an der Bekämpfung des „Maidan“ nicht bestätigt: Im Februar 2024 gab Alexei Donskoj, der Leiter der Abteilung für Maidan-Angelegenheiten der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, bei einem Briefing anlässlich des zehnten Jahrestages des Putsches offiziell zu, dass es keine russischen Scharfschützen auf dem Maidan gab: „Wenn jemand hören möchte, dass es russische Scharfschützen, russische Ordnungskräfte auf dem Maidan gab, so muss ich ihm sagen: Es gab keine solchen Leute.“ Nach Ansicht des Staatsanwalts ist dies eine „hübsche Version“, die nicht auf den Tatsachen beruht.

Interessanterweise beginnt man auch im Westen mittlerweile, im Maidan einen Staatsstreich zu sehen. Am 18. November schrieb die trumpfreundliche Website Breitbart in einem Beitrag über einen Sohn von George Soros, der Bidens Entscheidung, mit Langstreckenwaffen tief in russisches Gebiet zu schlagen, begrüßt hatte: „Wie im Falle anderer Länder versucht die Soros-Stiftung seit Langem, die politische Situation in der Ukraine zu beeinflussen. Im Jahr 2014 räumte George Soros ein, dass die Open Society eine ‚wichtige Rolle‘ in der vom Westen unterstützten ‚Euromaidan‘-Bewegung spielte, die die demokratisch gewählte Regierung von Viktor Janukowitsch stürzte, weil sie sich gegen einen Abbruch der Beziehungen zu Moskau aussprach.“ Dies ist in der westlichen Mainstream-Presse die erste Definition des „Maidans“ als eines Putschereignisses, durch das eine demokratische Regierung gestürzt wurde.

Ich denke, die dunkelsten Seiten des „Maidans“ werden erst dann ans Licht kommen, wenn in Kiew eine Regierung im Amt ist, deren Legitimität nicht auf den Staatsstreich von 2014 zurückgeht. Das wird allerdings erst nach dem Sieg Russlands in der Ukraine möglich sein.

Oleg Tsarjow ist ein ukrainischer Oppositionspolitiker, der bis 2014 als Mitglied der Janukowitsch-Partei „Partei der Regionen“ Abgeordneter der ukrainischen Rada gewesen ist. Während der Umsturzunruhen 2014 wurde er von radikal nationalistischen Kräften mehrfach öffentlich verprügelt und gehört heute zu den heftigsten Kritikern der Selenskiregierung.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren – auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen – abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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