Zehntausende Ungarn haben am Freitag in Budapest gegen die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán demonstriert. Der Initiator der Protestkundgebung, die zu den größten dieser Art seit Jahrzehnten zählt, war der ehemalige Politik-Insider Peter Magyar.
Magyar hatte Führungsposten in staatlichen und staatsnahen Institutionen und Unternehmen bekleidet und war mit der ehemaligen Justizministerin Judit Varga verheiratet.
Unmittelbarer Anlass für seine Umwandlung zum radikalen Regierungskritiker war nach seinen Worten der Skandal um die Begnadigung eines Pädophilen-Helfers gewesen, der zum Rücktritt von Staatspräsidentin Katalin Novák sowie dem Ende der politischen Laufbahn seiner Ex-Frau geführt hatte. Die Affäre hatte sich Anfang dieses Jahres abgespielt.
Magyar wirft dem Umfeld des Regierungschefs Korruption und Machtmissbrauch vor. „Zur Untermauerung seiner Anschuldigungen veröffentlichte er im Vormonat den Mitschnitt eines Gesprächs, das er Anfang des Vorjahres mit Varga geführt hatte, als sie Justizministerin und er noch mit ihr verheiratet war“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“. „Darin schildert die Politikerin, wie Gefolgsleute von Orbans mächtigem Kanzleiminister Antal Rogan in staatsanwaltliche Ermittlungen eingegriffen und den Minister belastende Stellen aus den Akten getilgt haben sollen.“
„Die Regierung möge die Macht zurück in die Hände des Volkes legen und ihm die Wahlmöglichkeit geben“, erklärte Magyar am Samstag in einer knapp einstündigen Ansprache. „Wir fordern unser Land und unsere nationalen Symbole zurück!“
Der Politiker rief die Anwesenden auf, sich in seiner neuen Bewegung „Auf, auf, Ungarn!“ zu engagieren.
Bei der Europawahl am 9. Juni kann Magyar zwar mit keiner eigenen Partei antreten, weil er mit einer Parteigründung die Fristen nicht einhalten kann. Um ein Antreten doch zu ermöglichen, verhandelt er aber mit existierenden Parteien, um ein Antreten zu ermöglichen. Wie er auf der Kundgebung in Budapest erklärte, soll das Ergebnis der Europawahl in Ungarn „zum ersten Sargnagel“ für das „System Orbán“ werden.