„Verteidigungsbündnis und Wertegemeinschaft“ – das soll die Nato aus Sicht der bundesdeutschen Regierung sein. „In Wirklichkeit zieht sie eine Blutspur der Verwüstung durch die Welt“, schreibt dagegen die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen von der Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) in ihrem neuen Buch „Die Nato. Eine Abrechnung mit dem Wertebündnis“.
Die Schweizer Wochenzeitung Die Weltwoche hat in ihrer aktuellen Ausgabe einen Auszug aus Dagdelens Buch veröffentlicht. Darin werden die drei großen Mythen des westlichen Militär- und Kriegsbündnisses widerlegt.
Der erste Mythos ist laut der Politikerin der, dass die Nato ein Verteidigungsbündnis auf Grundlage des Völkerrechts sei. Doch ein Blick in die Geschichte des Militärpakts zeige: Bei dem Auftreten der Nato in den vergangenen Jahrzehnten könne von einer defensiven Ausrichtung nicht die Rede sein.“
„Die Grundlage der Nato ist ein Tausch. Die übrigen Nato-Mitglieder verzichten auf Teile ihrer demokratischen Souveränität und werden dafür mit der Nato-Sicherheitsgarantie belohnt, die de facto eine Sicherheitsgarantie der USA ist.“
Mit dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien 1999 habe sich die Nato zu einem „Kriegsführungspakt“ entwickelt, „der bereit ist, das Völkerrecht zu brechen“, schreibt Dagdelen. Dieser „Ursünde“ seien der Überfall auf den Irak 2003 gefolgt, zuvor der Krieg in Afghanistan ab 2001, und dann 2011 der Überfall auf Libyen.
Der zweite große Mythos sei der, dass es der Nato um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehe. So steht es in den Gründungsdokumenten des westlichen Bündnisses, das aber von Beginn an mit faschistischen Diktaturen wie der in Portugal zusammenarbeitete. Auch darauf macht Dagdelen aufmerksam, die auch an die von der Nato unterstützten Militärputsche in Griechenland von 1967 und an den in der Türkei 1980 erinnert.
Zum dritten großen Mythos von der „Wertegemeinschaft“, der es laut eigener Aussage im Nato-Strategie-Konzept von 2022 um „individuelle Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ geht, schreibt die ehemalige Linkspartei-Politikerin: „Durch die Kriege der USA und ihrer Verbündeten seien allein in den vergangenen zwanzig Jahren viereinhalb Millionen Menschen gestorben, bilanziert hingegen die renommierte Brown University in Rhode Island, USA.“Die Nato sei keine Gemeinschaft, die Menschenrechte schütze, sondern „der Schutzschirm für die Menschenrechtsverletzungen ihrer Mitglieder“.
Für die Länder im globalen Süden erscheine die Nato längst als „Wächterorganisation einer zutiefst ungerechten Weltordnung mit neokolonialen Tendenzen“. Das zeige sich daran, „dass Nato-Mitglieder beim Wirtschaftskrieg gegen Russland mit sogenannten Sekundärsanktionen Drittstaaten wie China, der Türkei oder den Vereinigten Arabischen Emiraten unter Verletzung von deren Souveränität die eigene Politik aufzuzwingen versuchen“.
Die BSW-Politikerin stellt in dem Auszug aus ihrem Buch fest: „Die Mythen der Nato verklären den Blick auf die Wirklichkeit. Um Auswege aus der gegenwärtigen Krise zu finden, bedarf es ihrer Enthüllung. Heute, 75 Jahre nach seiner Gründung, treibt der Militärpakt mit seiner globalen Expansion und seinen Konfrontationen die Welt näher an den Rand eines dritten Weltkrieges als jemals zuvor.“
Buchtipp: Sevim Dagdelen: „Die Nato – Eine Abrechnung mit dem Wertebündnis“; Westend Verlag 2024