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Eine Milliarde Euro soll Flüchtlinge im Libanon halten – Menschenrechte werden ignoriert

Die EU will mit einem Milliarden-Deal mit dem Libanon dafür sorgen, dass die Menschen aus Syrien von Europa ferngehalten werden. Der Libanon zählt mit 1,5 Millionen syrischen Flüchtlingen gleichzeitig zu denjenigen Staaten, die pro Kopf weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Die politische Situation im Libanon ist schwierig, eis gibt nicht einmal ein Staatsoberhaupt. Mitlereweile herrscht dort antisyrische Stimmung. Ein Experte warnt vor einem „großen Fehler“.

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Bild: shutterstock/ahmad zikri

Die EU will mit Finanzhilfen im Umfang von rund einer Milliarde Euro den Zustrom von bislang im Libanon lebenden Flüchtlingen aus Syrien stoppen, wie Medien berichten. Mit dem EU-Geld soll nach Angaben von EU-Beamten das Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen im Libanon gestärkt werden. Daruaf macht das Nachrichtenportal NTV aufmerksam. Zudem sind Mittel für die Sicherheitsbehörden und die Streitkräfte des Landes sowie für den Kampf gegen Schleuserbanden und für Wirtschafts- und Finanzreformen vorgesehen. Die legale Migration wird den Plänen zufolge erleichtert werden.

Das Unterstützungspaket soll heute bei einer Libanon-Reise von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis angekündigt werden. Vor allem die zyprische Regierung hatte die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge aus dem Libanon zuletzt als nicht mehr tragbar kritisiert und ein Handeln der EU gefordert, heißt es.

„Es sind wir, die Europäer, die entscheiden, wer nach Europa kommt und unter welchen Umständen. Und nicht das organisierte Verbrechen der Schmuggler und Menschenhändler“, erklärte laut NTV EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Sonntag in einer Rede und verwies auf die bereits existierenden Abkommen mit Ländern wie Tunesien und Ägypten. Auch diese Staaten sollen im Gegenzug für Finanzhilfen in Milliardenhöhe unerwünschte Migration in die EU stoppen.

Der für den Libanon vorgesehene Betrag sei für den Zeitraum bis Ende 2027 vorgesehen. Ein erster hoher dreistelliger Millionenbetrag könnte laut dem Bericht bereits im Sommer fließen. Ob das EU-Geld ausreiche, um die Lage im Libanon zu entspannen, sei allerdings fraglich. Das Land stecke derzeit in der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte.

Syrer führen sich im Libanon nicht mehr sicher

Menschenrechtlern zufolge wenden libanesische Beamte seit Jahren diskriminierende Praktiken gegen Syrer an, um sie zur Rückkehr nach Syrien zu zwingen. NTV verweist auf die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Demnach hätten die libanesischen Behörden in den vergangenen Monaten Syrer, darunter Oppositionsaktivisten und Armeeüberläufer, willkürlich festgenommen, gefoltert und nach Syrien zurückgeschickt.

Die libanesischen Regierenden vertreten die Meinung, das Bürgerkriegsland sei stabil und sicher genug, um eine Rückkehr zu gewährleisten, heißt es. Die Vereinten Nationen und andere Menschenrechtsorganisationen würden dies allerdings weiter anders sehen.

Experte hält EU-Vorhaben für illusorisch

Im Unterschied zu den autoritär regierten Staaten Tunesien und Ägypten gibt es im Libanon zurzeit nicht mal ein Staatsoberhaupt, betont das Portal. Seit eineinhalb Jahren scheitert die Wahl eines Präsidenten hier immer wieder an Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite.

Die Pläne der EU werden daher auch kritisch gesehen. „Die EU macht im Libanon einen großen Fehler“, wird etwa Riad Kahwaji, Direktor des Instituts für Militäranalyse des Nahen Ostens und der Golfregion zitiert. Der Libanon sei in keiner Weise bereit, ein Aufnahmeland für Flüchtlinge zu sein. Die gleichen Politiker, die jetzt Gelder von der EU in Empfang nähmen, würden auf Podien dazu aufrufen, die Syrer aus dem Land zu werfen. „Es ist irre, zu sehen, dass die Europäer an die Illusion glauben, dass die libanesischen Behörden in der Lage wären, den Flüchtlingsstrom einzudämmen.“

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