Das monströse Verbrechen von Odessa / vertuscht, verschwiegen, aber nicht vergessen

Am 02. Mai 2014 wurden im Gewerkschaftshaus von Odessa mindestens 45 Angehörige des „Antimaidan“ von ukrainischen Nationalisten verbrannt, erschlagen, erdrosselt, erschossen. Zeitzeugen sprechen davon, dass es auch weit über 200 Getötete gewesen sein können. Ein monströses Verbrechen, das von Politik und Massenmedien in Deutschland bis heute vollkommen ignoriert wird.

Ein Beitrag von Wilhelm Domke-Schulz

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Die erste Meldung in der Tagesschau vom 02. Mai 2014 war noch relativ dicht am tatsächlichen Geschehen dran. Es wurde von Auseinandersetzungen zwischen sogenannten „Pro-Ukrainern“ und angeblichen „Pro-Russen“ berichtet, nach deren Verlauf sich „Pro-Russen“ in das Gewerkschaftshaus von Odessa gerettet hätten, wo dann ein Feuer ausbrach und einige „prorussische Demonstranten“ im Feuer erstickt sein sollen. Nun ja, eine eigenwillige Darstellung des Geschehens, aber immerhin, dicht dran. 

Den nächsten Meldungen in ARD und ZDF am folgenden Tag merkte man schon die dazwischen liegenden Redaktionssitzungen sehr deutlich an. Auf einmal war von vorangegangenen Provokationen sogenannter „prorussischer Separatisten“ die Rede, die damit praktisch die folgenden Ereignisse selbst verschuldet hätten und von Vorverurteilungen dieser angeblichen „Separatisten“ und ihrer Sympathisanten, die die Schuldigen schnell unter vermeintlichen „Faschisten“ ausgemacht hätten, wie das auch vom russischen Propagandafernsehen verbreitet werden würde.

Am dritten Tag der Berichterstattung, dem 04. Mai 2014 nahm die massenmediale Interpretation der Ereignisse, ganz offensichtlich nach weiteren Redaktionssitzungen, eine noch schärfere Wende. 

Der von den nationalistischen Umstürzlern eingesetzte Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk durfte anlässlich eines Blitzbesuches in Odessa den Zuschauern von ARD und ZDF völlig unkommentiert mitteilen, dass die Toten aus dem Gewerkschaftshaus das Ergebnis einer perfiden Kommandoaktion des russischen Geheimdienstes seien. Und eine durch ihre von Anfang an äußerst tendenziöse Ukraineberichterstattung mittlerweile schon bekannte, oder sollte man besser sagen berüchtigte Auslandskorrespondentin des ZDF, echauffierte sich ganz wertfrei über einen angeblich „pro-russischen Mob“, der seine verhafteten „Gesinnungsgenossen“ gewaltsam aus einem Odessaer Polizeigefängnis befreit hätte.

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Und danach war Ruhe. Seitdem nichts mehr. Außer dröhnender Stille. Die massenmediale Berichterstattung endete nach drei Tagen Desinformation und propagandistischen Drehungen und Wendungen wie aus heiterem Himmel. Völlig abrupt. Bis heute. 

Aus Sicht des politisch-massenmedialen-Komplexes soll dieses monströse Verbrechen offenbar nie stattgefunden haben, weshalb man eine eiserne Mauer des Verschweigens und Vertuschens davor errichtet hat. 

Wer trotzdem von diesem Thema nicht lassen kann, der wird öffentlich mit Verleumdungen, Diffamierungen und Schlimmeren überzogen, öffentliche Veranstaltungen zu Odessa finden keine Veranstaltungsorte oder werden verboten und alle Informationen und Aktionen zu diesem Thema von in dieser Beziehung an einem Strang ziehenden Massenmedien und Politik völlig ignoriert. 

Filme, wie mein international mehrfach preisgekrönter Dokumentarfilm „Remember Odessa“ haben nicht die geringste Chance auf massenmediale Aufführung, weder in einem deutschen, noch einem sonstigen westlichen Fernsehsender. Er findet keinen Kinoverleiher und keinen Kinobetreiber, der diesen Film ins Programm aufnehmen würde. Es findet sich auch kein westliches Filmfestival, dass einen solchen Film im Wettbewerbsprogramm zeigen würde. Die ehemals, ganz früher, antifaschistisch bewegte Internationale Dokfilmwoche in Leipzig, glänzt z.B. in den letzten Jahren eher mit der Präsentation von Streifen aus und über die Ukraine, die mehr den Eindruck pro-nationalistischer Propaganda, als eines echten antifaschistischen Engagements erwecken. 

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Was ist also am 02. Mai 2014 in Odessa konkret passiert und warum scheut der politisch-mediale Komplex seit zehn Jahren die Thematisierung dieses Verbrechens, wie der Teufel das Weihwasser und unternimmt alles in seinen Kräften stehende, damit Informationen über diese monströse faschistische Mordorgie nicht an eine breite deutsche Öffentlichkeit dringen?

Vorweg: ich selbst habe seit Ende der 1980iger Jahre engen Kontakt zu den verschiedensten Institutionen und Personengruppen in Odessa und habe dort bis 2014 mehrere Filmprojekte für Sendeanstalten des staatstragenden ÖRR produziert. Dabei habe ich Odessa als eine weltoffene, multikulturelle, vielethnische Großstadt erlebt, die sehr viele liebenswerte Seiten hat.

Umso erschütterter war ich, als ich am Abend des 02. Mai 2014 von den schrecklichen Ereignissen aus den Nachrichten des Bezahlsenders ARD erfuhr. Am gleichen Abend habe ich die ersten Telefonate nach Odessa geführt, um mehr Details über das erschütternde Geschehen zu erfahren. Noch schockierter war ich allerdings über die erstaunlichen Wendungen der massenmedialen Berichterstattung in diesem Neugroßdeutschland mit seiner braunen Vergangenheit und deren plötzlichem Ende.

Mir war sofort klar, dass sich in Odessa am 02. Mai eine Tragödie von historischer Bedeutung abgespielt hat, die noch weitreichende Folgen nach sich ziehen würde. Im selben Moment fasste ich den Beschluss zu diesem Thema einen Dokumentarfilm zu produzieren. Da aus den deutschen Massenmedien nichts mehr zu erfahren war, was mir durch seine permanente ideologische „Einordnung“ wahrscheinlich ohnehin nicht viel genutzt hätte, begann ich sofort mit meiner eigenen Primärrecherche. Was mir in diesem Moment nicht klar war, war dass sich dieser Prozess etwa zwei Jahre hinziehen würde. Ich sichtete unzählige Stunden von an diesem Tag vor Ort aufgenommenem Videomaterial, befragte Zeugen, Beteiligte, Täter und Opfer. Alles nur, um ein einigermaßen verlässliches Bild darüber zu erhalten, was sich an diesem einen Tag in Odessa abgespielt hat.

Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse:

Einige Tage vor dem 02. Mai verabschiedet der vormalige Kommandant des „Euromaidan“ Andrij Parubij persönlich drei Maidanhundertschaften, die mit auffälligen „Instrumentenkoffern“ im Gepäck in Busse steigen und Kiew in Richtung Süden verlassen. Parubij hat da schon eine steile Karriere hinter sich. Unter seinem Kommando ermordeten Maidanhundertschaften im Februar 2014 im Kiewer Mariinskijpark zahlreiche Unterstützer des legitimen Präsidenten Janukowitsch. Parubij war als „Maidankommandant“ auch für die Ermordung von mehr als 20 Polizisten durch radikale, nationalistische „Demonstranten“ im Umfeld des Maidan verantwortlich. In einem später in Italien ausgestrahlten Dokumentarfilm beschuldigten georgische Heckenschützen Parubij dafür verantwortlich gewesen zu sein, dass durch sie auf dem Maidan Sicherheitskräfte und Demonstranten gleichermaßen erschossen worden sind. Um die Situation anzuheizen und den gewaltsamen Umsturz voran zu bringen.

Am 02. Mai 2014 ist Parubij Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der illegitimen nationalistischen Umsturzregierung und damit hauptverantwortlich für den verfassungswidrigen, brutalen Einsatz des regimetreuen, ukrainischen Militärs gegen die aufständische Bevölkerung im Donbass, die sogenannte „Antiterroroperation“.

Die von ihm in Kiew verabschiedeten Maidanhundertschaften tauchen drei Tage vor dem 02. Mai 2014 in Odessa auf, wo sie in Kurheimen am Stadtrand untergebracht werden und dort militärische Übungen abhalten.

Am 01. Mai findet die traditionelle Maidemonstration der antifaschistischen Bevölkerung von Odessa statt. Tausende Menschen ziehen durch die Stadt und führen dabei eine viele Meter lange Fahne Russlands mit sich. Es gibt keine nennenswerten Zwischenfälle oder Provokationen.

Parubij ist inzwischen selbst in Odessa und verteilt an Straßensperren des faschistischen „Rechten Sektors“ kugelsichere Westen. 

Der nächste Morgen ist ruhig. Im Zeltlager des „Antimaidan“ auf dem Kulikowfeld vor dem Gewerkschaftshaus ist man zuversichtlich, dass nichts Außergewöhnliches passieren wird.

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im _Donbass“

Das Zeltlager der „Antimaidanbewegung“, dessen Mitglieder bis heute von den westlichen Massenmedien als angebliche „pro-russische Separatisten“ diffamiert werden, während ihre Bewegung in der hiesigen Berichterstattung nie bei ihrem korrekten Namen „Antimaidan“ genannt wird, existiert an diesem Tag schon mehrere Monate und ist das bekannteste und größte Zentrum des antifaschistisch-demokratischen Widerstandes im Süden des Landes. Jedes Wochenende versammeln sich hier mitunter bis zu 40.000 Menschen vor der großen Bühne und protestieren Woche für Woche, Monat für Monat gegen das illegitime Kiewer Nationalistenregime. Sie haben tausende Unterschriften gesammelt. Ihre Forderung: die Errichtung einer föderalen Ukraine, in der die Kultur, die Sprache, die Identität der großen russischen Minderheit garantiert ist. Was das Kiewer Nationalistenregime rigoros ablehnt. Das heißt, es ging der „Antimaidanbewegung“ bis zu diesem Tag nie um einen Anschluss an Russland, wie die Desinformationskampagnen westlicher Massenmedien bis heute behaupten, sondern um eine föderale Reform der Ukraine, in der die Rechte der ethnischen Gruppen und Minderheiten garantiert sind. Eine Forderung die dem Plan der Nationalisten, die gesamte Ukraine schonungslos zu „ukrainisieren“ diametral entgegenstand. 

Das Zeltlager auf dem Kulikowfeld und seine unverminderte große Anhängerschaft war den Kiewer Putschisten deshalb schon lange ein Dorn im Auge, weil es ihren uneingeschränkten Machtanspruch in der gesamten Ukraine in Frage stellte. 

Das Zeltlager ist am Vormittag des 02. Mai 2014 nur dünn besetzt und schutzlos. Aus bis heute nicht geklärten Gründen sind die etwa 500 Mann starken, lediglich mit Helmen, Knüppeln und Schilden „bewaffneten“ Selbstverteidigungskräfte des „Antimaidan“ nicht auf dem Kulikowfeld erschienen, sondern haben sich in der Odessaer Innenstadt versammelt.

An diesem Tag soll ein Fußballspiel zwischen „Metallist Charkow“ und „Tschernomoretz Odessa“ stattfinden. Aus Charkow traf am Vormittag ein Sonderzug mit Fußballhooligans ein, die vom Bahnhof in die Innenstadt zogen und sich später auf dem Domplatz mit den Maidanhundertschaften aus Kiew und örtlichen Anhängern des Rechten Sektors vereinigten. Insgesamt etwa 2,5 Tausend aufgeputschte, auf Krawall gebürstete, überwiegend jugendliche Anhänger des sogenannten „Euromaidan“. 

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“ 

Die Nationalisten zogen am Nachmittag durch die Innenstadt und lieferten sich dort stundenlang Straßenschlachten mit den zahlenmäßig weit unterlegenen Selbstverteidigungskräften des „Antimaidan“. Die örtlichen Polizeikräfte versuchten zunächst die verfeindeten Lager zu trennen, waren dabei aber völlig überfordert, auch angesichts der äußersten Brutalität der Auseinandersetzung. Man ging mit Schlagstöcken, Steinen und Molotowcocktails aufeinander los. Die Lage eskalierte als Schüsse fielen und Tote auf beiden Seiten zu beklagen waren. Augenzeugen berichteten, dass von zwei Standorten aus, genauso wie auf dem Maidan, auf beide Seiten der Kontrahenten geschossen worden sei.

Die harten Auseinandersetzungen in der Innenstadt endeten, als die Selbstverteidigungskäfte des Kulikowfeldes, nachdem sie sich, von allen Seiten umzingelt, im Einkaufszentrum „Athena“ in der Fußgängerzone verbarrikadiert hatten, schließlich von Polizeikräften am späten Nachmittag verhaftet und abtransportiert werden. Die Antifaschisten auf dem Kulikowfeld sind damit gänzlich ohne Schutz.

Nachdem das „Problem“ um das „Athena“ herum für die Nationalisten geklärt ist, machen sich ihre Marschsäulen auf den Weg zum Kulikowfeld hinter dem Hauptbahnhof.

Die Anhänger des „Antimaidan“ auf dem Platz vor dem Gewerkschaftshaus haben inzwischen erfahren, dass es in der Odessaer Innenstadt bereits Tote gegeben hat und beschließen alles schützenswerte, wie z.B. religiöse Ikonen aus dem Zeltlager ins dahinter liegende Gewerkschaftshaus zu evakuieren. Wegen der zahlenmäßigen Überlegenheit der im Anmarsch befindlichen, gewaltbereiten Nationalisten wird das Zeltlager schließlich geräumt und eine unbekannte Anzahl von „Antimaidan-Aktivisten“, darunter sehr viele Frauen, auch Jugendliche, Rentner und Kinder, Augenzeugen gehen davon aus, dass es zwischen 200 bis 400 Menschen gewesen sein müssen, suchen im Gewerkschaftshaus Schutz und errichten vor dem Haupteingang eine provisorische Barrikade. 

Kurz darauf stürmen über 2000 radikale Nationalisten und Hooligans den Platz, stecken die Zelte in Brand, zerstören die Bühne und alles was ihnen im Zeltlager in die Hände fällt. Unter den Angreifern befinden sich ähnliche Gruppierungen, wie die, die schon an den Mordbrennereien in Kiew, im Mariinskipark, auf der Landstraße bei Korsun und vielen anderen Verbrechen beteiligt gewesen sind. Es sind u.a. Angehörige der faschistischen Paramilitärs von „Trysup“ oder von „UNA-UNSO“, der Anfang der 90iger Jahre neu gegründeten Nachfolgeorganisationen der UPA/OUN des ukrainischen Faschistenführers Stepan Bandera und natürlich Hunderte Mitglieder und Sympathisanten des extremistischen „Rechten Sektors“.

Was sich im Umfeld und im Gewerkschaftshaus in den nächsten Stunden abspielt ist grauenhaft und durch unzählige Videos, Fotos und Zeugenberichte sehr umfangreich dokumentiert. 

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Während vom Dach des Gebäudes durch unbekannte Personen Molotowcocktails auf das Zeltlager geworfen werden, greifen die Nationalisten das Gebäude ebenfalls mit bereits in der Innenstadt vorbereiteten Brandflaschen an, die sie durch die Fenster der Büros, des Treppenhauses und auf den Haupteingang werfen. Überlebende Augenzeugen aus dem Gewerkschaftshaus berichteten später darüber, dass auch Gasflaschen in das Gebäude geworfen worden sein sollen, die Übelkeit, Erbrechen und Ohnmacht verursacht haben.

Gleichzeitig dringen Extremisten über Seiten- und Hintereingänge in das Gebäude ein. Es spielen sich furchtbare Szenen ab. Türen von Büros werden aufgebrochen, darin geflüchtete Menschen erschlagen, erdrosselt, erschossen. Vielen werden die Hosen heruntergezogen, damit sie nicht flüchten können und werden anschließend mit Schlagstöcken malträtiert, Arme und Beine gebrochen und aus den Fenstern geworfen. Darunter zahlreiche bekannte Aktivisten des „Antimaidan“ wie der Odessaer Abgeordnete Wjatscheslaw Markin oder der 18jährige Psychologiestudent Wadik Papura. 

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Markin hatte seine zahlreichen Knochenbrüche und den Fenstersturz zunächst überlebt, starb dann aber einen Tag später im Krankenhaus. Wadik soll nach Zeugenaussagen schon im Gebäude zu Tode geprügelt worden sein, bevor er aus dem Fenster geworfen wurde. Unzähligen anderen erging es ähnlich. 

Als das Treppenhaus in Flammen stand, versuchten einige ihr Leben zu retten, indem sie an der Rückseite des Gebäudes aus den Treppenhausfenstern sprangen. Mit gebrochenen Beinen auf dem Boden liegend, wurde ihnen von dem stadtbekannten Faschisten Wsewolod Gontscharewski mit einem Knüppel die Schädel eingeschlagen. Dazu gibt es Videoaufnahmen.

Während all das passierte, standen nur 200 Meter entfernt mehrere Polizeieinheiten lange Zeit in Bereitschaft, ohne einzugreifen. Angeblich wurde ihnen dazu kein Befehl erteilt. Auch Krankenwagen und Feuerwehr ließen sich ewig nicht sehen, obwohl die ebenfalls nur wenige hundert Meter entfernt liegende Feuerwache zahlreiche Anrufe erhielt. Die ersten Anrufe wurden noch entgegengenommen und die Leute vertröstet, schließlich wurde nicht einmal mehr der Hörer abgenommen.

Diejenigen, die innerhalb des Gebäudes versuchten, das massiv um sich greifende Feuer zu löschen mussten feststellen, dass „ganz zufällig“ im gesamten Gebäude das Wasser abgestellt und alle Feuerlöschschläuche zerschnitten worden waren.

Nachdem endlich die Feuerwehr eingetroffen war und die schlimmsten Feuerherde gelöscht wurden, machten sich die Nationalisten im Gebäude daran die Leichen der getöteten Antifaschisten nach Telefonen, Notizheften, Ausweisen und Kontaktlisten zu durchsuchen. Erst nachdem sie mit ihrer „Arbeit“ fertig waren und das Gebäude verließen, betraten die ersten Polizisten den Tatort ohne sich mit solchen Nebensächlichkeiten wie Tatort- oder Spurensicherung aufzuhalten.

Die Überlebenden des Brand- und Mordanschlages waren da aber noch nicht in Sicherheit. Wer es geschafft hatte sich aus dem Gebäude zu retten, musste sich vor den Schlägertrupps der nationalistischen Extremisten, die sich rings um das Gebäude postiert hatten retten, was vielen nicht gelang. 

Schließlich bildete die Polizei einen Korridor an der Rückseite des Gebäudes, durch den die, meist schwer verletzten Überlebenden geleitet wurden, aber nicht in Sicherheit und Freiheit, sondern in Polizeifahrzeuge mit denen sie abtransportiert und in örtliche Gefängnisse gebracht wurden.

Standbild aus dem Film „Leben und Sterben im Donbass“

Vor dem Gebäude gab ein vermummter Extremistenführer ein Interview, in dem er stolz berichtete, dass man heute die Ukraine gerettet hätte, in dem man die „Kartoffelkäfer“ verbrannt hätte. Die ukrainischen Faschisten bezeichneten die Anhänger der „Antimaidanbewegung“ als „Kartoffelkäfer“, weil sie als Kennzeichen orange-schwarz-gestreifte Georgsbänder trugen.  

Die Verhaftung der Überlebenden aus dem Gewerkschaftshaus löste große Proteste in Odessa aus. Am 04. Mai zogen mehrere hundert Angehörige und Sympathisanten zu einem Polizeigefängnis in der Innenstadt und befreiten zahlreiche Verhaftete. Weshalb sie im deutschen Staatsfernsehen als „pro-russischer Mob“ diffamiert wurden.

Andere Gefangene hatten nicht so viel Glück, sie blieben weiter in Haft.  

Eine Woche später, am 09. Mai 2014 führte das berüchtigte Asow-Bataillon eine Strafaktion in Mariupol durch und tötete dabei über hundert Menschen. Von diesem Verbrechen wird ein anderes Mal an dieser Stelle noch die Rede sein.   

Das Massaker von Odessa und die Kommandoaktion von Mariupol hatten weitreichende Auswirkungen. Die „Antimaidanbewegung“ im Süden und Osten der Ukraine verabschiedete sich danach von dem Ziel der Schaffung einer föderalen Ukraine. Die überwiegende Mehrheit der russischen Bevölkerung wollte nicht mehr unter der Herrschaft ukrainischer Faschisten in einem gemeinsamen Staat leben. Nach der Durchführung von Referenden gründeten sich die Volksrepubliken Lugansk und Donezk. In Charkow scheiterte ein ähnliches Vorhaben.    

Der Fall Odessa war damit allerdings noch nicht beendet.

Im September 2015 wurde vor einem Odessaer Bezirksgericht eine öffentliche Verhandlung anberaumt, in der die Richter die Freilassung der Verhafteten verkünden wollten, weil es dem Gericht in anderthalb Jahren nicht gelungen war, den Opfern die eigene Schuld an dem Massaker des 2. Mai nachzuweisen. 

Zu der Verhandlung erschienen vermummte in Tarnflecken gekleidete Angehörige des „Rechten Sektors“ setzten sich über die gesamte Länge des Richtertisches direkt gegenüber den Richtern hin und schoben ihnen vorbereitete Zettel zu, auf denen sie unterschreiben sollten, dass sie von ihren Richterposten zurücktreten.

Die Verhandlung wurde abgebrochen, die unschuldig verhafteten blieben weiter in Haft.

Bis heute besteht der ukrainische Staat darauf, dass weniger als 50 Menschen im Gewerkschaftshaus ums Leben gekommen sind. Wären es mehr als fünfzig, könnte es eine internationale Untersuchung wegen Massenmord geben.

Allerdings sind seit dem 02. Mai 2014 über 200 Angehörige des Odessaer „Antimaidan“ verschwunden und haben sich nie wieder bei Angehörigen, Freunden, Bekannten gemeldet. 

Von denen, die an den Ermordungen beteiligt waren, wurde bis heute niemand vor Gericht gestellt oder sonst wie zur Verantwortung gezogen. 

Warum Politik und Massenmedien, die in altgroßdeutscher „Nibelungentreue“ zu dem Kiewer Nationalistenregime stehen, es mit rückhaltlosem Wohlwollen, Geld und Waffen versorgen, gleichzeitig zu diesem und allen anderen monströsen Verbrechen der ukrainischen Faschisten bis heute verbissen schweigen, darüber kann sich jeder Leser selbst Gedanken machen.

Ein Nachtrag: Authentische Informationen über den 02. Mai 2014 gibt es jede Menge. Jeder kann sich darüber informieren. Allerdings geben Google, Wikipedia, deutsche und englische Suchbegriffe nicht viel her. Wer wirklich etwas erfahren will, sollte in der russischen Suchmaschine Yandex oder bei youtube mit kyrillischen Buchstaben „Odessa 02. Mai 2014“ eingeben und wird sofort fündig werden. Z.B.:

Oдесса 2 мая 2014 года (Yandex)

https://yandex.ru/search/?text=одесса+2+мая+2014+года&lr=115440&src=suggest_T

Oдесса 2 мая 2014 года (youtube)

https://www.youtube.com/results?search_query=Oдесса+2+мая+2014+года+

Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge „Der Tag an dem der Krieg in der Ukraine begann“

https://berlin247.net/read/1713452432/1770

und „Was deutsche Massenmedien über die Maidanrevolte und deren Folgen bis heute verschweigen“

https://berlin247.net/read/1705755600/911

https://www.youtube.com/watch?v=H1Fd-znQwTY&t=9s

https://www.youtube.com/watch?v=56bfHtbMC9w

https://www.youtube.com/watch?v=qK-wJU1yGDk&rco=1

Disclaimer: Berlin 24/ 7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7  widerspiegeln.

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