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Eine russische „Dampfwalze“ im Donbass?

In der Diskussion mit Judge Andrew Napolitano auf seinem YouTube-Kanal „Judging Freedom“ wurde ich gebeten, den Stand der Kämpfe vor Ort in Kursk und im Donbass zu kommentieren.

Ein Beitrag von Gilbert Doctorow.

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Ich habe dies getan und dabei klargestellt, dass die Russen nun die verbleibenden Nachzügler unter den ukrainischen und NATO-Streitkräften dort aufreiben. Die Hauptstreitmacht der Ukrainer wurde getötet, und deshalb ist die tägliche Zahl der von den Russen getöteten Ukrainer von 400 pro Tag auf nur noch 100 gesunken.

Die Russen beziffern die Zahl der getöteten und verstümmelten Ukrainischen Nationalisten in Kursk auf 21.000 und behaupten, in Kursk 136 Panzer sowie andere mechanisierte Einheiten und Artillerie zerstört zu haben. Die Grenze zur Ukraine in der Provinz Kursk ist weitgehend abgeriegelt, sodass keine Verstärkung oder Unterstützung die relativ wenigen verbliebenen Soldaten erreichen kann.

Die Russen behaupten, viele der Weiler in Kursk zurückerobert zu haben, die zu Beginn des Einfalls/der Invasion von den Kiewer Truppen überrannt wurden. Sudscha, die einzige größere Stadt auf russischem Gebiet, die von Kiew gehalten wird, ist vor allem als Standort der Messstation für die Gaspipelines bekannt, die von Russland über die Ukraine nach Europa verlaufen. Sudscha wird nun von den Russen angegriffen und wird sicherlich bald zurückerobert werden.

Was den Donbass betrifft, so rücken die Russen Tag für Tag entlang der gesamten Front vor und nehmen dabei weitere Siedlungen ein. Ich glaube, dass sie im letzten Monat etwa 500 Quadratkilometer des von der Ukraine gehaltenen Donbass erobert haben, darunter die strategisch wichtige befestigte Stadt Uhledar, die ein logistischer Knotenpunkt für die Versorgung der ukrainischen Truppen an der Front ist. Das noch größere Logistikzentrum Pokrowsk ist jetzt in Reichweite und wird sicherlich in den nächsten Wochen von den Russen eingenommen werden, wodurch ihnen das weitgehend unbefestigte Land im Westen bis zum Dnjepr offensteht.

Mit all diesen Berichten habe ich kaum mehr gesagt, als das, was Sie sonst von fast allen meinen Kollegen in den alternativen Medien oder sogar in Mainstream-Medien wie den Internetplattformen der Times of Indiaoder des indischen Senders WION hören oder lesen können.

Jetzt möchte ich Ihnen etwas präsentieren, was niemand über die russische „Dampfwalze“ zu sagen scheint, was aber frei verfügbare Informationen sind, wenn Sie sich die Mühe machen, jeden Tag die Hauptnachrichtensendungen des russischen Staatsfernsehens oder die renommierteste politische Talkshow, Das grosse Spiel, moderiert von Vyacheslav Nikonov, zu sehen. Was Sie dort sehen, sind die Interviews der Kriegsberichterstatter mit russischen Soldaten im Einsatz. Diese Reporter berichten jeden Tag über das gesamte Gebiet entlang der Front. Von ihren Interviewpartnern erfahren Sie, dass die Kämpfe heftig sind, während die russische Armee von Siedlung zu Siedlung vorrückt. Sie stürmen sie nach massiven Artillerie- und Bombenangriffen. Dann dringen sie ein und räumen ukrainische Minen und lauernde Scharfschützen aus dem Weg. Trotz der vorbereitenden zerstörerischen Offensivarbeit berichten die Soldaten, dass die Kämpfe in einigen Siedlungen heftig sind und Straße für Straße und Haus für Haus weitergehen.

Die Korrespondenten in ihren Fahrzeugen halten ihrerseits ständig Ausschau nach Angriffsdrohnen, die von den Ukrainern geschickt werden. Die russische Artillerie und die Schnellfeuer-Raketenwerfer werden ständig bewegt, um dem Gegenfeuer der Ukrainer zu entgehen.

Kurz gesagt: Dies ist keine Dampfwalze, auf der die Cheerleader der alternativen Medien gerne mitfahren würden. Die Russen rücken nicht in Paradeuniformen, sondern in schwer gepanzerten Kampfanzügen und mit größter Vorsicht vor.

Ebenso ist es wichtig, ein Wort darüber zu verlieren, was das russische Fernsehen in den „zurückeroberten“ Kursk-Siedlungen zeigt. Sie wurden durch Artilleriefeuer und schwere russische Gleitbomben weitgehend zerstört. Was ich zu Beginn der ukrainischen Invasion sagte, als Russland die vollständige Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem von Kiewer Truppen besetzten Gebiet anordnete, hat sich als wahr erwiesen. Sie wurden evakuiert, weil die russische Armee das gesamte Gebiet zur Schießzone erklärt hatte, um sicherzustellen, dass die Invasoren keine Möglichkeit haben, sich in Häusern oder anderen Infrastrukturen zu verteidigen, wie sie es systematisch in den Städten im Donbass tun, die die Russen jetzt stürmen. Das Ziel in Kursk war eindeutig, die Verluste an Menschenleben unter den Russen bei der Rückeroberung auf ein Minimum zu reduzieren.

Ich habe gelegentlich deutlich gemacht, dass das offizielle russische Fernsehen meine Hauptinformationsquelle ist, und dafür entschuldige ich mich nicht, wie aus dem oben Gesagten klar hervorgehen sollte. Ganz im Gegenteil… Ich frage mich, warum meine Kollegen nicht dieselben offenen Quellen konsultieren.

Der Artikel erschien erstmals auf der Website von Gilbert Doctorow.

Dr. Gilbert Doctorow, Jahrgang 1945, ist politischer Analyst mit Sitz in Brüssel. Gilbert Doctorow ist seit 1965 professioneller Beobachter der Sowjetunion/ Russischen Föderation. Er ist Absolvent des Harvard College (1967) mit magna cum laude, ehemaliger Fulbright-Stipendiat und Inhaber eines Doktortitels mit Auszeichnung in Geschichte von der Columbia University (1975). Nach Abschluss seines Studiums verfolgte Gilbert Doctorow eine Geschäftskarriere mit Schwerpunkt UdSSR und Osteuropa. 25 Jahre arbeitete er für US-amerikanische und europäische multinationale Unternehmen im Marketing und im General Management mit regionaler Verantwortung. Von 1998 bis 2002 war Doctorow Vorsitzender des Russischen Booker-Literaturpreises in Moskau. Im akademischen Jahr 2010–2011 war er Gastwissenschaftler am Harriman Institute der Columbia University. Seit 2008 veröffentlicht Herr Doctorow regelmäßig analytische Artikel über internationale Angelegenheiten auf verschiedenen Websites, zuletzt auf www.gilbertdoctorow.substack.com Er hat Sammlungen von Essays als eigenständige Bücher sowie eine zweibändige Ausgabe seiner Tagebücher und Erinnerungen als Memoirs of Russianist veröffentlicht.

Disclaimer: Berlin 24/7 bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion Berlin 24/7 widerspiegeln. Wir bemühen uns, unterschiedliche Sichtweisen von verschiedenen Autoren - auch zu den gleichen oder ähnlichen Themen - abzubilden, um weitere Betrachtungsweisen darzustellen oder zu eröffnen.

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